Bayern-Dominanz in der Bundesliga:Trainer, traut euch was!

Bundesliga - Bayern Munich v Werder Bremen

Kein Platz, keine Tore: Bremen stellte Robert Lewandowski (Mitte) konsequent zu.

(Foto: LUKAS BARTH / POOL/Pool via REUTERS)

Vielleicht war die Chance selten so hoch, den hochbelasteten Bayern das Leben als normaler Bundesligist schwer zu machen. Bremen zeigt, dass eine Fahrt nach München kein "Bonusspiel" sein muss.

Kommentar von Christof Kneer

Was macht eigentlich Armin Veh? Schaut er sich jeden Tag den Kader an, den er dem 1.FC Köln hinterlassen hat? Ärgert er sich darüber, dass er überall so viele junge Trainer sieht und nur noch wenige von denen, die "schon so lange dabei sind", wie er immer stolz über sich sagte? Oder sitzt er daheim in der Nähe von Augsburg rum und hofft, dass ihn vielleicht der DFB anruft und zum neuen Bundestrainer macht? Man weiß es nicht genau.

Veh ist seit November 2019 raus aus dem Geschäft, aber manchmal muss man noch an ihn denken, an diesem Bundesliga-Spieltag zum Beispiel, an dem wieder einer dieser jungen Trainer auffiel; es war der Trainer, den Veh mal "Kohlfeldt" nannte. Dieser Koh(l)feldt hat am Wochenende ganz nebenbei noch einen Rekord eingestellt, einen Rekord, über den der Offensivliebhaber Veh selbstverständlich nur empört den Kopf schütteln würde: Zum fünften Mal in Serie spielte Kohfeldts Werder Bremen 1:1, so was gab es zuletzt in der Saison 1980/81. Damals schaffte das Bayer Leverkusen.

Kohfeldt gilt übrigens auch als Anhänger des offensiven Spiels, er ist grundsätzlich nicht stolz auf fünf Unentschieden - das bisher letzte in dieser Serie dürfte ihn dennoch mit einigem Vergnügen erfüllen, denn es war ein 1:1 beim FC Bayern. Und hätten die Bayern nicht diesen Manuel Neuer im Tor gehabt, dessen abartige Glanztaten allmählich nicht mehr regelkonform sind, dann hätten Kohfeldts Bremer ihre Unentschieden-Serie vielleicht sogar gestoppt. Dann hätten sie vielleicht - Achtung - in München gewonnen.

Dem Gedanken, ein Bayern-Spiel abzuschenken, sollte man widerstehen

Kohfeldt gehört schon auch zu den Trainern, die manchmal über taktischen Formationen brüten, als sei ein Bundesligaspiel eine Habilitationsschrift. Die Idee, die er für den Auftritt in München entwickelt hatte, war indes so handelsüblich, dass sie vor Wochen sogar schon der Kollege Bruno Labbadia hatte, und der gehört ja eher zu den Coaches, die in Vehs Sinne schon lange dabei sind. Die vordergründige Idee ist eine taktische - kompakt stehen, Zentrum verdichten, blitzartig kontern - aber die Idee hinter der Idee lautet: Wir trauen uns was. Ja, auch in München. Warum denn nicht?

Bayern-Dominanz in der Bundesliga: Florian Kohfeldt und Marco Bode beschweren sich während der Partie in München beim vierten Offiziellen.

Florian Kohfeldt und Marco Bode beschweren sich während der Partie in München beim vierten Offiziellen.

(Foto: LUKAS BARTH/AFP)

Als Armin Veh Trainer in Frankfurt war, hat er bei einem Auswärtsspiel in München mal absichtlich den Führungsspieler Sebastian Rode zu Hause gelassen, mit folgender Begründung: Das wird ja eh nix in München, das verlieren wir doch eh, da schone ich den Rode lieber für die nächste Woche, der hat ja eh schon vier gelbe Karten. Tatsächlich mag das für ein paar Sekunden ein verführerischer Gedanke für einen Trainer sein (verlier ich lieber mit Topspieler 0:3 oder ohne Topspieler 0:4?), aber es ist eine Verführung, der man tapfer widerstehen sollte. Niemand sollte sich über diese böse bayerische Überlegenheit beschweren, wenn er es nicht wenigstens versucht hat - so wie Werder Bremen an diesem Wochenende oder wie Labbadias Berliner, die den FC Bayern neulich trotz einer 3:4-Niederlage in einen wilden Schlagabtausch verwickelten.

Gerade jetzt, da die hochbelasteten Bayern mitunter nicht anders können, als müde zu wirken: Gerade jetzt ist die Liga in der Pflicht, es wenigstens zu versuchen. Bayerns Trainer Hansi Flick muss zurzeit mehr rotieren, als ihm lieb ist, und das Loch, das nach Joshua Kimmichs Verletzung im Zentrum klafft, lässt sich mit keiner Rotation der Welt wirklich schließen - so darf die Liga sich nun aufgerufen fühlen, sich die Bremer mal kurz zum Vorbild zu nehmen und das Spiel in München nicht automatisch als "Bonusspiel" zu betrachten, das man ja sowieso verliert.

Klar: Die Wahrscheinlichkeit, gegen die Bayern zu verlieren, ist weiterhin hoch. Aber im (Teil-)Erfolgsfall winkt immerhin eine üppige Belohnung: Vielleicht gibt's dann ein Lob vom Fernsehexperten Armin Veh.

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