Mag sein, dass es Zufall ist, aber dass FC-Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ausgerechnet vier Tage nach dem Klassiker gegen Borussia Dortmund einen handverlesenen Rest der Erstligisten zum Geldverteilungsgipfel an diesem Mittwoch nach Frankfurt/Main lädt, ist schon ein cleveres Timing. Bayern gegen Dortmund - das Spiel wird stets in rund 200 Länder übertragen, und das, obwohl der Sieger fast immer aus dem Süden kommt.
Der übrigen Bundesliga soll der Dauererfolg des Dauerduells der Bayern gegen Dortmund vor allem eines demonstrieren: Wir beide können ohne euch! Aber könnt ihr auch ohne uns? Geladen ist als einziger Zweitligist der Hamburger SV; nicht hinzugebeten sind die Erstligisten Mainz, Augsburg, Bielefeld, Stuttgart.
Situation im deutschen Fußball:Kritik an Rummenigges Krisentreffen
Vertreter zahlreicher Bundesligisten wollen am Mittwoch in Frankfurt die Lage der Fußballbranche besprechen - doch einige Erstligisten sind gar nicht eingeladen.
Dortmunds Klubchef Hans-Joachim Watzke, der andere Part des Duopols im deutschen Fußball, hat sich schon zu Beginn der Corona-Krise - mit all ihren Einnahmeverlusten - gehörig unbeliebt gemacht, weil er unverblümt darauf hingewiesen hatte, dass Solidarität im Profifußball Grenzen habe. "Am Ende sind wir alle Konkurrenten", hatte Watzke gesagt. Es könnten nicht die, die gut gewirtschaftet haben, für die Misswirtschaft anderer herangezogen werden. Gerade im Frühjahr, als die Nation geschockt war von den scharfen Restriktionen, hatte man sich vom BVB-Boss etwas mehr verbale Blümchentapete gewünscht.
Kein Wunder, dass die Kleineren etwas mehr Umverteilung wollen
Corona deckt schonungslos auf, wie sehr die meisten Bundesligisten und erst recht die Klubs der zweiten Liga von der Hand in den Mund leben. Watzke weist nicht zu Unrecht darauf hin, dass sich der BVB im eher strukturschwachen Dortmund alles selbst erarbeitet habe. Vor 15 Jahren war Dortmund fast pleite, danach machten sie beim BVB fast alles richtig. Die Münchner Erfolgsgeschichte dauert länger, sie hat mit dem überlegenen Wirtschaftsstandort und dem Stadtbild zu tun, aber auch mit einem zielstrebig erledigten Job. In reichen Städten wie Düsseldorf, Hamburg, Frankfurt oder Stuttgart ist Ähnliches nicht gelungen.
Dass diese beiden nun wenig Lust haben, solidarisch viel von ihrem wirtschaftlichen Vorsprung abzugeben, ist nachzuvollziehen. Andererseits: Man muss kein Sozialist sein, um im Sport Unterschiede abmildern zu wollen, damit der Wettbewerb spannender wird. In den US-Profiligen, von Basketball bis Football, wird finanziell heftig ausgeglichen, und beim guten alten Galopprennsport bekommen die erfolgreichsten Pferde Gewichte in den Sattel, damit sie es schwerer haben.
Die Bayern sammeln das meiste Sponsorengeld ein, sie verdienen Unsummen in der Champions League und in der Bundesliga fast zehnmal so viel wie die Teams im Tabellenkeller. Kein Wunder, dass die Kleineren etwas mehr Umverteilung wollen; etablierte Klubs wie Frankfurt, Bremen, Köln dringen auf höhere Anteile an den 1,1 Milliarden Euro aus dem nationalen Fernsehtopf pro Saison. Allzu viel haben sie nicht in der Hand: Die Bayern und Dortmund sind zur Teilnahme an einer europäischen Superliga eingeladen. Eine Drohkulisse. Ohne das Duo wäre die Bundesliga wohl nur noch eine zweite Liga.