Rassismus-Vorwurf gegen Bayern-Trainer:Viele Fragen sind noch offen

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Heimat der Talente des FC Bayern: Der "Campus". (Foto: Imago/Ulmer)

Der FC Bayern löst den Vertrag mit einem Jugendtrainer auf, der Spieler rassistisch beleidigt haben soll. Damit ist der Sachverhalt aber längst nicht abgeschlossen.

Von Sebastian Fischer

Während der FC Bayern in Lissabon am historischen Erfolg arbeitet, das Finalturnier der Champions League zu gewinnen, könnte die Gemütslage daheim kaum gegensätzlicher sein - jedenfalls im Nachwuchsleistungszentrum des Rekordmeisters, dem sogenannten Campus. Die "zugrundeliegenden Sachverhalte" des Eklats um Rassismusvorwürfe würden "weiter untersucht", so stand es in einer kurzen Mitteilung des Klubs am Montagabend. Diese Untersuchungen dürften umfangreich sein.

Im ersten Satz der nur drei Sätze langen Erklärung stand das, was schon seit Tagen erwartet worden war: Der FC Bayern und ein Jugendtrainer, namentlich nicht genannt, "haben ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufgelöst". Es handelt sich um den langjährigen Coach, gegen den nach einem Bericht des WDR-Magazins "Sport Inside" öffentlich Rassismusvorwürfe erhoben wurden. Chatprotokolle, deren Echtheit der SZ von mehreren Seiten bestätigt wurden, legen nahe, dass der Trainer unter anderem in der Diskussion um die Sichtung von Nachwuchsspielern massiv rassistische Ausdrücke verwendet haben soll.

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Der Klub will den Rassismus-Eklat in seiner Nachwuchsakademie aufklären, die Polizei ermittelt. Mehrere Seiten bestätigen derweil die Echtheit der belastenden Chat-Protokolle.

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Nach der Berichterstattung zum Thema hatte die Staatsschutzabteilung der Münchner Polizei Ermittlungen aufgenommen, und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte im TV-Sender Sky Ende vergangene Woche "zeitnah Konsequenzen" angekündigt. Doch die Trennung als erste kommunizierte Konsequenz beantwortet noch so gut wie keine Fragen zum Sachverhalt. Sie sei "das erste Ergebnis einer derzeit stattfindenden internen Untersuchung am Campus des FC Bayern München", teilt der Klub mit.

Die protokollierten Chats fanden im Jahr 2018 statt, in einer Whatsapp-Gruppe mit wechselnder Besetzung und Größe, in der sich Übungsleiter und Scouts austauschten. Zu den ungeklärten Fragen gehört, ob die Campus-Leitung oder gar die Vereinsführung über die massiv rassistischen und homophoben Bemerkungen informiert wurden. In den Chats, auf einem inzwischen gesperrten Twitter-Account veröffentlicht, ist nicht zu sehen, dass sich jemand an der Ausdrucksweise störte. Es heißt, der Sprachgebrauch des Trainers sei hinlänglich bekannt gewesen. Und lange vor der Veröffentlichung der Chats lagen dem Verein drei anonyme Beschwerdebriefe über den Trainer vor.

Dazu heißt es, der Verein sei von einer Art Privat-Fehde zwischen Spielern, deren Eltern und dem Jugendtrainer ausgegangen, die Eltern der damaligen Mannschaft seien befragt worden, ob man sich vom aktuellen Trainer gegängelt oder diskriminiert fühle. Alle hätten dies verneint. Doch auch die damalige Aufarbeitung ist umstritten. Wie sportschau.de berichtet, habe bei einer Befragung der Jugendlichen, die demnach Fragebögen zum Trainer ausfüllen sollten, besagter Trainer danebengestanden.

Wer wusste wann was? Wie hat der Verein gehandelt - oder hat er das erst auf öffentlichen Druck hin getan? Änderte der Trainer sein Verhalten bis zuletzt nicht? Die nächste Mitteilung zum Thema dürfte länger als drei Sätze sein.

© SZ vom 19.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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