Basketball:Der Münchner Heimnimbus ist vorerst dahin

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Der Münchner Topscorer Carsen Edwards erlebte keinen schönen Abend, er wurde von der Athener Defensive besonders aufmerksam behandelt. (Foto: Mladen Lackovic/Imago)

Lange war der FC Bayern Panathinaikos Athen ein gleichwertiger Gegner, doch in der Schlussphase ließen die Kräfte nach und die Münchner mussten gegen den Euroleague-Titelverteidiger die erste Niederlage im SAP Garden hinnehmen.

Von Christoph Leischwitz

Gegen Ende, findet Gordon Herbert, ist seiner Mannschaft „ein bisschen der Sprit ausgegangen“ im Heimspiel gegen den aktuellen Euroleague-Meister. Vier Minuten vor der Schlusssirene war noch alles offen, es stand 67:66 für die Gastgeber, dann aber wurden die Bayern-Basketballer doch noch ein bisschen vorgeführt. Der SAP Garden hat also seinen Nimbus vorerst verloren im letzten Heimspiel des Kalenderjahres, von dem es heißt, dass er jener X-Faktor ist, der den Bayern zu einer erfolgreichen Rolle im internationalen Basketball noch gefehlt hat. Vielleicht ging das Spiel ja auch deshalb 69:80 verloren, weil die Klatschpappen der über 10 000 Bayern-Anhänger nicht so laut zu hören waren wie die rund 1000 grölenden Fans von Panathinaikos Athen.

Es gibt aber ein paar offensichtlichere Gründe. Einer ist: Wenn der Aufbauspieler Carsen Edwards (11 Punkte) keinen guten Tag hat, wird es schwer für die Bayern. Herbert sagt, Edwards könne man einfach nicht auf der Bank lassen, „er hatte schon öfter Spiele wie diesmal und ist gegen Ende noch explodiert“. Am Freitagabend ließ Panathinaikos aber keinen Platz für die erhoffte Initialzündung: An der Dreier-Linie verteidigten die griechischen Gäste sehr konsequent, und wenn sich Edwards mal bis zum Korb dribbelte, wurde er oft hart geblockt. Von einem Spieler, den Panathinaikos gerade erst verpflichtet hatte, als Reaktion auf die Verletzung ihres Centers Mathias Lessort: Der ambitionierte Titelverteidiger holte mal eben Wenyen Gabriel, einen der besten Spieler von Maccabi Tel Aviv. Dieses „Mismatch“, also der Größenunterschied zwischen dem 1,80 Meter großen Edwards und dem 2,06 Meter großen Gabriel, machte auch deutlich, welche Möglichkeiten die absoluten europäischen Spitzenteams haben.

„Es war ein sehr physisches Spiel, und sie haben sich gut auf uns vorbereitet. Unsere Schützen freizuspielen, war nicht so einfach“, sagte Johannes Voigtmann nach dem Spiel. Einige kleine Kratzer an seinem Hals bestätigten seine Aussagen. Über 36 Minuten stand der Weltmeister auf dem Feld, vor allem, weil Devin Booker früh Foulprobleme bekam und sechs Minuten vor dem Ende dann auch wegen des fünften Fouls vom Feld musste. Der Sprit ging aus, weil die Bayern nun deutlich weniger rotierten.

Die Münchner werden nun von den Spitzenteams sehr ernst genommen, das bestätigte Athens Trainer Ataman

Eine der schlechtesten Phasen hatten sie aber, als Herbert noch im ersten Viertel die zweite Garde auf den Court schickte – „da ging es bergab“, befand der Trainer später höchstselbst. Kurz: Die Bayern haben weniger Möglichkeiten, das hohe Niveau zu halten, auf dem sie allerdings immer öfter spielen. Außerdem werden sie jetzt auch von den großen Gegnern ernster genommen, was Athens Trainer Ergin Ataman bestätigte.

Voigtmann findet, dass die „Offensive diesmal das Thema war“, mit der bewährten Treffsicherheit wäre die Mannschaft im SAP Garden wohl sogar weiter unbesiegt. Zumal es defensiv phasenweise recht gut lief und der FCB-Center einen seiner bislang besten Abende im Bayern-Dress hatte – zur Pause hatte er bereits elf Rebounds gesammelt. „Ich definiere mich nicht über meine Statistik, das ist nicht meine Rolle hier“, sagt der 32-jährige; seine Rolle ist es, „andere besser zu machen, das ist mein Ziel und das ist mir sehr wichtig“, betont er.

Am Sonntagabend konzentrierte er sich auch wieder genau darauf. Beim Bundesliga-Gastspiel in Frankfurt, der alten Wirkungsstätte von Trainer Herbert, glänzte der 18-jährige Ivan Kharchenkov und zeigte damit, dass die Bayern im nationalen Wettbewerb auch mal wichtige Spieler schonen können, diesmal Nick Weiler-Babb und Carsen Edwards. Die Bayern siegten insgesamt souverän, wenngleich nach einer unnötig spannenden Schlussphase 91:84 (62:47) und bleiben Tabellenführer.

Voigtmann sieht noch großes Potenzial im Team, „defensiv müssen wir uns noch verbessern, offensiv ein bisschen variantenreicher werden“. Aber man stehe ziemlich genau da, wo man es im Sommer erhofft hatte, und das, obwohl man sich intern „sehr, sehr hohe Ziele gesteckt“ habe für diese Saison.

Die Bayern rangieren in einer frappierend ausgeglichenen Liga auf Rang fünf, zu Rang 15 sind es nur drei Niederlagen Unterschied. „Wir wollen jetzt auch keinen Vorsprung verwalten, wir wissen, dass wir ein paar Siege auswärts benötigen“, blickte Voigtmann voraus. Sich auf die Heimstärke des SAP Garden zu verlassen, würde für das Ziel Playoff-Teilnahme wohl auch kaum ausreichen.

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:Plötzlich Europas bester Scorer

Nur 1,80 Meter groß, aber rasend schnell und treffsicher: Carsen Edwards hat sich bei den Münchner Basketballern zum Anführer und Punktekönig der Euroleague entwickelt - auch dank Anpassungen in seinem Spiel haben die Bayern Erstaunliches geschafft.

Von Ralf Tögel

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