Basketball:Es entwickelt sich etwas

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Wehe, wenn er Gas gibt: Carsen Edwards war auch im Spiel gegen Baskonia nicht zu halten. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Die Basketballer des FC Bayern München schlagen Vitoria-Gasteiz mit ihrem früheren Trainer Laso in der Euroleague und beweisen, dass sie sich aus Schwächephasen befreien können.

Von Christoph Leischwitz

Carsen Edwards schien kurz zu überlegen, als er den wummernden Bass hörte. Er drückte seine Hand und das Gesicht gegen die getönte Scheibe, um zu sehen, wie groß die Sause dahinter gerade war in dem kleinen Raum direkt unter der Tribüne des SAP Gardens. Die Szene stand für seinen gesamten Abend: Den Anfang der Party auf dem Spielfeld hatte er klar verpasst, aber als diese vorbei war, hätte sich der Aufbauspieler des FC Bayern trotzdem noch getrost feiern lassen können. Er entschied sich dagegen, die Partyzeit ist für die Basketballprofis des FC Bayern im Dezember einfach noch nicht gekommen.

Aber ihnen war ein wichtiger Umschwung gelungen. Die Länderspielpause war der Mannschaft nämlich nicht gut bekommen, zwei Niederlagen in der Euroleague gegen Roter Stern Belgrad und Efes Istanbul sowie eine in der nationalen Liga gegen Vechta kamen in dieser Häufung recht überraschend daher. Am Donnerstagabend aber, pünktlich zum Gastspiel des ehemaligen Bayern-Trainers Pablo Laso mit seinem neuen Team Baskonia Vitoria-Gasteiz, gelang in einem umkämpften Match ein fulminanter Schlussakt zum verdienten 94:80-Sieg.

In der ersten Halbzeit kam der obligatorische Punktelieferant Edwards auf exakt null Punkte, um in der zweiten Halbzeit deren 27 zu erzielen. 20 Spielminuten genügten ihm also, um der beste Werfer des Abends zu sein. Was in Halbzeit eins mit ihm los gewesen sei? „Ich muss mental besser aufgestellt sein“, war seine knappe Antwort, danach habe er einfach versucht, „das wiedergutzumachen“. Was ihm eindrucksvoll gelang. Die Bayern bleiben damit im heimischen SAP Garden nach sieben Partien weiter ungeschlagen und in der Euroleague-Spitzengruppe.

Nick Weiler-Babb und Shabazz Napier haben in einer Rede die Kollegen bei der Ehre gepackt

Trainer Gordon Herbert gab am späten Abend erstaunlich offene Erklärungen für die vergangenen Tage ab. „Das ist auch mein Fehler“, räumte er nach den laxen Vorstellungen seiner Mannschaft ein, auch er, ein Weltmeister-Coach, müsse noch dazulernen. Immerhin hatte er eine Idee für einen Umschwung gehabt. Am Donnerstagmorgen hatte er eine Video-Session zum Thema Defensive einberufen, dem aktuellen Schwachpunkt der Mannschaft. „Das war kein Spaß“, erzählt er, aber wohl notwendig. Nick Weiler-Babb und vor allem Shabazz Napier hatten das Wort ergriffen und offensichtlich erfolgreich die Spieler bei der Ehre gepackt. „Die Mannschaft hat richtig gut geantwortet“, fand der 65-Jährige, das sei ein wichtiger Schritt zurück zu den guten Leistungen der Vorwochen gewesen.

Übrigens fand auch Gästetrainer Laso, der die meisten Münchner Spieler ja kennt, dass da eine Entwicklung in der Bayern-Mannschaft zu erkennen sei. Eigentlich war ihm die Hauptrolle im SAP Garden zugedacht gewesen, ehe er sich im Sommer überstürzt aus München verabschiedet hatte.

Der Kader, findet Herbert, sei gut zusammengestellt, und er gab dazu passend noch einen weiteren, interessanten Einblick. „Das habe ich noch nicht öffentlich gesagt, aber Shabazz hat sich zu einem echten Leader entwickelt“, erklärte Herbert. Es sei unglaublich wichtig für das gesamte Team, „wie er es akzeptiert, von der Bank zu kommen“. Nicht viele Profis mit Napiers Qualität würden das über sich ergehen lassen. Gegen Baskonia spielte der US-amerikanische Point Guard nur 16 Minuten.

In der spannenden Partie stand es zur Pause remis (44:44), erst gegen Ende konnten die Bayern ihre Stärken richtig ausspielen. In der ersten, quasi Edwards-losen Halbzeit (Herbert: „Er war nicht da“) war vor allem Devin Booker in die Bresche gesprungen, gegen ein Laso-Team, das im Gegensatz zum Gastgeber mit einem positiven Lauf angereist war. Auch die Defensivarbeit kam erst im zweiten Spielabschnitt wirksam zur Geltung, als München die Spanier bei 36 Punkten hielt.

Hallo Vorgänger, servus Nachfolger: Pablo Laso (li.), im Vorjahr Bayern-Coach, wird von Gordon Herbert begrüßt. (Foto: Oryk Haist/Imago)

Um sich aber umfassend für die Schwächephase zu rehabilitieren, sollten die Bayern auch am kommenden Montag (20 Uhr, BMW Park) einen Sieg nachlegen. Erstens könnten sie dann gegen Rasta Vechta Wiedergutmachung betreiben – nach der knappen Bundesliga-Pleite am vergangenen Sonntag. Zweitens möchten sie ja im deutschen Pokalwettbewerb tunlichst nicht im Viertelfinale ausscheiden.

Ob die Defensive nun wirklich beständig stabiler agiert, wird sich erst noch zeigen, vorher sind keine Partys angesagt. Am Donnerstag gab es dafür aber auch noch einen anderen, viel ernsteren Grund. In einer Schweigeminute gedachten die Bayern dem verstorbenen Hauptsponsor und treuen Fan Bernd Siegmund. Unter anderem hatte er für das jüngste Pokal-Final-Four in München im vergangenen Februar seinen Namen gegeben. Es wäre ihm eine Freude gewesen, wenn die Bayern als Titelverteidiger erneut das Finalturnier erreichen.

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