FC Bayern:Hummels oder Boateng? Einer verliert

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Kämpfen um den zweiten Platz in der Innenverteidigung: Jérôme Boateng (links) und Mats Hummels.

(Foto: Frank Hoermann/imago)
  • Niklas Süle ist Stammspieler in der Innenverteidigung des FC Bayern. Darauf hat sich Trainer Niko Kovac festgelegt.
  • Nun kämpfen Mats Hummels und Jérôme Boateng um den freien Platz neben ihm.
  • Der Verlierer des Duells, so heißt es, muss den Klub im Sommer verlassen.

Von Benedikt Warmbrunn

Niko Kovac atmet ein, er bläst die Backen auf, es geht wieder einmal um jedes Wort. Etwas länger als ein halbes Jahr ist er nun Trainer des FC Bayern, und in diesen Monaten hat er gelernt, dass jedes Wort einen seiner Profis verärgern kann. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel hat Kovac gelernt, dass es reicht, wenn er sagt: "das kleine bisschen".

Am Freitagmittag erzählt Kovac, dass ein Spieler erkältet sei; dass "die Blutwerte nicht so" waren, dass dieser trainieren konnte. Der Spieler "kriegt alles an Medikamenten, was er an Medikamenten kriegen muss, damit er wieder auf dem Dampfer ist", wobei Kovac bewusst offenlässt, ob bei ihm ein Spieler, der auf dem Dampfer ist, in der Startelf steht oder auf der Bank sitzt. Sollte der Erkältete am Sonntag gesund sein, sagt Kovac, "dann nehmen wir ihn mit", ins Heimspiel (15.30 Uhr) gegen den VfB Stuttgart. Dann sagt der Trainer: "Wir gehen kein Risiko ein." Kovac bläst die Luft aus seinem Mund raus.

Jérôme Boateng, der Spieler, der am Freitag erkältet das Training verpasst, wird am Sonntag also allenfalls mitgenommen werden, er wird eher nicht in der Startelf stehen. Eine Perspektive, die Kovac am Freitag gerade einmal ein paar einleitende Worte wert ist. Dabei handelt sich bei dieser Personalie um den größten und mutigsten Akt der Selbstbestimmung des Trainers in seinen Monaten in München.

In der Innenverteidigung des FC Bayern spielte in den vergangenen Jahren mal der junge, noch unversehrte Holger Badstuber, mal der fröhliche Dante, manchmal auch Daniel van Buyten, auch wenn sie sich im Verein bei Letzterem inzwischen nicht mehr genau daran erinnern, warum eigentlich. In den vergangenen Jahren war aber immer ein Platz in der Innenverteidigung für Boateng reserviert, er gewann mit dem Klub alles, was es zu gewinnen gibt, Champions League, Weltpokal, sechsmal die Meisterschaft. Manchmal nannten sie ihn einfach nur: Boss.

In den zwei Jahren bevor Kovac nach München kam, spielte Boateng meist neben Mats Hummels, sie bildeten die Weltmeister-Abwehr, gerade zu Beginn ihrer gemeinsamen Zeit beim FC Bayern galten sie an manchen Tagen als die beste Innenverteidigung Europas. Die beiden ergänzten sich wunderbar, und so störte es auch fast nicht, dass sie menschlich so wenig miteinander anfangen können. Boateng stört gelegentlich, dass Hummels so professoral redet, und Hummels stört gelegentlich, dass Boateng Professorenbrillen entwirft und andere Lifestyle-Hobbys hat, die wenig mit den klassischen Aufgaben eines Innenverteidigers zu tun haben.

Dann kam Kovac nach München, und er sagte: Boateng und Hummels sind gut, aber Niklas Süle ist genauso gut und obendrein sieben Jahre jünger. Am Freitag vor einer Woche, vor dem Rückrundenauftakt gegen Hoffenheim, ging Kovac sogar einen Schritt weiter. Er sagte: "Nik ist Stammspieler vor den anderen beiden. Die anderen matchen sich einen aus."

Wenige Worte nur, und schon hieß es nicht mehr: Boateng mit Hummels. Sondern: Boateng gegen Hummels. Dann fügte Kovac hinzu, Hummels sei in der Vorbereitung "das kleine bisschen besser" gewesen. Der Boss war nur noch der Dritte.

Noch vor einem halben Jahr hatte Kovac die Hierarchie in der Innenverteidigung komplett anders gesehen. Seit seiner Ankunft in München häuften sich auffällig die Berichte, dass Hummels zu langsam sei, obwohl dieser noch nie der Schnellste war; im Mai, im Pokalfinale, hatte der damalige Frankfurt-Trainer Kovac diese fehlende Schnelligkeit genutzt für den Pokalsieg seiner Eintracht. Boateng dagegen lobte der Trainer, kaum war er in München, auffällig häufig. Dieser hoffte damals auf einen Wechsel nach Paris; Kovac war der Einzige im Verein, der um ihn kämpfte. Er rief ihn im Urlaub an, er sprach in den ersten Wochen oft mit ihm. Obwohl Boateng gedanklich schon in Paris war, gelang es Kovac, ihn geistig zurückzuholen; so sehr hatte sich Boateng mit einem Wechsel beschäftigt, dass er als Kovac' erster Zugang gelten durfte. Auch als Boateng in der Hinrunde mehrmals patzte, hielt der Trainer treu zu ihm.

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