FC Bayern Campus:Ein Leben für den Fußballtraum

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U15-Towart Tom Ritzy Hülsmann in seinem Zimmer im FC Bayern Campus. Im Sommer 2017 zog er aus Trier nach München. (Foto: Stefanie Preuin)

Die Jugendhäuser der Bundesliga-Klubs sollen nach der WM-Pleite des DFB neue Gewinner produzieren. Die Tage der Teenager sind eng getaktet. Ein Blick in den FC Bayern Campus.

Von Thomas Hummel

Tanja Wörle sagt: "Die Jungs finden von den Bedingungen her hier eine Ausnahmesituation vor, ein Fußballparadies. Das machen wir den Jungs immer wieder deutlich." Das Fußballparadies liegt demnach im Münchner Norden, an der Ingolstädter Straße, es heißt "FC Bayern Campus". Tanja Wörle, die früher selbst für den FC Bayern in der Frauen-Bundesliga gespielt hat, arbeitet hier als Pädagogin, sie kümmert sich zusammen mit ein paar Kollegen um inzwischen 40 jugendliche Fußballer, die hier wohnen. Und die einen großen Traum haben: einmal Profi werden, FC Bayern, Nationalmannschaft.

Wenn man den Campus abends besucht, sieht man ein paar Kilometer weiter die Arena des FC Bayern leuchten, den großen Sehnsuchtsort. Die Jugendlichen haben ihr ganzes Leben darauf eingestellt. Sie sind jetzt Nachwuchsleistungsfußballer.

Der Tag ist voll, um 21.30 Uhr ist Bettruhe

Der Alltag von zum Beispiel 13- oder 14-Jährigen beginnt morgens teilweise mit Training um 8.15 Uhr und endet mit dem Abendessen gegen 20 Uhr. Um 21.30 Uhr ist Bettruhe. Am Wochenende warten oft zwei Spiele. Die neue U15 (Spieler unter 15 Jahren) des FC Bayern trainiert die kompletten bayerischen Sommerferien durch.

Durch das historische Vorrunden-Aus bei der WM in Russland richtet sich der Blick des Fußballlandes wieder stärker auf die Jugendhäuser der Vereine. Sie sollen gefälligst neue Gewinner produzieren. So wie damals nach der Rumpel-Ära der Nationalmannschaft Anfang der Nuller-Jahre, als der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Klubs verpflichtete, sogenannte Nachwuchsleistungszentren zu bauen. Die Klubs stecken viel Geld in die Ausbildung. Die 36 Vereine der ersten und zweiten Bundesliga investierten in der Saison 2016/17 mehr als 163 Millionen Euro in den Nachwuchs; 2008 waren es bloß 70 Millionen gewesen. Sie tun das, weil sich die Finanzspirale im Fußball so schnell nach oben dreht, dass selbst hart gesottenen Managern schwindlig wird.

Beim DFB mahnen aber einige, dass es um die Qualität des deutschen Nachwuchses dennoch nicht gut bestellt ist. Zuletzt sagte Stefan Kuntz, der U21-Trainer des DFB: "Was ist bei den 15-, 16-, 17-, 18-Jährigen? Da sehen wir ein Vakuum, das wir verkleinern wollen, indem wir bei den 10-, 12-, 13-Jährigen anfangen." Dabei ist der Aufwand enorm. Die Toptalente werden schon in diesem Alter teilweise quer durch das Land geschickt, weil die Vereine sie sich frühzeitig sichern wollen. Der FC Bayern etwa holte in diesem Sommer für die U15 Spieler aus Köln, Hoffenheim und Stuttgart. Für die U14 aus Berlin, Bielefeld und Nürnberg.

Im Campus wird jedem Spieler ein Pädagoge zugeteilt, bei dem die Fäden zwischen Eltern, Trainer und Lehrer zusammenlaufen. "Für uns ist es wichtig, den Menschen zu sehen, nicht nur den Fußballer", sagt Tanja Wörle. Die Pädagogin berichtet, man wolle den Alltag der Jungen so normal wie möglich halten. Das sei aber schwer bei so wenig Freizeit. Selbstverantwortung sei ihrem Team wichtig, deshalb müssten die Spieler zum Beispiel ihre Klamotten selbst waschen. Ein Dutzend Lehrer geben Nachhilfe, in der Mensa kocht ein Team des Sternekochs Alfons Schuhbeck, sportlergerecht ohne Zucker und Sahne. Im Frühling machen Gärtner das Gelände mit Tulpen hübsch.

Das Leben der jungen Kicker besteht aus Training, Schule, Training, Essen und Schlafen. Was ist der Traum vom Profifußball wert, wenn er am Ende für viele nicht in Erfüllung geht? Nur die wenigsten kommen durch. Eine Verletzung kann alles stoppen oder die Auslese am Ende jeder Saison. Beim Übergang von der U14 zur U15 des FC Bayern trennte sich der Klub diesmal von zwei Spielern. Der eine ging rüber zum Nachbarn TSV 1860. Der andere wechselte zum 1. FC Kaiserslautern. Es muss ja weitergehen. Irgendwie.

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