FC Bayern:Mia san a Rätsel

FC Bayern: "Ich mag den Typ unheimlich gerne": Trainer Julian Nagelsmann über Leroy Sané.

"Ich mag den Typ unheimlich gerne": Trainer Julian Nagelsmann über Leroy Sané.

(Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/Imago)

Das 1:0 gegen Augsburg wird für die Bayern zu einer seltsamen Generalprobe. Die Gratwanderung zwischen Schonen und Einspielen gelingt nur ein bisschen - und hinterlässt einen genervt wirkenden Leroy Sané.

Von Andreas Liebmann

Der Vollstrecker nahte gemächlichen Schrittes, und er sah nicht so aus, als würde er sich noch aufhalten lassen. Am Spielfeldrand war Schiedsrichter Patrick Ittrich gerade mit der Sichtung des Videomaterials beschäftigt, noch hatte er keine Entscheidung getroffen, schon gar nicht war er dazu gekommen, Augsburgs tobenden Trainer Markus Weinzierl von der Unausweichlichkeit seines Urteils zu überzeugen. Robert Lewandowski aber schlenderte lässig zum Elfmeterpunkt. Er wusste, was kommen würde, es war sein eigener Kopfball gewesen, den Augsburgs Reece Oxford im Sprung versehentlich mit der Hand aufgehalten hatte. Und nun würde Lewandowski also diesen späten Treffer in der 82. Minute zum 1:0 (0:0)-Endstand erzielen - sein 23. Tor gegen den FC Augsburg - und damit einen Pflichtsieg sichern, von dem der FC Bayern später behaupten konnte, dass er einigermaßen verdient war - und bei dem die Münchner doch eine Menge Glück gehabt hatten.

Der FC Bayern war insgesamt eher gemächlichen Schrittes unterwegs gewesen in der ersten Halbzeit, das hatte weniger nach einem Warmspielen für das Rückspiel gegen den FC Villarreal ausgesehen als nach einer kollektiven Schonung für die entscheidende Partie am Dienstag (21 Uhr). Trainer Julian Nagelsmann verwies später darauf, dass dies eine Saisonphase sei, in der es nicht um Glamour gehe, sondern um gewonnene Spiele. "Wir werden auch am Dienstag kein Glamourspiel abliefern müssen", sagte er, sondern einfach mehr Tore schießen als der Gegner. Und doch blieb der Eindruck, dass dieses Ligaspiel, das sein Team gegen einen unbequemen Gegner dank einer Intensitätssteigerung nach der Pause und dank des Handelfmeters gerade noch gewonnen hatte, womöglich nicht nur Villarreals Trainer Unai Emery ein paar Rätsel aufgeben würde. Sondern vor allem Nagelsmann selbst.

Wieso mehrere Spieler in Formkrisen stecken, das kann auch Nagelsmann nicht erklären

Die Gratwanderung zwischen Belastungssteuerung und Einspielen für die Königsklasse war am Samstag dadurch erschwert worden, dass sich aus der Viererabwehrkette vor der Partie Lucas Hernandez (Oberschenkelprellung) und Niklas Süle (leichtes Fieber) abgemeldet hatten; Hernandez könnte bis Dienstag zurück sein, Süle fällt nach Kicker-Informationen aus. Links verteidigte Omar Richards eine knappe Stunde lang, dann sah sich Nagelsmann genötigt, mit dem bis dahin geschonten Alphonso Davies mehr Tempo und Qualität ins Spiel zu bringen. Und in der Innenverteidigung unterlief Tanguy Nianzou und Dayot Upamecano ein gemeinsamer Blackout, wie er in der Champions League tunlichst nicht passieren sollte: Nach Nianzous zu kurzem Rückpass war Upamecano zunächst mitgesprintet mit Augsburgs André Hahn, blieb dann plötzlich stehen, nahm doch wieder Fahrt auf und klärte in letzter Sekunde. So weit, so vertraut.

Wieso in der aktuellen Phase allerdings gleich mehrere seiner Spieler in Formkrisen stecken oder "nicht den Peak erreichen", wie Nagelsmann das nannte, das könne er auch nicht leicht erklären. Das betrifft vor allem seine Flügelspieler. Serge Gnabry musste zur Pause für Jamal Musiala Platz machen, mit dem mehr Schwung ins Spiel der Bayern kam, und nach gut einer Stunde (und früher als geplant) ersetzte dann auch Kingsley Coman den besonders in der ersten Hälfte schwachen Leroy Sané. Sané deutete sofort Richtung Spielertunnel, reichte dem Trainer dann doch eher lieblos die Hand - und entschwand. "Der Sabi und der King", also Coman und der für Goretzka eingewechselte Marcel Sabitzer (57.), hätten sie dann gerettet bei dieser seltsamen Generalprobe, lobte Nagelsmann.

In der anschließenden Pressekonferenz sagte der Trainer dann ein paar interessante Sätze darüber, was nun zu tun sei. Die Spieler starkzureden, sei ihm "zu plump", befand Nagelsmann. Sie wüssten doch alle, dass sie "überragend gut" seien, deshalb spielten sie ja beim FC Bayern. Dieser Satz war doch lustig, gerade in Bezug auf Sabitzer, eines der Rätsel im Kader. Denn der war in Leipzig immer ein Anführer, er ist es in der österreichischen Nationalmannschaft - nur in München gelang es ihm bisher kaum, das schwere Trikot auch nur über Rasenhöhe zu wuchten. Weshalb sein Trainer nun die Gelegenheit nutzte, den 28-Jährigen, nun ja: ein bisschen starkzureden. "Endlich" habe er diese Galligkeit gezeigt, die man aus Leipzig kannte, notfalls - wie gegen Niklas Dorsch - auch mal durch einen Gegner durchzumarschieren, lobte Nagelsmann, und gleichzeitig, wie bei einem Pass auf Coman, die "feine Klinge" eingesetzt. Kurzum: "Herausragend."

Haltung und Emotionalität: Diese Begriffe betont der Trainer mehrmals

Sabitzer hat er also vielleicht gerade rechtzeitig auf Kurs gebracht, andere nicht. Es gehe darum, "jeden Spieler auf seine maximal komfortable Position zu setzen", führte Nagelsmann noch aus; es ging auch noch um "eine gewisse Einfachheit einer Idee" und die Gewissheit, dass mancher Fehler vielleicht sogar egal sei, solange die Haltung passe, ihn wieder ausmerzen zu wollen. Bis vor geraumer Zeit wähnte man Sanés maximal komfortable Position im halblinken Mittelfeld, zurzeit spielt er rechts. Seinen eher widerwilligen Handshake hakte Nagelsmann ab, er vermute einfach, dass sein Dribbler "stocksauer auf sich" gewesen sei, dann müsse man es auch akzeptieren, dass er niemanden mehr sehen und von niemandem mehr gesehen werden wolle.

"Ich mag den Typ Leroy Sané unglaublich gerne", führte Nagelsmann aus, auch wenn man seine Ausstrahlung nicht immer richtig deuten könne. "Extrem lässig, witzig, lebensfroh" sei er, aber "natürlich keiner, der aus der Kabine raussprintet, erst mal den Rasen umpflügt und sagt: Gib mir den Ball, jetzt geht's los."

Haltung und Emotionalität. Diese Schlüsselbegriffe wiederholte Nagelsmann noch mehrmals, auch im Hinblick auf das Rückspiel gegen Villarreal. Erst danach kämen Taktik, Technik, Tagesform. All das stand merklich im Kontrast zur ersten Halbzeit gegen Augsburg, die taktisch okay gewesen sei, aber ohne Tempo und Intensität. Ihm sei bewusst, dass bis Dienstag viel zu tun bleibe.

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