FC Bayern Basketball:Knapp unter Augenhöhe

Irgendwo zwischen Spitze und Mittelfeld: Nach der Pleite der Bayern-Basketballer gegen Alba Berlin wissen die Münchner selbst nicht so recht, wo sie stehen. Für die besten Teams der BBL scheint es noch nicht zu reichen, weil Konstanz und Konsequenz fehlen - immerhin gibt es Klarheit in Sachen Dirk Nowitzki.

Jonas Beckenkamp

Heiko Schaffartzik musste schmunzeln, als er auf sein T-Shirt angesprochen wurde. Auf dem blauen Leibchen des Berliner Spielmachers prangte ein weißes Jesus-Konterfei umrahmt von zwei Daumen, die in Richtung seines Kopfes zeigten. Darüber stand: Jesus loves this guy. "Ich trag' das nur so. Ich bin gar nicht religiös, aber Jesus liebt doch jeden," sagte der Nationalspieler grinsend - und eigentlich hatte er Recht. Denn den Basketball-Gott braucht ein abgebrühter Zocker wie der kleine Alba-Profi nun wirklich nicht.

FC Bayern Muenchen v Alba Berlin - Beko BBL

"Waren nicht gallig genug" - Bayern-Trainer Dirk Bauermann musste mit seinem Team die vierte Niederlage einstecken.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Es waren unter anderem zwei typische Schaffartzik-Szenen, die das Spitzenduell des 10. BBL-Spieltags zwischen dem FC Bayern und Alba Berlin letztlich mit 85:79 (39:43) zu Gunsten der Gäste entschieden. Der 27-Jährige hatte wieder einmal ein paar wilde Würfe versenkt und sein Team damit im umkämpften Schlussviertel in Führung gebracht.

Der Mann des Abends hieß jedoch DaShaun Wood. Der wieselflinke Amerikaner erzielte trotz Sonderbewachung durch den Münchner Demond Greene insgesamt 27 Punkte - vor allem in der Endphase der Partie mutierte Wood für die Bayern zum Alptraum. "Es war ein sehr intensives Spiel. Und ich hatte heute so einen Tag, an dem fast alles klappt," erklärte Wood, der sein Team in den letzten drei Minuten der Begegnung mit wichtigen Treffern getragen hatte.

Und die Bayern? Sie haderten mit einer Niederlage, die sie sich nach langer Führung am Ende selbst zuzuschreiben hatten. Zu oft hatten sie in der entscheidenden Phase in der Verteidigung nicht aufgepasst und dann auch noch vorne geschludert. Stellvertretend dafür standen Steffen Hamanns vergebener Korbleger und sein anschließender Ballverlust in der letzten Minute, als die Partie endgültig kippte.

"Wir hätten den Sieg auch verdient gehabt, waren aber in der zweiten Halbzeit nicht gallig genug und Wood spielte unglaublich. Trotzdem fehlte uns sehr wenig, um das derzeit heißeste Team der Liga zu schlagen," sagte Bayern-Coach Dirk Bauermann und sprach damit die wohl essentielle Frage des Abends an: Sind die Münchner schon so weit, um mit den Topteams der BBL, also Alba und Bamberg, mithalten zu können? Die richtige Antwort: Eher nicht.

Das Aufeinandertreffen mit dem Hauptstadtklub in der erstmals ausverkauften Rudi-Sedlmayer-Halle (6700 Zuschauer) offenbarte erneut, dass das bayerische Basketball-Projekt noch reifen muss. Zwar wirkte der Aufsteiger um einiges eingespielter als zu Saisonbeginn, doch zu einem Erfolg gegen die routinierten Berliner fehlte letztlich vor allem eines: die letzte Konsequenz. Das bestätigte hinterher auch Nationalspieler Greene, der acht Punkte erzielte: "Ich bin sehr enttäuscht, dass wir den Sack nicht zugemacht haben. Um mit so einem Gegner auf Augenhöhe zu kommen, müssen wir uns in kleinen Schritten verbessern."

"Es fehlt ein Stückchen zu Bamberg oder Berlin"

War es in den vergangenen Wochen nur noch darum gegangen, ob die Bayern Berlin oder sogar die überragenden Bamberger schlagen können, findet sich der Liganeuling jetzt mit sechs Siegen bei vier Niederlagen im Tabellenmittelfeld wieder. Zu weit unten eigentlich für die gehobenen Ansprüche des ambitionierten Basketball-Start-Ups, das in München viele mindestens im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft sehen wollen. Derzeit zeigt der Leistungskompass beim Bauermann-Team aber eher Richtung Durchschnitt als nach ganz oben.

Was die Bewertung der eigenen Stärke betrifft, waren sich die Akteure des FCB letztlich uneins. "Ich sehe uns schon unter den besten Mannschaften, aber es fehlt eben noch ein Stückchen zu Bamberg oder Berlin," sagte Flügelmann Greene und unterschied sich in seiner Analyse deutlich von seinem Kollegen Chevon Troutman, der fand, man müsse ein Team wie Alba eigentlich mit zehn Punkten schlagen. Der Amerikaner war mit 14 Punkten zwar erneut bester Korbjäger bei den Münchnern, lieferte objektiv betrachtet aber die weniger zutreffende Bewertung.

Dabei hatte der Verein vor dem Duell mit den "Albatrossen" personell extra noch einmal nachgebessert, indem US-Center Jared Homan aus Bologna verpflichtet wurde. Der 110-Kilo-Mann, der sich bei seinem alten Klub eine handfeste Auseinandersetzung mit seinem dortigen Trainer geliefert hatte, konnte seine Qualitäten unter dem Korb bei seinem ersten Einsatz aber nur bedingt zeigen (nur vier Punkte). Trotzdem soll er den Bayern die dringend benötigte Präsenz am Brett bringen, nachdem sich durch das abzusehende Ende des NBA-Tarifstreits jegliche Träumereien um Dirk Nowitzki oder Chris Kaman erledigt haben.

"Dass die NBA-Saison doch noch beginnt, ist für alle Beteiligten gut. Nowitzki kann sich auf seinen Klub konzentrieren und wir haben auch Klarheit," sagte Dirk Bauermann, der froh war, anstelle des Blonden aus Dallas immerhin noch Homan zu bekommen. "Er ist ein Glücksfall - so einen körperlich starken Rebounder und Verteidiger hätten sicher auch einige US-Teams gerne." Das Münchner Basketball-Projekt bleibt also ein Unternehmen im Entstehungsprozess, das bis auf weiteres auf ein paar glückliche Fügungen hoffen muss - oder am besten gleich auf den Basketball-Gott.

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