Süddeutsche Zeitung

Jérôme Boateng beim FC Bayern:"Ich wusste nichts davon"

Der FC Bayern will den auslaufenden Vertrag mit Jérôme Boateng angeblich nicht verlängern. Der Verteidiger betont seine Verwunderung über die Pläne.

Von Sebastian Fischer

Ein wenig muss es sich für die in der Länderspielpause in München gebliebenen Fußballer des FC Bayern wie ein Dé­jà-vu anfühlen, nur diesmal vielleicht doch etwas dramatischer. Der Klub werde den im Sommer 2021 auslaufenden Vertrag mit Jérôme Boateng nicht verlängern, das meldete am Donnerstag die Bild-Zeitung - womit ein Gesprächsthema wiederkehrte, das es zuletzt sehr verlässlich jedes Jahr gab. 2018 scheiterte ein Wechsel des Verteidigers und früheren Nationalspielers zu Paris Saint-Germain kurz vor Ende der Sommer-Transferperiode, 2019 wurde zu einem ähnlichen Zeitpunkt dann doch nichts aus seinem Abschied zu Juventus Turin.

Ein Unterschied ist diesmal, dass Boateng, anders als in den Vorjahren, eine sehr wichtige Rolle in der Mannschaft einnimmt. Unter Trainer Hansi Flick spielt er im mehr oder weniger regelmäßigen Wechsel mit Nationalspieler Niklas Süle in der Viererkette neben David Alaba. Ein weiterer, möglicherweise entscheidender Unterschied könnte sein, dass diesmal der Verein den Entschluss getroffen zu haben scheint. "Auf mich ist keiner zugekommen, mit mir hat keiner gesprochen, ich wusste nichts davon, ich war überrascht", sagt Boateng der SZ - was natürlich nicht unbedingt gleichbedeutend sein muss damit, dass auch sein Management vom angeblich länger feststehenden Entschluss des Klubs überrascht war. Boateng sagt auch: "Ich spüre Wertschätzung vom Trainer und in der Mannschaft, den Rest wird man sehen."

Boateng, 32, spielt seine zehnte Saison beim FC Bayern, und eigentlich war es die erste seit zwei Jahren, die er nicht mit dem Wunsch begann, lieber woanders zu sein. Er gehört zu den Spielern, deren Form und Fitness sich unter Flick am eindrucksvollsten gebessert haben. Nachdem Boateng zuletzt beim 6:2 in der Champions League in Salzburg das 3:2 erzielt hatte, sagte Flick: "Es hat was zu tun mit dem Training und seiner professionellen Einstellung. Wir sind alle froh, dass er die letzten Monate an sich gearbeitet hat und richtig viel aufgeholt hat." Boateng hatte angedeutet, sich eine Vertragsverlängerung vorstellen zu können.

Dayot Upamecano zum FC Bayern? Das ist ein wiederkehrendes Gerücht

Nun äußert sich der Verein bislang nicht zur Sache, es ist aber kein großes Geheimnis, dass Boatengs Verhältnis zur Klubführung nicht das einfachste ist, spätestens seit Karl-Heinz Rummenigge ihm 2016 empfahl, "ein bisschen back-to-earth" zu kommen. Auch was Flick angeht, braucht es nicht viel Fantasie, um sich seine Reaktion vorzustellen.

Er sei "alles andere als glücklich", sich mit diesem Thema befassen zu müssen, sagte der Trainer in der ersten Novemberwoche, als es um das vom FC Bayern öffentlich zurückgezogene Vertragsangebot für Alaba ging. Und als es bereits im vergangenen Winter unverbindliche Gespräche über einen dritten Anlauf zu einem Transfer Boatengs gab, war es auch Flick, der Boateng halten wollte. Nun sind es aber gleich beide Innenverteidiger aus der Startelf im Champions-League-Finale, deren Abschied im kommenden Sommer im Raum steht.

Damals, beim Turnier in Lissabon, machte auch ein anderer Verteidiger, Dayot Upamecano von RB Leipzig, von sich reden. Dass der FC Bayern überlegen könnte, ihn im nächsten Sommer als den womöglich benötigten neuen Abwehrspieler nach München zu holen, ist auch ein verlässlich wiederkehrendes Gerücht. Den Franzosen dürfte das eher nicht überraschen.

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SZ vom 14.11.2020/tbr
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