FC Bayern:16 Gesunde haben sie noch

  • Der FC Bayern hat vor dem Champions-League-Spiel in Lissabon bereits eine nicht zu unterschätzende Liste an Verletzten: Kingsley Coman, Corentin Tolisso und Rafinha fallen aus.
  • Im Verein beschäftigt alle die Frage, ob die eigenen Spieler genug geschützt werden - oder ob sie Opfer einer verstärkt körperlichen Spielweise der Gegner sind.
  • Ob der Kader zu klein ist? Er finde das "lustig", sagt Trainer Kovac, weil er wenige Wochen zuvor noch gefragt worden war, ob der Kader zu groß sei.

Von Benedikt Warmbrunn, Lissabon

Sicheren Schrittes kamen sie an, einer nach dem anderen. Mats Hummels lief schwungvoll, auch in der Ausgeh-Uniform des Vereins aus dunklem Anzug und dunkler Krawatte sah er blendend aus wie immer. Arjen Robben ging schnurgerade, fokussiert, zielstrebig, sein Rollkoffer hielt gerade so mit. Auch Franck Ribéry war dabei auf der ersten Reise der neuen Champions-League-Saison des FC Bayern, und irgendwann kam auch Leon Goretzka.

Die Abreise der Bayern am Münchner Flughafen vor einer Auswärtspartie ist oft eine routinierte Angelegenheit. Kopfhörer über den Ohren, freundliches, nichtssagendes Lächeln auf den Lippen, Check-in, Abflug, die Spieler kennen jeden Schritt auswendig. Am Dienstagmorgen aber war es kein routiniertes Treffen im Terminal 2, sie freuten sich aufrichtig über jeden, der kam, und dann auch noch sicheren Schrittes. Über Ribéry, der im Training am Montag noch wegen einer Magenverstimmung gefehlt hatte. Über Robben, der im Leistungszentrum individuell gearbeitet hatte, sicher ist sicher. Über Goretzka, der wegen Hüftbeschwerden am Samstag beim 3:1 gegen Leverkusen gefehlt hatte - und der am Montag auch noch das Training hatte abbrechen müssen; das Vereinsgelände verließ er da noch mit bandagiertem Fuß.

Vier Spiele Sperre für Bellarabi - Rudi Völler dankt Uli Hoeneß

Sie alle machten sich bereit für die Sondermaschine LH 2570. Stichproben ergaben, dass der natürlich ebenfalls blendend aussehende Niko Kovac im ersten Champions-League-Spiel seiner Trainerkarriere bei Benfica Lissabon (Mittwoch, 21 Uhr, Sky) auf mindestens elf Spieler zurückgreifen kann. Das hätte eigentlich die etwas aufgeregten Gemüter beruhigen können.

Dann aber kam noch Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef.

Dass dieses Boarding kein normales werden würde, hatte sich nach dem Sieg gegen Leverkusen abgezeichnet. Der FC Bayern ist nach drei Spieltagen Bundesliga-Erster, er hat aber auch bereits eine nicht zu unterschätzende Liste an Verletzten. Kingsley Coman fehlt seit dem ersten Spieltag, seit einer groben Grätsche des Hoffenheimers Nico Schulz. Gegen Leverkusen verletzten sich auch noch Corentin Tolisso und Rafinha - Tolisso wird nach schwerer Kniebeschädigung erst nächstes Jahr zurückkehren, auch Außenverteidiger Rafinha fällt nach einem Innenbandriss am linken Sprunggelenk lange aus. Daher beschäftigt alle im Verein aktuell die Frage, ob die eigenen Spieler genug geschützt werden - oder ob sie Opfer einer verstärkt körperlichen Spielweise der Gegner sind. Selbst der besonnene Kovac sagte: "So langsam reicht es mir." Er habe "langsam das Gefühl, dass wir Freiwild sind".

Präsident Uli Hoeneß hatte über Karim Bellarabi, der Rafinha ruppig attackiert hatte, geschimpft: "Geisteskrank! Das war vorsätzliche Körperverletzung!" Bellarabi gehöre "drei Monate gesperrt wegen Dummheit". Gesperrt wurde Bellarabi dann für vier Spiele, ein Strafmaß, das Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler für eine weitere Anmerkung nutzte - für eine ironische: "Uli Hoeneß hat uns mit seinen Aussagen sogar einen Gefallen getan", sagte er der Bild-Zeitung in Anspielung auf den zusätzlichen öffentlichen Druck für die DFB-Richter, "dadurch wurden es nur vier statt fünf Spiele."

Von Rummenigge war bislang noch keine Aussage zur Verletztenserie überliefert, im Terminal sagte er nun aber: "Das kann so nicht weitergehen, wir müssen die Spieler schützen. Sonst kriegen wir am zehnten Spieltag keine elf Spieler mehr zusammen." Dann stieg auch er in den Flieger.

Der Trainer selbst hatte am Dienstagabend wieder sein besonnenes Gemüt unter Kontrolle. Kovac sagte, dass er 16 gesunde Spieler habe, dass das ausreichend sei. Nur kurz verließ ihn die Besonnenheit, und zwar bei der Frage, ob der Kader zu klein sei. Er finde das "lustig", sagte der ganz und gar nicht belustigte Kovac, weil er wenige Wochen zuvor noch gefragt worden war, ob der Kader zu groß sei. Dann verließen Arturo Vidal, Sebastian Rudy und Juan Bernat den Klub. Sorgen mache er sich nicht, sagte Kovac: "Ich gehe davon aus, dass wir jetzt nicht so ein Pech haben werden und in jedem Spiel einen Spieler verlieren werden."

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