FC Bayern-Basketballer:Aufpassen auf die Achillesferse

19.11.2019, Euroleague, FC Bayern Basketball vs Olypmpiakos Pireaus, Basketball, im Bild: Greg Monroe ( FC Bayern Basket; Basketball - FC Bayern - Greg Monroe Paul Zipser

Zwei Säulen der Münchner Offensive: Paul Zipser (vorne am Ball) ragt bei den Werfern klar heraus, und gegen Greg Monroe (hinten) findet kaum ein Bundesligateam ein Mittel.

(Foto: imago images/Philippe Ruiz)

Das Selbstverständnis ist angekratzt, weil es international nicht läuft. Gegen Belgrad soll das Jahrzehnt beginnen, in dem sich die Münchner in Europa etablieren.

Von Felix Haselsteiner

Vladimir Lucic fühlte sich in seiner neuen Rolle etwas unwohl. "Ich habe mich ein bisschen wie ein Verräter gefühlt da draußen", sagte der Serbe nach dem Sieg gegen Bamberg, bei dem er in gewisser Weise als Sprachrohr seiner Mannschaft fungiert hatte: Lucic trug, wie sein Bamberger Gegenspieler Elias Harris, ein im Trikot integriertes Mikrofon mit sich - eine neue Idee der Basketball-Bundesliga. Man erfuhr tatsächlich einiges von den beiden Forwards während der Partie, etwa, dass Harris auch im Spiel Zeit für nette Unterhaltungen hat: "Wir beide in dem Alter noch hier. Gute Zeiten sind das", sagte er lachend zu Bayern-Routinier Alex King. Lucic hingegen war nicht wirklich zu Scherzen aufgelegt, er diskutierte mit dem Schiedsrichter, feuerte seine Mannschaft lautstark an und keuchte immer wieder. Die Partie sah nicht nur anstrengend aus, sie war hörbar kräfteraubend in einer Saisonphase, in der sich die Basketballer des FC Bayern ohnehin recht schwertun.

Die Ligaergebnisse stimmen weiterhin, mit dem 82:76-Auswärtssieg bleiben die Münchner ungeschlagen. Die deutliche 73:98-Heimniederlage gegen das Euroleague-Schlusslicht Zalgiris Kaunas am 27. Dezember aber war in einer bislang durchwachsenen internationalen Saison der vorläufige Tiefpunkt. Den Bayern hatte die Pleite in ihrem Selbstverständnis sichtbar zugesetzt und war selbst nach dem Sieg in Bamberg noch nicht verdaut: "Ich will auf jeden Fall noch einmal auf diese Niederlage zu sprechen kommen", sagte Lucic direkt nach Abpfiff: "Wir wollten hier unbedingt eine Reaktion zeigen, das war sehr wichtig." Trainer Dejan Radonjic betonte ebenfalls, wie wichtig das Spiel in Bamberg war, insbesondere die Verteidigung sei hinten raus "wieder auf der Höhe" gewesen. Er lobte die Bamberger, es sei "ein interessantes Spiel von beiden Mannschaften" gewesen. Auch Spielmacher Maodo Lo lobte die "talentierten" Franken: "Das Spiel war vielleicht nicht das schönste, aber wir haben es geschafft, diese schwere Partie für uns zu entscheiden."

Ein Grund dafür war auch die Offensive, wo ebenfalls eine klare Reaktion sichtbar war. Greg Monroe, der gegen Kaunas lediglich zwei Punkte erzielt und sein schwächstes Spiel für den FC Bayern abgeliefert hatte, machte in der ersten Hälfte 18 Punkte und war auch sonst in den meisten statistischen Belangen führend. In der Bundesliga findet kaum eine Mannschaft derzeit ein Mittel gegen den 2,11 großen Center, auch die Bamberger konnten der wuchtigen Spielweise unter dem Korb vor allem anfangs nichts entgegensetzen. In der Euroleague tat sich Monroe zuletzt hingegen schwer. Schaffte es eine Mannschaft, ihn aus dem Spiel zu nehmen, fehlte den Bayern automatisch ihr wichtigster Spieler - Monroe war damit sowohl gegen die Top-Mannschaften wie Barcelona als auch gegen die vermeintlich schwächeren wie Kaunas eine Art Achillesferse im Bayern-Spiel.

In der Euroleague sind die Bayern zwei Siege von einem Playoff-Platz entfernt - knapp hinter Belgrad

Gegen Bamberg war Monroe dann noch mehr gefordert als ohnehin schon. Nach 46 Sekunden verletzte sich Kapitän Danilo Barthel am Rücken, Leon Radosevic war mit Magenproblemen gleich zuhause geblieben und Matthias Lessort war früh mit Fouls belastet. Der Fokus lag damit automatisch auf Monroe - und den starken Werfern in der Münchner Mannschaft, von denen sich derzeit auch einer klar hervorhebt. Paul Zipser brauchte gegen Bamberg ein wenig, um reinzukommen, in der zweiten Halbzeit jedoch zeigte der Guard, dass er ein Mann für die wichtigen Momente ist: Als Bamberg nach 23 Minuten kurz die Führung erobert hatte, traf Zipser aus der Distanz und per Korbleger. Auch in der Euroleague war der gebürtige Heidelberger zuletzt bester Münchner gewesen, gemeinsam mit Lucic und Petteri Koponen steht er für genau die Qualität in der Breite, die die Münchner Basketballer auch im neuen Jahr brauchen werden, um in der Euroleague noch eine Rolle zu spielen.

Mit dem Auswärtsspiel bei Roter Stern Belgrad am Donnerstag (19 Uhr) beginnt für die Münchner das Jahrzehnt, in dem sie sich möglichst schnell in der europäischen Elite etablieren möchten. Zwei Siege ist der FC Bayern von einem Playoff-Platz entfernt, knapp hinter den Belgradern, die ihre Ausgangsposition zuletzt mit zwei Siegen gegen Olympiakos Piräus und bei Zenit St. Petersburg verbessern konnten. Vor allem Point Guard Lorenzo Brown, bester Werfer bei Belgrad und zuletzt mit beeindruckenden 34 Punkten gegen Olympiakos auffällig, dürfte im abschließenden Spiel der Euroleague-Hinrunde eine Herausforderung für die Defensive der Bayern werden. Dabei müssen die Münchner auf Barthel verzichten, der aufgrund einer Bandscheibenproblematik fehlen wird und frühestens am Sonntag gegen Vechta wieder in den Kader zurückkehrt. Wie schon gegen Bamberg liegt der Fokus damit also auf Monroe und den starken Werfern um Zipser, die dann auf europäischem Parkett eine Reaktion zeigen müssen.

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