FC Bayern Basketball:Der Kapitän geht von Bord

FC Bayern München - Danilo Barthel

Bald nicht mehr in rot unterwegs: Danilo Barthel, hier im Euroleague-Spiel gegen ZSKA Moskau im Januar.

(Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Danilo Barthel wechselt wohl nach Istanbul - und dürfte in München schmerzlich vermisst werden. Der Transfer zeigt, dass die BBL weiterhin hinter den europäischen Topligen hinterherhinkt.

Von Ralf Tögel

Auch Daniele Baiesi hat sich kürzlich in den sozialen Netzwerken zu Wort gemeldet und gesagt, dass er nichts sagen wird. Der Sportdirektor der Basketballer des FC Bayern München wollte damit vorsorglich alle Anfragen zu den kursierenden Gerüchten abblocken, die ihn zahlreich erreicht haben dürften. Zumal diese ohnehin jeder Grundlage entbehren würden. Bis zum 15. Juli, so verfügte der Italiener, werde sein Klub weder tätig werden auf dem Transfermarkt, noch irgendwelche Wechselneuigkeiten kommentieren. Dem Netz freilich ist Baiesis Einlassung egal, es wabern weiterhin fast täglich neue Transfergeschichten durch die sozialen Netzwerke des Basketball-Kosmos.

Eine dieser Neuigkeit indes hat sich zuletzt verhärtet, und die dürfte Baiesi gar nicht gefallen: Bayern-Kapitän Danilo Barthel wird den Verein verlassen und sich dem Euroleague-Konkurrenten Fenerbahce Istanbul anschließen, nach SZ-Informationen wird der Transfer zu Wochenbeginn veröffentlicht. Dem Vernehmen nach wird der Power Forward für zwei Jahre knapp 1,8 Millionen Euro verdienen und sich damit in die Riege der kontinentalen Großverdiener einreihen. Dass die Münchner ihren Spielführer gerne gehalten hätten, war kein Geheimnis, auch lag Barthel ein unterschriftsreifes Arbeitspapier vor. Doch dieser siebenstelligen Offerte aus der Türkei war der entthronte deutsche Meister nicht gewachsen.

Beim Finalturnier konnte Barthel überzeugen - im Gegensatz zum Rest der Mannschaft

Die Münchner verlieren damit einen sehr populären Akteur, Barthel war das Gesicht der Mannschaft, ein Publikumsliebling, der stets mit vorbildlichem Einsatz voranging. Allerdings ist Barthel, der sich in München zu jenem Topspieler entwickelt hat und maßgeblich an den jüngsten beiden Meisterschaften beteiligt war, mittlerweile 28 Jahre alt und inmitten seiner besten Schaffenszeit - was er als einer der Wenigen beim Quarantäne-Finalturnier um die deutsche Meisterschaft im hoch gelobten Kader des Titelverteidigers bewiesen hatte. Es ist also nachvollziehbar, dass der Heidelberger nun die Chance für ein hoch dotiertes Auslandsengagement nutzt. Zumal er nie einen Hehl daraus gemacht hatte, dass so eine Anfrage ihn interessieren würde. Äußern wollte sich Barthel auf SZ-Anfrage nicht, er befinde sich im Urlaub und bitte dafür um Verständnis.

In Istanbul hat der 2,08 Meter große Power Forward, der auch die Position des Centers zu spielen versteht, deutlich größere Chancen die Euroleague zu gewinnen als in München. Die Bayern dagegen müssen nach dem Weggang von Center Greg Monroe einen weiteren Schlüsselspieler ersetzen. Auch eine Vertragsverlängerung von Mathias Lessort erscheint dem Vernehmen nach unwahrscheinlich. Folglich besteht jetzt zuvorderst auf den großen Positionen Handlungsbedarf, sollen die internationalen Ambitionen des FC Bayern nicht vorzeitig schrumpfen. Auch ein hochkarätiger Spielmacher dürfte diesbezüglich unabdingbar sein, zumal Nationalspieler Maodo Lo, dessen Kontrakt wie bei Barthel ausgelaufen ist, derzeit mit Panathinaikos Athen in Verbindung gebracht wird. Lo ist ebenfalls im Urlaub, der Nationalspieler verspürt in Frankreich ebenfalls wenig Verlangen, sich zu schnöden Vertragsverhandlungen mitzuteilen.

Aber auch das wird demnächst geschehen, denn es gilt, den Kader für die kommende Spielzeit zu bauen. Wie FCB-Geschäftsführer Marko Pesic kürzlich im Gespräch mit der SZ bekräftigte, habe der Drei-Jahres-Plan des Klubs Bestand, man wolle bis zur Fertigstellung des SAP Garden im Jahr 2022 zu den europäischen Topteams zählen. Dieser muss nur durch die neuen Gegebenheiten in er Corona-Krise angepasst werden, wie Pesic erklärte, das Virus hat auch die Gemengelage im Basketball verschoben. Nicht unbedingt zum Vorteil des deutschen Topteams aus der bayerischen Landeshauptstadt, wie die jüngste Personalie zeigt. Schon im Vorjahr war den Bayern ein hochkarätiges Trio abhanden gekommen, Derrick Williams zog es aus ähnlichen Gründen wie nun Barthel zu Fenerbahce, Spielmacher Stefan Jovic und Center Devin Booker erlagen der großzügigen Offerten aus Moskau. Und auch beim Booker-Wechsel zu Khimki gab es gewisse Ähnlichkeiten, der Amerikaner war sich eigentlich mit dem FC Bayern einig, ehe ihm ein Millionen-Scheck aus Russland auf den Tisch flatterte.

Die BBL bleibt im europäischen Wettbewerb weiter hinter Türkei, Spanien, Russland und Griechenland

Überhaupt scheint es, dass sich trotz Krise die Spitzengehälter in der Szene keineswegs senken, was an üppig alimentierten Klubs wie Fenerbahce liegt - dessen Präsident Ali Koc zu den reichsten Menschen in der Türkei zählt. Nicht nur die Türken zahlen weiter hohe Gehälter, der Großverdiener und Ex-Münchner Derrick Williams etwa verließ Fenerbahce Richtung Valencia. Folglich werden nicht nur in der Türkei üppige Gehälter angeboten, sondern weiterhin auch in Griechenland, Russland oder eben Spanien. Was hierzulande auch Alba Berlin gerade erfährt, der deutsche Meister musste die Weggänge der Leistungsträger Landry Nnoko (Belgrad), Martin Hermannsson, Makai Mason und Rokas Giedraitis (alle nach Spanien) melden.

Es gibt aber auch ein paar belastbare Fakten im deutschen Basketball-Kosmos, beispielsweise hat die Basketball-Bundesliga (BBL) in ihrer jüngsten Sitzung beschlossen, dass die kommende Saison am ersten November-Wochenende im bekannten Modus beginnt, auch soll vor Zuschauern gespielt werden. Hierfür müssen die Klubs freilich noch Konzepte vorstellen. Mit Beginn Mitte Oktober ist ein Pokalwettbewerb geplant, der vor der Saison beendet sein wird, der genaue Modus aber steht noch nicht fest - es könnte mehrere Turniere an verschiedenen Standorten geben, sowie ein kurzes Finalturnier.

In München müssen die Fans noch auf Fakten warten, wenngleich sich Andrea Trinchieri demnächst als neuer Chefcoach vorstellen dürfte. Der Italiener wurde bereits mehrmals in München gesichtet, es gilt, wie zu hören ist, nur noch einzelne Details zu klären. Von dieser Personalie werden weitere abhängen. Sitzt der Italiener erst einmal im FCB-Sattel, könnte Bewegung in den Kader kommen. In Wade Baldwin ist auch ein Spielmacher im Gespräch, der 24-jährge US-Amerikaner hat NBA-Vergangenheit, konnte aber in der vergangenen Saison bei Olympiakos Piräus nicht vollends überzeugen. Also einer, der den Bayern gut zu Gesicht stehen würde: viel Potential und bezahlbar. Doch noch, so hat Sportdirektor Baiesi ja angemahnt, muss man sich in Geduld üben.

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