Immerhin weiß man jetzt, dass Pablo Laso, der Trainer der Bayern-Basketballer, ein Weißbiertrinker ist. Um 22.32 Uhr schritt der Spanier am Samstagabend samt einer kleinen Flasche Weißbier-Zitrone, an der er vorher schon genippt hatte, durch die Tür ins Pressestüberl der Münchner Halle. 0,0 Prozent Alkohol stand auf dem Etikett, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt. Laso, 56, geboren in Vitoria-Gasteiz, rund 80 Kilometer nördlich der berühmten Rioja-Region, gilt zwar eher als Wein- denn als Biertrinker, aber auch für ihn geht es, seit er im Sommer ins eher kärglich ausgestattete Weinbaugebiet an der Isar gezogen ist, um Anpassung. Anpassen, klarkommen – das galt auch für seine Spieler.
„Es hat etwas gedauert, bis wir verstanden hatten, was nötig ist für dieses Spiel“, sagte Laso also nach dem 79:67 (46:43)-Erfolg im ersten Playoff-Finalduell mit Alba Berlin, das in der Falstaff-Skala für gute Weine wohl kaum ein Prädikat erzielt hätte. Aber, immerhin, lobte Laso: „In der zweiten Halbzeit war unsere Defense viel besser als in der ersten. Im letzten Viertel konnten wir unsere Verteidigung weiter steigern, das war wahrscheinlich der Schlüssel.“ Den Berlinern gelang zwischen Ende des dritten und des vierten Viertels das Kunststück, fast zehn Minuten lang keinen Korb zu erzielen und dabei ihre zuvor bei 100 Prozent liegende Freiwurfquote zu demolieren, was nicht nur Alba-Forward Justin Bean nachdenklich stimmte: „Am Ende haben uns die Bayern mit ihrer Energie überrollt und wir haben auf dem Feld zu wenig miteinander kommuniziert.“
Uli Hoeneß im Interview:"Das ging bumm-bumm-bumm"
Aktuelle Fußball-Weltmeister hat der FC Bayern keine mehr, dafür drei Basketball-Weltmeister: Ehrenpräsident Uli Hoeneß erklärt, was Deutschland von seinen Basketballern lernen kann. Er sagt, woran sich der Fußball ein Beispiel nehmen sollte - und welchen Bundestrainer-Typen er bevorzugt.
Alba-Trainer Israel González, ein Uhrenliebhaber aus Kantabrien, das im spanischen Weinbausegment eher eine Nebenrolle spielt, sprach später, als er neben Laso saß, davon, dass seine Spieler zum Ende „ein bisschen müde“ gewesen seien: „Die Playoffs sind immer ein Katz-und-Maus-Spiel“, und dieses Mal haben die Bayern, die man in diesem Finale durchaus als Katze bezeichnen darf, die Maus gefangen. Berlin ist schon deshalb Außenseiter, weil es eine Vielzahl an Verletzten zu beklagen hat. Kapitän Johannes Thiemann, der sich noch erfolgreich durchs Halbfinale gegen Chemnitz geschleppt hatte, fehlte Alba am Samstag wegen Beschwerden an der Patellasehne. Ob er am Montag im zweiten Aufeinandertreffen mit den Münchnern wieder bereitsteht, müsse man „von Tag zu Tag schauen“, sagte er selbst.
Trotz der Absenzen war Berlin in den drei ersten Vierteln phasenweise die bessere Mannschaft, hatte hervorragende Wurfquoten, kombinierte gefälliger als die oft ziemlich statisch spielenden Münchner. Doch Einzelaktionen vom starken Bayern-Kapitän und Topscorer (17 Punkte) Vladimir Lucic, von Andreas Obst, Devin Booker und Carsen Edwards ließen die Bayern immer wieder davonziehen. Neben diesem Quartett punktete auch Serge Ibaka zweistellig – eine solch breite Qualität hatte Berlin nicht auf dem Parkett. Eine weitere Statistik fiel ins Auge: 11:1 Steals für die Bayern, 20 Turnovers bei Berlin. Mit dieser Anzahl an Ballverlusten wird es Alba auch künftig in der Best-of-five-Serie kaum möglich sein, ein Spiel zu gewinnen. „Im letzten Viertel haben wir nichts mehr getroffen, Bälle weggeschmissen, viele dumme Fehler gemacht“, sagte Thiemann.
Die Bayern wollen sich nicht zur Zukunft Ibakas äußern – für sie kommt die Debatte zur Unzeit
Ibaka, der auch am Samstag wieder eine der Säulen der Bayern war, ging nach der Partie noch mit einer eindringlichen Forderung in den Kraftraum: „Wir brauchen in zwei Tagen die gleiche Mentalität.“ Allerdings betrafen ausgerechnet den langjährigen NBA-Spieler und -Sieger unangenehme Störgeräusche, die just am Sonntag die Finalserie erreichten – aus Münchner Sicht zur Unzeit. Und die auch noch von Real Madrid ausgingen.
Das ist jenes europäische Spitzenensemble, mit dem Laso zwischen 2011 und 2022 nationale und internationale Titel am Fließband feierte – und bei dem Ibaka 2011 während eines NBA-Lockdowns Unterschlupf fand. Wie Marca und andere spanische Medien berichten, verhandelt der Mann, der im Kongo geboren wurde, mit Real über einen Umzug zur kommenden Saison; laut des Fachportals Encestanco muss er nur noch den Vertrag unterschreiben. Die Bayern wollten sich auf SZ-Nachfrage nicht zu den Zukunftsplänen ihres Centerspielers äußern.
Aus gutem Grund. Denn eine Wechseldebatte um den Europameister von 2011 und Olympiazweiten von 2012 können die Münchner momentan in etwa so gut gebrauchen wie einen Korkschmecker. Sonderlich überraschend würden Angebote europäischer Topklubs – und Ibakas Wechsel – aber nicht kommen, denn der 2,10-Meter-Riese überzeugte in dieser Saison gerade in der Euroleague mit durchschnittlich 12,6 Punkten und 6,8 Rebounds. Und er hat den Anspruch, auch international um Titel mitzuspielen, was mit den Bayern bislang in der Euroleague nicht möglich war. Real und Ibaka, der Schritt erscheint logisch, zumal Madrids Center Vincent Poirier auf dem Sprung zu Efes Istanbul ist.
Ganz gewiss möchte Ibaka mit den Kollegen dem FC Bayern München zuvor den ersten Meistertitel seit 2019 schenken – samt Weißbier-Zitronen-Dusche.