FC Bayern besiegt Real Madrid:Stolz und Staksel von Mario Gomez

Der FC Bayern gewinnt das Hinspiel im Champions-League-Halbfinale durch ein spätes Tor des Stürmers mit 2:1. Danach ist den Münchnern der Stolz anzumerken, das große Real Madrid weitgehend dominiert zu haben. Nur ein "Ei, das dann auch noch reingeht", trübt den gelungenen Abend.

Thomas Hummel

Als erstes kam eine Art College Boy der achtziger Jahre aus der Kabine von Real Madrid: Blaue Trainingsjacke, Joggingschuhe, weiße Socken über die Trainingshose gestülpt, das Gesicht unter einer Baseball-Kappe verborgen. Cristiano Ronaldo wurde aber doch erkannt, bevor er das Innere der Münchner Arena verließ. Er wurde zwei, drei Mal gebeten, fürs Familienalbum zu posieren, auch Journalisten zückten ihre Smartphones. Der Angreifer von Real Madrid stellte sich dafür galant zur Verfügung.

Als er hinausging kreischten noch ein paar Fans, dann verschwand der teuerste Fußballspieler der Welt im Mannschaftsbus. Kommentieren wollte er weder das Spiel noch seine eigene Leistung - auch nicht den Umstand, dass aus der Real-Kabine vor der Partie drei Paar seiner Fußballschuhe (neben drei weiteren Paaren und ein paar Trikots) geklaut wurden. Cristiano Ronaldo, so schien es, wollte schnell weg. Der Abend war wirklich nicht nach seinem Geschmack verlaufen, dieser Ort hatte es nicht gut gemeint mit ihm.

Das lag vermutlich weniger an den vermeintlichen Schuhdieben, sondern vor allem an den Münchner Balldieben, die sich ihm 90 Minuten lang unerbittlich in den Weg gestellt hatten. Die Spieler des FC Bayern hatten Ronaldo und all die anderen Profis von Real Madrid über weite Strecken des Hinspiels im Champions-League-Halbfinale wirkungsvoll bekämpft, hatten die bessere Mannschaft gestellt. Und durch ein Tor von Mario Gomez in letzter Minute mit 2:1 gewonnen.

Verteidiger Holger Badstuber fasste die Stimmung in der Münchner Kabine zusammen: "Wir sind sehr zufrieden, wir haben ein gutes Spiel gezeigt und absolut verdient gewonnen." Den Münchnern war durchaus Stolz anzumerken, in diesen 90 Minuten das große Real Madrid dominiert zu haben. Es war ja nicht so gut gelaufen zuletzt mit dem Verlust der Deutschen Meisterschaft an Borussia Dortmund, da hätte eine Pleite im Heimspiel gegen Madrid schon die ganze Saison kaputt machen können.

Entsprechend nervös hatten die Bayern begonnen, waren dann glücklich in Führung gegangen, weil Luiz Gustavo beim Schuss von Franck Ribéry klar im Abseits gestanden war (17.). Sie hatten ein "doofes Gegentor" (Badstuber) zum 1:1 (53.) bekommen, als sie bei einem Konter den Überblick verloren. Dennoch hatten sie sich danach zu einer Energieleistung aufgerafft, hatten den Gegner immer weiter nach hinten gedrängt, bis ganz zum Schluss der Siegtreffer gelang.

Trainer Jupp Heynckes berichtete, er habe seine Mannschaft aufgefordert, "Leidenschaft, Gier, Hunger" zu zeigen, "in diesen Spielen muss man alles geben". Und seine Mannschaft gab dann tatsächlich alles. "Man hat gesehen, dass wir gebissen haben und was reißen wollten", bestätigte Thomas Müller. Das Beißen und Reißen ging mitunter zu Lasten der Struktur und der Klarheit. Die entscheidenden taktischen Anweisungen setzten die Bayern aber um.

Schmerzhaftes Gegentor

Da war zum einen die gemeinschaftliche Abwehrleistung. Während bei Real häufig drei, vier Spieler vorne stehen blieben, rackerten bei den Münchnern zumeist alle nach hinten. So kamen die Spanier nur zu sehr wenigen Torchancen. Auf der anderen Seite nutzten die Bayern-Spieler die bisweilen nachlässige Defensivarbeit einiger Real-Stürmer zu giftigen Vorstößen, vor allem die beiden Außenverteidiger David Alaba und Philipp Lahm kamen in der zweiten Halbzeit immer besser nach vorne.

FC Bayern Muenchen - Real Madrid

Traf zum 2:1: Mario Gomez.

(Foto: dapd)

Álvaro Arbeloa und Fabio Coentrao auf den Außen bei Madrid litten mächtig unter den ständigen Angriffen über ihre Seiten. "Es ist schön, dass wir nun zwei kreative und offensive Außenverteidiger haben", lobte Trainer Heynckes. Es war wenig verwunderlich, dass Lahm gegen Coentrao in der Schlussminute das entscheidende Dribbling setzte, seine Hereingabe stocherte Gomez ins Netz.

Der Torschütze schilderte später: "Philipp hat sich super durchgesetzt auf rechts. Ich hab dann versucht, das zu tun, was ein Stürmer da tun muss: Durchlaufen und meinen Staksel reinhalten, das hab ich getan und hatte das Glück in dieser Situation. Ich war sehr, sehr glücklich."

Allein das Gegentor schmerzte. Badstuber berichtete: "Wir hatten einen Standard vorne, dann haben die gut gekontert. Wir hatten eine Fehlerkette von vorne bis hinten. Dann trifft er den Ball nicht gescheit. Doch es kommt noch so ein Ei und das geht dann auch noch rein."

Übersetzt hieß das: Nach einer eigenen Ecke verlor Bastian Schweinsteiger am gegnerischen Strafraum den Ball, und ehe sich die Bayern richtig umsahen, stand Cristiano Ronaldo schon alleine vor dem Tor. Als der Portugiese fast kläglich vergab, schienen die Bayern vor Erleichterung das Verteidigen endgültig einzustellen. Real setzte nach und nach mehreren Pässen im Strafraum vollendete Mesut Özil. "So ist das halt im Halbfinale. Da gibt es keine Gurken mehr", kommentierte Müller die Offensivstärke des Gegners.

Für das Rückspiel erwarten die Münchner nun "ein heißes Spiel" (Torwart Manuel Neuer), "einen heißen Tanz" (Badstuber) und das Stadion Santiago Bernabéu, wo "ein anderer Wind weht" (Müller). Doch erstmal genossen sie die kühle Luft im Stadtteil Fröttmaning, wo sie dem teuersten Fußballer der Welt und seinen Mitspielern einen sehr unangenehmen Abend bereitet hatten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: