FC Bayern bei der Klub-WM:Guardiolas neuer Ballbeschleuniger

Mit einem seriös erspielten 3:0 gegen Guangzhou Evergrande gelingt dem FC Bayern der Finaleinzug bei der Klub-WM in Marokko. Zum prägenden Akteur wird Thiago - den Trainer Pep Guardiola diesmal in neuer Rolle ausprobiert.

Von Jonas Beckenkamp, Agadir

Matthias Sammer gehört selten zu den Ulknudeln des Fußballbetriebs, und doch hatte der Chefmahner des FC Bayern die Lacher auf seiner Seite. Viel zu kritisieren gab es nicht an diesem Dienstagabend in Agadir, also flüchtete sich der Sportvorstand in Eskapismus. "Stellen Sie sich mal vor, wir hätten heute verloren", sagte Sammer: "Dann bereitest du dich hier vier Tage auf ein Spiel um Platz drei vor. Eine Katastrophe." Ein absurdes Stück Sport-Komödienstadl. Warum eigentlich nicht? Die vermeintlich beste Mannschaft des Planeten muss in Marokko beim Griff nach der Klub-Weltmeisterschaft um die goldene Dattel spielen.

Doch so weit kam es nicht. Natürlich nicht. Nicht bei diesen Bayern. Nicht in diesem Rekordjahr. Es wird Sammer gefallen haben, dass die Spieler des Triple-Siegers sich auch für diese Pflichteinheit gegen eine dramatisch unterlegene Elf aus China ausreichend motivieren konnten. 3:0 (1:0) lautete das Ergebnis im Duell mit Guangzhou Evergrande. Es hätte auch 5:0 ausgehen können oder 7:0. Irgendwie hoch zu Null, das ist der FC Bayern im Winter 2013.

Jetzt wissen das auch die Chinesen. "Ich glaube, Bayern München spielt alle Spiele mit dieser Überlegenheit. Gegen diese Übermacht sind wir nicht angekommen," erklärte Coach Marcello Lippi, der damit bewies, auf dem Laufenden zu sein. Tatsächlich sind die Münchner nicht zu stoppen, seit Monaten nicht, mal abgesehen vom ärgerlichen Auftritt in der Champions League gegen Manchester City. Wenn die Fußballgötter nicht plötzlich Schabernack treiben oder die Erde explodiert, wird sich daran auch kaum etwas ändern.

Guangzhou Evergrande's Zhang fights for the ball with Bayern Munich's Thiago during FIFA Club World Cup soccer match in Agadir

Prägender Münchner in Agadir: Thiago (links im Bild).

(Foto: REUTERS)

Im Halbfinale der Klub-WM zeigten die Bayern erneut eine auffallend seriöse Leistung. Mehr war auch nicht nötig, denn der Gegner, immerhin die beste Elf Asiens, "hätte in Deutschland wohl Probleme in der zweiten Liga", wie Toni Kroos feststellte.

So erzwangen die Männer von Trainer Pep Guardiola die Tore förmlich: Erst nutzte Franck Ribéry nach energischem Nachstochern von Thiago einen Lapsus des chinesischen Keepers (40. Minute), dann zischte auf erneute Vorarbeit des Spaniers plötzlich ein Flugkopfball von Mario Mandžukić ins Tor des Außenseiters (44.) - und schließlich traf Mario Götze hübsch oben links (47.). "Mit viel Ballbesitz haben wir das Spiel kontrolliert und viele Chancen kreiert", urteilte Guardiola zufrieden.

"Wir sind heute gut durchgekommen, waren spielbestimmend und haben Lösungen gefunden gegen einen sehr defensiven Gegner", sagte auch Kroos, der diesmal weit hinten agierte. Thiago interpretierte seine Position als Zehner bemerkenswert filigran. So weit vorne waren seine Fähigkeiten bisher selten zu bewundern. Guardiolas Wunschspieler ("Thiago oder nix") scheint nach seiner Verletzung fast bei Bestform angekommen - und das nutzt den Bayern: Sein Gespür, das Spiel im richtigen Moment anzutreiben, kommt in offensiver Rolle noch besser zur Geltung.

Thiago, der Spielmacher

Ist Thiago also der wahre Spielmacher dieser an Künstlerköpfen nicht armen Elf? Vielleicht, aber so forsch würde der junge 25-Millionen-Mann das nie formulieren. "Wir sind sehr zufrieden, dass es heute so gut geklappt hat. Ich habe meinen Beitrag geleistet - da ist es egal, auf welcher Position," erklärte er chinesischen Reportern, die ihn auf Spanisch befragten.

Guardiola hatte die Mannschaft wieder einmal passend eingestellt. Man habe das Spiel "monopolisiert", so nannte es der Katalane selbst. Die alte Weisheit: Wer den Ball hat, drängt dem Gegner sein Spiel auf. Und nicht umgekehrt.

Für seinen Matchplan, gegen arg zerstörerische Chinesen Druck zu machen, brauchte Guardiola einen weiteren ballsicheren Beschleuniger. Und genau den fand er in Thiago, indem er ihn als leitenden Angestellten hinter der Spitze einsetzte. Nicht zuletzt durch diesen Kniff war es am Ende das erwartbare Kinderspiel für die Münchner - schon erstaunlich, was für Möglichkeiten noch im vorhandenen Personal stecken.

Vielleicht gibt es die nächste Vorführung aus der Taktikschule schon am kommenden Samstag, wenn die Bayern-Walze zum letzten Mal in diesem Jahr losrattert. Im Finale der Klub-WM darf sich der Sieger des zweiten Halbfinals zwischen Raja Casablanca und Atlético Mineiro schon jetzt etwas einfallen lassen.

Dass die Bayern erst nach dem Finale gedenken, in den Weihnachtsmodus zu schalten, bestätigte zum Schluss Franck Ribéry höchstpersönlich: "Noch ein Spiel", rief der Monsieur. Auch Matthias Sammer wird das gerne gehört haben.

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