Süddeutsche Zeitung

Bayern und Alba in der Euroleague:Der Abstand zu Europas Spitze wächst

In der Bundesliga sind der FC Bayern und Alba Berlin seit Jahren das Maß der Dinge. Doch in der europäischen Königsklasse ziehen Spitzenklubs wie Olympiakos Piräus davon - auch dank Mäzenen und Steuervorteilen.

Von Ralf Tögel

Am Dienstag noch hatte Andrea Trinchieri Spaß daran, die Leistung seiner Mannschaft zu erklären. Gut gelaunt schlüsselte der Trainer der Basketballer des FC Bayern auf, wie diese trotz einer mäßigen Leistung den französischen Euroleague-Konkurrenten Villeurbanne 76:72 besiegt hatte. Schlecht gespielt, Spiel gewonnen, Zuschauer zufrieden, passt. Gerade zwei Tage später hatte sich die Gemütslage des Italieners diametral gedreht.

Am Donnerstagabend hatte er eine 74:102-Packung bei Olympiakos Piräus zu moderieren, was ihm sichtbar weniger Freude bereitete. Trinchieri gratulierte dem Gegner mehrmals für eine besonders gute Leistung, erinnerte an sein dezimiertes Team und befand, dass allein die nötige Energie gefehlt habe, um überhaupt mitzuhalten. Vier knappe Sätze, dann drehte er auf dem Absatz und entschwand grußlos.

Es war für ihn auch kein schöner Abend in Piräus, das derzeit den Goldstandard im höchsten europäischen Wettbewerb darstellt. Die Griechen sind Tabellenführer und eilen mit spielerischer Leichtigkeit von Sieg zu Sieg, am Dienstag noch bezwangen sie den großen FC Barcelona. Nach dem Sieg gegen Villeurbanne hatte Trinchieri mit Blick auf das Gastspiel bei Olympiakos noch frohlockt, dass "der Himmel das Limit" sei. Nun wurde seine Auswahl vom edel besetzten Ensemble der Hellenen rüde geerdet.

Versucht man, dem Auftritt der Münchner Positives abzugewinnen, dann landet man bei Paul Zipser, der nach Wochen des Darbens auf der Ersatzbank eine durchaus gelungene Rückkehr darbot. Und vielleicht beim Umstand, dass sich der FC Bayern fortan auf die deutsche Meisterschaft konzentrieren kann.

Teils hoch verschuldete Vereine wuchern mit Traumgehältern und teilen sich die europäischen Spitzenspieler untereinander auf

Denn bei sechs ausstehenden Partien in der Basketball-Königsklasse und einem Rückstand von vier Siegen auf den achten und letzten Playoff-Platz, ist die Endrunde längst zum fernen Wunsch geschrumpft. In den beiden vergangenen Spielzeiten hatten die Münchner die Playoffs jeweils erreicht, nach fünf engen Spielen knapp das Final-Four-Turnier verpasst - und musste diesen Achtungserfolg teuer bezahlen. Denn im Endspurt der nationalen Meisterschaft war Alba Berlin jeweils vitaler - und erfolgreicher.

Für den ewigen Konkurrenten hat sich indes nicht viel geändert. Wie in den Vorjahren hat Alba keine Chance auf die Euroleague-Playoffs, ist derzeit Letzter und wird nach der Hauptrunde ausscheiden. Den Vorteil des Kräfteschonens werden sie dieses Mal aber nicht auf ihrer Seite haben, auch für den FCB ist die Euroleague bald beendet.

Nur: Warum sind die deutschen Vertreter im Wetteifern mit der kontinentalen Spitzenklasse so weit abgehängt?

Das lässt sich am Beispiel der Griechen trefflich erklären. Piräus ist zwar im Gegensatz zu Teams wie Fenerbahce und Titelverteidiger Efes Istanbul sowie Tel Aviv, Real Madrid und Barcelona keine Ansammlung der ganz großen Namen, der Kader ist dennoch teuer und auf allen Positionen doppelt erstklassig besetzt. Der Kern spielt seit Jahren zusammen und wurde für die aktuelle Spielzeit noch verstärkt. In Sasha Vezenkov hat Olympiakos zudem den derzeit wohl besten Spieler Europas in seinen Reihen. Das Gehalt des 27-jährigen Bulgaren wird auf mehr als zwei Millionen Euro netto geschätzt - und er ist nicht der einzige Großverdiener im Team.

Vezenkov war auch gegen die Bayern bester Akteur, sammelte trotz großzügiger Schaffenspausen 18 Punkte. Und ja, Piräus hatte mit einer Dreierquote von knapp 65 Prozent einen Sahnetag erwischt. Die Kluft der deutschen Vertreter zur europäischen Spitze scheint dennoch größer denn je zu sein. Das hat mit Mäzenen und Steuervorteilen in bestimmten Ländern zu tun, teils hoch verschuldete Vereine wuchern nach wie vor mit Traumgehältern und teilen sich die europäischen Spitzenspieler untereinander auf.

Bei Teams wie den Bayern oder Alba (deren Etat deutlich unter dem der Münchner liegt), sind bei der Zusammenstellung der Kader Sparsamkeit und Kreativität die bestimmenden Parameter. Zumal die besten Akteure regelmäßig abgeworben werden. Die Münchner versuchen es in dieser Spielzeit mit den Europa-Novizen Cassius Wilson und Freddie Gillespie, was mal mehr, mal weniger gut klappt. Darüber hinaus sind die Bayern von Verletzungen geplagt; während Piräus-Coach Georgios Bartzokas kaum Krankmeldungen zu beklagen hat, fehlten Kollege Trinchieri fünf Schlüsselspieler. Ein Malus, der sich durch die gesamte Saison zieht.

Nicht viel besser ergeht es Alba-Trainer Israel Gonzales: Sein Team ist zwar mit drei Siegen in die Euroleague-Saison gestartet, seither bekommt er seine Bestbesetzung kaum zusammen. Im nächsten Spiel stehen sich die beiden deutschen Vertreter in München gegenüber, die Trainer werden erneut improvisieren müssen. Ein Umstand, der sich auch in der Endphase der Bundesliga nicht ändern wird.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5766793
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/jkn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.