Süddeutsche Zeitung

FC Bayern strandet am Flughafen:Offenbar drei Minuten zu spät

Sieben Stunden sitzen die Spieler am BER fest. Der Flieger, der sie zur Klub-WM bringen soll, darf nicht abheben, weil die Bitte um Starterlaubnis um 0:03 Uhr eingegangen sein soll. Karl-Heinz Rummenigge fühlt sich "verarscht", die Vorbereitung sei massiv gestört.

Von Nico Fried, Berlin

Der FC Bayern ist entgegen der ursprünglichen Planung erst am frühen Samstagmorgen zur Klub-Weltmeisterschaft nach Katar abgeflogen. Flug QR 7402 der Fluglinie Qatar Airways erhielt am Freitagabend am Berliner Flughafen keine Starterlaubnis, wie der FC Bayern via Twitter mitteilte.

Der planmäßige Starttermin war für 23.15 Uhr vorgesehen. Nach SZ-Informationen war die Maschine gegen 23:30 Uhr abgefertigt, musste allerdings noch enteist werden. Dieser Vorgang, bei dem die Tragflächen und das Leitwerk mit einer Art Frostschutzmittel abgesprüht werden, zog sich hin. Gegen Mitternacht stand die Maschine dann auf der Startbahn, erhielt aber von der Flugsicherung keine Starterlaubnis mehr. Am neuen Flughafen BER gilt seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nach 24 Uhr ein striktes Flugverbot.

In einem Statement des zuständigen Ministeriums für Infrastruktur und Landesplanung heißt es, dass auch in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen Startfreigaben unterblieben waren, "so auch gestern beim Flug QR7402, mit dem der Fußballclub FC Bayern nach Doha reisen wollte."

Die Betriebsgenehmigung des Flughafens beinhalte klare Bestimmungen, die "höchstrichterlich bestätigt" seien. Die Kernnacht von 00:00 Uhr bis 05:00 sei eine Phase "höchster Sensibilität und ist demnach bis auf wenige begründete Einzellagen (Notfälle, Postflüge, Regierungsflüge) von Flugverkehr freigehalten."

Die Bitte um Startfreigabe für den Bayern-Flug erfolgte laut der Mitteilung um 0:03 Uhr.

Die anschließenden Verhandlungen zwischen dem Cockpit und dem Flughafen dauerten fast eine Stunde, ehe die Maschine zurück an den sogenannten Finger des Gates fuhr. Das Ministerium sprach in seinem Statement von einem "in der Nacht gestellte(n) Antrag auf Ausnahmegenehmigung". Die konnte aber nicht erteilt werden, da solche nur "in begründeten Einzelfällen" erteilt werden, "insbesondere dann, wenn ein erhebliches öffentliches Interesse gegeben ist, welches die Durchführung eines Fluges notwendig macht oder der Flug für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist", heißt es in der Mitteilung.

Alle Passagiere verbrachten die Nacht an Bord der Maschine. Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sagte der Bild-Zeitung: "Wir fühlen uns von den zuständigen Stellen bei der brandenburgischen Politik total verarscht. Die Verantwortlichen wissen gar nicht, was sie unserer Mannschaft damit angetan haben."

Die Bayern hatten am Freitagabend im Berliner Olympiastadion im Bundesliga-Spiel gegen Hertha BSC mit 1:0 gewonnen. Die Partie war kurzfristig um eine halbe Stunde von 20.30 Uhr auf 20 Uhr vorverlegt werden, um eine rechtzeitige Ankunft am Flughafen BER zu gewährleisten. Nach dem Schlusspfiff um 21.55 Uhr hatten sich die Spieler in den Kabinen für die Reise umgezogen und vorbereitet.

Auch die Pressekonferenz von Trainer Hansi Flick wurde im Eiltempo durchgezogen. Nach einem kurzen Statement beantwortete Flick noch drei Fragen, der ganze Auftritt dauerte nur rund vier Minuten. "Es wird ein schöner Flug. So haben wir uns das vorgestellt", sagte Flick noch nach dem fünften Sieg der Bayern in Folge.

Gegen 22 Uhr 20 fuhren die beiden Vereinsbusse mit Mannschaft und Betreuern vom Gelände des Olympiastadions, das im Nordwesten Berlins steht. Anders als der inzwischen geschlossene Flughafen Tegel, zu dem es vom Stadion aus nur wenige Minuten gewesen wären, liegt der BER in Schönefeld, südostlich von Berlin. Die Fahrzeit beträgt mindestens 45 Minuten. Wegen starken Schneefalls waren zudem die Straßenverhältnisse in Berlin am Freitagabend beeinträchtigt. Um 22:39 Uhr passierten die Busse das Schöneberger Kreuz, die Ankunft am Flughafen dürfte gegen 23:00 Uhr erfolgt sein.

Sabine Deckwerth, Sprecherin des Flughafens BER, sagte der Bild, dass das Flugzeug um 23:59 Uhr "startbereit auf dem Rollfeld" gestanden habe. "Aus unserer Sicht sprach auch nichts dagegen, dass die Maschine wie geplant abhebt", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur - doch die Behörden machten nicht mit.

Mehrere Spieler posteten aus dem Mannschaftsbus Fotos in den sozialen Medien, mit denen sie auf das bevorstehende Turnier in Katar hinwiesen. Am Montag trifft der FC Bayern dort im Halbfinale auf den ägyptischen Serienmeister und afrikanischen Champions League-Sieger SC Al Ahly.

Ein Foto zeigt auch die Anzeigetafel am Gate des Qatar-Airways-Fluges, allerdings ohne Hinweis auf eine etwaige Verspätung. Um 6:52 Uhr postete der Verein dann einen Tweet in dem es heißt: "Wegen verweigerter Starterlaubnis hebt der FC Bayern jetzt mit mehr als siebenstündiger Verspätung zur Fifa Klub-WM nach Doha ab."

Gegen 8 Uhr landete die Maschine dann zu einem Zwischenstopp in München, um die Besatzung, deren zulässige Dienstzeit abgelaufen war, auszuwechseln und von dort weiter nach Doha zu fliegen. Um 9.15 Uhr setzten die Bayern ihre Reise fort. Wegen der Verzögerung kommt die Mannschaft nun erst gegen 17 Uhr Ortszeit in Katar an. Dort wird sie nach dem Hygiene-Konzept der Fifa nach der Ankunft per Schnelltest auf Corona getestet. In dieser Zeit befindet sich die Mannschaft in Quarantäne. Ein ursprüngliches vorgesehenes erstes Training fällt damit aus.

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