FC Bayern Basketball:Bedarf auf den großen Positionen

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Die Chance, sich weiterzuentwickeln, und ein stattliches Gehalt: Bayern Münchens Top-Spieler Danilo Barthel hat gute Gründe, das Angebot von Fenerbahce Istanbul anzunehmen.

(Foto: Zhong Zhi/Getty Images)

Bei den Basketballern des FC Bayern kommt Bewegung in den Kader: Trainer Andrea Trinchieri wird ohne den bisherigen Kapitän planen müssen - Danilo Barthel schließt sich dem Euroleague-Konkurrenten Fenerbahce Istanbul an.

Von Ralf Tögel

Auch Daniele Baiesi hat sich kürzlich in den sozialen Netzwerken zu Wort gemeldet und gesagt, dass er nichts sagen wird. Der Sportdirektor der Basketballer des FC Bayern München wollte wohl vorsorglich Anfragen zu jenen Wechselgerüchten abblocken, die derzeit reichlich kursieren. Bis zum 15. Juli, so verfügte der Italiener, werde sein Klub weder tätig werden auf dem Transfermarkt, noch irgendwelche Neuigkeiten kommentieren. Dem Internet ist Baiesis Einlassung egal, fast täglich wabern Transfermeldungen durch die Netzwerke des Basketball-Kosmos. Eine dieser Informationen hat sich indes zuletzt verhärtet, und die dürfte Baiesi gar nicht gefallen: Bayern-Kapitän Danilo Barthel wird sich dem Euroleague-Konkurrenten Fenerbahce Istanbul anschließen.

Nach SZ-Informationen wird der Transfer zu Wochenbeginn veröffentlicht. Dem Vernehmen nach verdient der Power Forward für zwei Jahre 1,8 Millionen Dollar und reiht sich damit in die Riege der kontinentalen Großverdiener ein. Dass die Bayern ihren Spielführer gerne gehalten hätten, ist kein Geheimnis, Barthel lag ein unterschriftsreifes Arbeitspapier vor. Der siebenstelligen Offerte aus der Türkei war der entthronte deutsche Meister aber nicht gewachsen. Die Münchner verlieren damit einen ihrer populärsten Spieler, Barthel war Gesicht der Mannschaft, ein Publikumsliebling, der stets mit vorbildlichem Einsatz voranging. Allerdings ist er mit 28 Jahren inmitten seiner besten Schaffenszeit; dass er die Chance für ein hoch dotiertes Auslandsengagement nutzt, ist nachvollziehbar. Zumal der Spieler nie einen Hehl daraus gemacht hatte, dass er seine Entwicklung nicht als beendet ansehe und offen für derlei Angebote sei. Äußern wollte sich Barthel auf SZ-Anfrage nicht, er bat um Verständnis, er wolle seinen Urlaub ungestört genießen.

In Istanbul hat der 2,08 Meter große Power Forward, der auch die Position des Centers zu spielen versteht, größere Chancen, die Euroleague zu gewinnen, als in München. Die Bayern dagegen müssen nach dem Weggang von Center Greg Monroe einen weiteren Schlüsselspieler ersetzen. Weil eine Vertragsverlängerung von Center Mathias Lessort dem Vernehmen nach unwahrscheinlich ist, besteht nun auf den großen Positionen Handlungsbedarf, sollen die internationalen Ambitionen nicht vorzeitig schrumpfen. Auch ein hochkarätiger Spielmacher dürfte vonnöten sein, zumal Nationalspieler Maodo Lo, dessen Kontrakt wie bei Barthel ausgelaufen ist, derzeit mit Panathinaikos Athen in Verbindung gebracht wird. Auch Lo urlaubt gerade und verspürt wenig Lust, sich zu Vertragsverhandlungen mitzuteilen.

Während die Spieler ausspannen, ist der Rest der Basketball-Welt in Bewegung, derzeit werden in ganz Europa die Kader für die kommende Saison gebaut. In München verfolgt Geschäftsführer Marko Pesic einen Drei-Jahres-Plan, bis zur Fertigstellung der neuen Multifunktionshalle im Olympiapark im Jahr 2022 soll das Team zur europäischen Spitze zählen. Das Vorhaben müsse man natürlich an die neuen Gegebenheiten anpassen, wie Pesic kürzlich der SZ erklärte. Während bei Europas Eliteklubs weiter üppige Gehälter fließen, was meist mit schwerreichen Mäzenen zu tun hat, bekommt selbst ein Klub wie der FC Bayern die Corona-Krise zu spüren - wie die jüngste Personalie zeigt. Schon im Vorjahr war dem FCB ein hochkarätiges Trio verlustig gegangen, Derrick Williams zog es aus ähnlichen Gründen wie nun Barthel zu Fenerbahce, Spielmacher Stefan Jovic und Center Devin Booker erlagen großzügigen Offerten von Khimki Moskau.

Doch nicht nur die Bayern verlieren ihren Vorzeige-Spielführer, den zweiten großen bayerischen Klub ereilt das selbe Schicksal. Die Trennung von Brose Bamberg und Publikumsliebling Elias Harris, der wie Barthel beim Finalturnier um den deutschen Meistertitel als einer der Wenigen in seinem Team überzeugte, verlief weniger harmonisch. Bambergs Aufsichtsratsvorsitzender Michael Stoschek hatte seinen Kapitän öffentlich an den Pranger gestellt, weil dieser einer geforderten Gehaltskürzung nicht habe zustimmen wollen - der Vertrag wurde nicht verlängert, Harris geht wohl nach Oldenburg.

In Bamberg werden die Umbauarbeiten umfangreicher ausfallen als beim FCB, neben Harris sind drei weitere Spieler bereits weg, Trainer Roel Moors und Geschäftsführer Arne Dirks entlassen. Es ist nicht das erste Mal in jüngerer Vergangenheit, dass Stoschek eine neue Ära ankündigt, schon Dirks und Moors waren Teil eines Neubeginns, der nun ein schnelles Ende fand. Seit den erfolgreichen Jahren mit dem damaligen Sportdirektor Baiesi und dem Trainer Andrea Trinchieri, die Bamberg von 2014 bis 2017 drei Meistertitel in Serie brachten, sucht der Klub nach Kontinuität - und hat dabei keine gute Figur abgegeben. Das sollen Trainer Johan Roijakkers, der sein Spielmacher-Talent Bennet Hundt aus Göttingen mitbringt, und Geschäftsführer Philipp Galewski nun beenden. Diese Verpflichtungen sehen allerdings nicht danach aus, dass Bamberg schnell an alte Erfolge anschließen will. Auch international ist der Klub zwei Stufen unter den Bayern einzuordnen: Brose spielt Champions League, die ist im Basketball drittklassig.

Beim FC Bayern soll dagegen ausgerechnet Andrea Trinchieri gewährleisten, dass der Plan von Pesic aufgeht, und das Team in die europäische Spitze coachen. Der Italiener wurde bereits mehrmals in München gesichtet, es gibt, so ist zu hören, nur noch Details zu klären. Sobald der Italiener im FCB-Sattel sitzt, wird Bewegung in den Kader kommen. In Wade Baldwin ist etwa ein Spielmacher im Gespräch, der 24-jährige US-Amerikaner hat eine NBA-Vergangenheit, konnte aber in der vergangenen Saison bei Olympiakos Piräus nicht vollends überzeugen. Also einer, der den Bayern gut zu Gesicht stehen würde: viel Potenzial und bezahlbar. Bisher nur ein weiteres Gerücht, zu dem Baiesi nichts sagen will.

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