Basketball:Widerborstig gegen Villeurbanne

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Zeigt Führungsqualitäten: Vladimir Lucic (rechts), hier gegen Villeurbannes Theo Maledon und Tarik Black (von links). (Foto: Philippe Ruiz/Imago)

Die Bayern-Basketballer demonstrieren an einem keineswegs glanzvollen Abend ihre Resilienz. Ihr 76:67-Arbeitssieg zeigt auch, dass sie sich auf Rückkehrer Lucic, die Bank und ihre Schlüsselfiguren verlassen können – und in der Lage sind, ihren bulligen Center Booker zu ersetzen.

Von Sebastian Winter

Gordon Herbert ist ein humorvoller Mann, hinter seinem etwas knorrig anmutenden Äußeren ist seine feine Ironie schon öfter in dieser Saison auch bei öffentlichen Terminen aufgeblitzt. Mal erzählte er augenzwinkernd, am freien Wochenende Snowboarden gehen zu wollen, mal berichtete er davon, dass sein Sohn ihn schon öfter aus seinem tristen Leben als Coach, in dem er nichts anderes im Kopf habe als Basketball, befreien wollte. Am Donnerstag aber blieb Herbert ziemlich ernst. Und er verteilte ein für seine Verhältnisse überschwängliches Lob an seine Spieler: „Drei Siege gegen drei Euroleague-Teams in fünf Tagen, das ist großartig. Ein riesiges Lob an unsere Spieler, sie waren heute resilient.“

Die Münchner hatten am Donnerstag im wieder ausverkauften SAP Garden auch Asvel Villeurbanne besiegt, nach dem mühevollen 76:67 (38:30)-Erfolg liegen sie mit nun 16:10 Siegen auf Platz sechs der Euroleague-Tabelle. Wer dort steht, der qualifiziert sich am Ende der Hauptrunde direkt für die Playoffs. Am Dienstag hatte Gordons Mannschaft bereits Olimpia Mailand 87:70 geschlagen, am Sonntag den Euroleague-Letzten Alba Berlin – allerdings in der Bundesliga – düpiert. Von den jüngsten sechs Spielen in Europas höchstem Klubwettbewerb gewannen die Bayern fünf.

Und so haben sie auch das Formtief überwunden, das sie um Weihnachten herum bis Mitte Januar getroffen hatte – mit neuer Resilienz. Obwohl sie in Devin Booker, der sich gegen Berlin am Knie verletzte, eine Schlüsselfigur ihres Spiels verloren haben. „Bookers Ausfall ist sehr schmerzhaft für uns, aber wir sind dadurch nochmal enger zusammengerückt“, sagte Andreas Obst Donnerstagnacht nach dem Villeurbanne-Spiel: „Es war nicht unbedingt die heißeste Show, wir mussten hart arbeiten. Aber wir stehen gerade da, wo wir stehen wollen.“

Obst hatte fünf Dreier getroffen und sich damit zum Topscorer einer Partie aufgeschwungen, die nicht unbedingt ein besonderes Qualitätssiegel erhielt. Dafür war das Spiel der Bayern vor allem in den ersten beiden Vierteln zu fahrig, dafür waren beide Offensivreihen zu schwach. Und dass die Münchner in der Ballverlust-Statistik mit 13:12 gegen Villeurbanne gewannen, zeugte auch nicht unbedingt von höchster Konzentration auf dem Feld.

Kapitän Vladimir Lucic sei „ein abgezockter Fuchs“, sagt Andreas Obst

Andererseits, apropos Resilienz: Sie haben sich gerade seit der Rückkehr eines weiteren Schlüsselspielers eine gewisse Widerborstigkeit und Widerstandsfähigkeit vor allem in der Defense angeeignet, die es vor allem in der Euroleague braucht. Vladimir Lucic war drei Monate lang aus dem Spiel wegen einer Wadenverletzung, nun gibt er der Mannschaft wieder die Richtung vor. Kein Spiel hat sie seit seiner Rückkehr verloren. Der Kapitän sei „ein abgezockter Fuchs, er hat sehr viel Erfahrung, sehr viel Präsenz auf dem Feld, aber auch in der Kabine. Er ist unser Leader“, sagte in Obst immerhin einer, der alleine qua erreichtem WM-Titel, ebenfalls Führungsqualitäten besitzt – aber eben auf andere Art und Weise.

Lucic erzielte zehn Punkte, er fischte acht Rebounds aus der Luft, er lag beim so genannten Performance Index Rating, einer Skala, die verkürzt gesagt die Gesamtleistung eines Spielers auf dem Feld bewertet, ganz vorne bei den Bayern. „Dass wir nach Lucics Rückkehr alle sechs Spiele gewonnen haben, ist eine Koinzidenz“, sagte Coach Herbert. Es ist aber nicht nur Lucics Verdienst, dass die Bayern sich eine gute Woche vor dem Pokal-Final-Four aus ihrem Wintertief gekämpft haben: Center Danko Brankovic, der bislang eher auf der Bank schmorte, zeigte am Dienstag gegen Mailand sein bisher wohl bestes Eurolaegue-Spiel für die Bayern. Auch gegen Villeurbanne setzte der 2,17-Meter-Mann wichtige Akzente, er holte sechs Rebounds. Defensivkünstler Nick Weiler-Babb, auch er ein Schlüsselspieler in dieser Saison, spielt seit Monaten in Topform, sieben Punkte, sieben Rebounds und drei Steals gegen Villeurbanne waren fast schon ein bescheidener Wert für den US-Amerikaner. Und auch Johannes Voigtmann hilft der Mannschaft in dieser Zeit sehr.

Dass Shooter Carsen Edwards die Last nicht alleine zu tragen braucht, dass der bullige Booker ersetzt werden kann – dies sind die beiden wichtigsten Erkenntnisse für die Bayern, die nun in eine dreiwöchige Euroleague-Pause gehen, aber am Sonntag in der Bundesliga auf Rasta Vechta treffen. „Es war nicht unser bestes Spiel, aber ein Zeichen für ein gutes Team ist, wenn du nicht so gut spielst und dennoch gewinnst“, sagte Herbert noch. Ganz ohne Ironie.

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