FC Bayern Basketballer:Leere im Trentino

Basketball Bonn 27 07 2015 Deutsche Nationalmannschaft Herren Team Eurobasket 2015 Heiko Schaffartzi

"Wenn jemand anrufen will, soll er anrufen. Wenn er nicht anruft, ist das auch okay": Heiko Schaffartzik über seine Vereinssuche.

(Foto: imago/Camera 4)

Basketball-Nationalspieler Heiko Schaffartzik schlägt das Angebot des FC Bayern aus, weil ihm eine Nebenrolle zu wenig war. Der Klub sucht nun einen Flügelspieler.

Von Matthias Schmid

Heiter bis wolkig, 26 Grad, Wind aus südwestlicher Richtung. Die Vorhersagen für Riva del Garda kündigen einen Sonntag von angenehmer Schönheit an und laden die Touristen dazu ein, an der Seepromenade zu flanieren und Latte Macchiato zu trinken. Auch aus der nördlichsten Stadt Italiens, aus Monaco di Bavaria, wird wieder ein Bus im Trentino ankommen. Aber den Reiseleiter wird das Wetter und die reizvolle Landschaft weniger beschäftigten als sein dienstliches Pensum. Er ist zum Arbeiten an den Gardasee gekommen, ihm ist wichtig, dass in der Turnhalle alle legalen Foltergeräte vorhanden sind, um seine Leute zum Schwitzen zu bringen.

Mit dem fünftägigen Trainingslager in Norditalien starten die Basketballer des FC Bayern offiziell in die Vorbereitung auf die neue Spielzeit, ihr Trainer Svetislav Pesic kann da keine Rücksicht auf die Idylle nehmen. Draußen dürften seine Spieler höchstens mal mit dem Mountainbike die umliegenden Hausberge Monte Brione und Monte Rocchetta erkunden.

Ein Spieler, der gar nicht zum Reisetross gehört, war vor der Abreise das große Thema beim FC Bayern. Heiko Schaffartzik, 31, hatte bekanntgegeben, dass er den Klub, mit dem er 2014 die Meisterschaft gewann nach zwei Spielzeiten wieder verlassen wird. "Ich kann seine Entscheidung verstehen", sagt Marko Pesic. Den FC-Bayern-Sportdirektor, seinen ehemaligen Berater, hatte der gebürtige Berliner vor ein paar Tagen angerufen, um ihm mitzuteilen, dass er dessen Angebot auf eine Vertragsverlängerung nicht annehmen werde. Die Gründe für seinen Abschied erläuterte Schaffartzik nun in Hamburg, wo er sich gerade mit der Nationalmannschaft auf die bevorstehende Europameisterschaft in Berlin und Lille (5. bis 20. September) vorbereitet. "Es war so ein bisschen die sportliche Situation, die Rolle, die mir zugedacht war", sagte Schaffartzik. Verbittert klang er nicht.

Nur noch ein Stand-by-Profi wäre Schaffartzik gewesen, wie einst Steffen Hamann

Er hatte genügend Zeit erhalten, um sich Gedanken um seine Zukunft zu machen. "Einem so verdienten Spieler wie Heiko es ist, kann man nicht die Pistole auf die Brust setzen", begründet Pesic, warum der Verein dem Spielmacher kein Ultimatum auferlegte, sich doch bitteschön rasch entscheiden zu müssen. Gleichzeitig hatten sie ihm aber auch ehrlich geschildert, dass er in der neuen Runde mehr auf der Bank sitzen werde, als ihm lieb sein dürfte. Hinter dem prominenten Zugang von Alba Berlin, Alex Renfroe, dem begabten Vasilije Micic und auch noch hinter Anton Gavel sollte Schaffartzik nur eine Nebenrolle auf der anspruchsvollen Position des Spielmachers spielen, Trainer Pesic schätzt alle drei in der von ihm so geliebten Verteidigungsarbeit stärker ein.

Nur noch ein Stand-by-Profi wäre Schaffartzik gewesen, eine unaufgeregte Tätigkeit, die in der Meistersaison Steffen Hamann inne hatte und sie auch mit Hingabe erfüllte. Doch als gut bezahlter Frührentner fühlt sich der Kapitän der Nationalmannschaft noch lange nicht. "Vielleicht würde ich mich in der Rolle in vier oder fünf Jahre sehen", sagt Schaffartzik. Er will spielen - und das Spiel mit seiner archaischer Art aus wilden Würfen und irrwitzigen Zuspielen weiter prägen. Die EM tut sich da nun als perfekte Plattform auf, um auf sich aufmerksam zu machen. Er würde gerne ins Ausland wechseln, wo er schon mal in der Türkei spielte, wenn auch nur ein halbes Jahr lang. "Ich bin total entspannt, wenn jemand anrufen will, soll er anrufen. Wenn er nicht anruft, ist das auch okay", sagt Schaffartzik.

Die Münchner gehen betont gelassen mit der Personalie um. Sie hätten ihn gerne weiter als renitentes Überraschungsmoment im Kader gesehen, "eine zugedachte Rolle kann sich ja auch während der Saison noch ändern", sagt Marko Pesic. Er und sein Vater werden nun am Gardasee die Übungseinheiten jedes einzelnen Spieler beobachten, sie analysieren und die Ergebnisse ins große Ganze einfließen lassen. Doch schon jetzt steht fest, dass die Bayern noch einen ausländischen Spieler dazuholen werden. "Das ist klar", sagt Marko Pesic. Überraschend ist das nicht, überraschend ist aber, dass sie keinen Spieler auf den kleinen Positionen suchen, keinen Nachfolger also für Schaffartzik. Sie fahnden eher nach einem Flügelspieler. Das sagt viel aus über den schleichenden Hierarchieverlust, mit welchem der Nationalspieler sich in der neuen Spielzeit hätte abfinden müssen.

Er werde jetzt den Markt sondieren, kündigt Pesic an, die EM verfolgen; die Preise für Spieler, die München auch in der Euroleague weiterhelfen, sind im Moment noch astronomisch hoch. Doch die Bayern haben keine Eile, die Saison beginnt erst Anfang Oktober. "Bis dahin passiert noch sehr viel", sagt Pesic. Er freut sich jetzt auf den Gardasee, auf das erste Testspiel am Donnerstag gegen Trentino.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: