FC Bayern Basketball:Endlich auf der guten Seite

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Hart in der Defense: Selbst Vechtas Topscorer Brandon Randolph (links) kommt nicht immer an Münchens Kevin Yebo vorbei. (Foto: Jenni Maul/Eibner/Imago)

Kevin Yebo hatte eine harte Kindheit, lebte im Heim, bis ihm ein Streetworker einen Basketball in die Hand drückte - da war er schon 16 Jahre alt. Nun spielt der 2,07-Meter-Mann beim FC Bayern – und überzeugt beim Pokalsieg gegen Vechta als Energielieferant.

Von Sebastian Winter

Kevin Yebo ist, wenn man so will, ein Straßenbasketballer, man spürte das erst so richtig, als man vor ihm stand an diesem Montagabend im BMW Park. Der Profi Yebo, von Tattoos übersät, 2,07 Meter groß, lächelte, gerade hatte seine Mannschaft, der FC Bayern München, sich mit einem überdeutlichen 103:67 (56:35)-Erfolg über Rasta Vechta für die Pokalendrunde Mitte Februar qualifiziert. Die Münchner, die dort im Halbfinale auf Weißenfels treffen, revanchierten sich damit acht Tage nach dem verlorenen Bundesliga-Duell gegen Vechta für die knappe Niederlage. Und Yebo hatte seinen Anteil am Erfolg: 19 Punkte, fünf Rebounds, drei Assists, eine Trefferquote von 89 Prozent aus dem Feld. „Heute habe ich gemerkt, dass ich auf der guten Seite war“, sagte er.

Yebo, 28, war mit diesen Werten nicht mal der auffälligste Spieler in diesem Pokal-Viertelfinale vor 6150 Zuschauern. Carsen Edwards ist in dieser Disziplin schwer zu schlagen, wenn er einmal aufdreht. Der Bayern-Shooter erzielte allein in der ersten Halbzeit 29 Punkte, das restliche Spiel durfte er vornehmlich pausieren. Mit seinem Auftritt ließ er selbst Brandon Randolphs Leistung verblassen, der Topscorer erzielte für Vechta 30 Punkte, ohne die Rasta ein noch weitaus größeres Debakel erlebt hätte. Edwards durfte sich dann auch deshalb fürs Euroleague-Heimspiel am Donnerstag gegen Maccabi Tel Aviv schonen, weil es Spieler gab, die in seine Lücke sprangen, wie Yebo: Es sei auch seine Aufgabe, „dass ich den Spielern, die in der Euroleague viele Minuten haben, auch mal Pausen geben kann“.

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Und damit zurück zum Straßenbasketballer Yebo: Auf einem seiner Tattoos steht „Sky“, Himmel also, auf einem anderen „Chaos“, und vielleicht passen diese beiden Tätowierungen ganz gut zu seinem Leben. Denn der Sohn einer Deutschen und eines Ivorers kam tatsächlich aus dem Chaos, bevor er sein Glück fand. Er verbrachte drei Jahre seiner Jugend in Bonn in einem Kinderheim, fernab der Eltern. Wenig Licht war da, viel Schwere, nur durch einen in Streetworker fand er aus dem Teufelskreis heraus. Immer und immer wieder ermutigte der Streetworker ihn, den Basketball in die Hand zu nehmen, sich damit abzulenken. Da war er schon 16.

„Ich bin nicht umsonst hierher geholt worden und langsam komme ich auch an.“

Sein Weg führte ihn dann von Sechtern über Leverkusen und Limburg nach Ehingen, Nachwuchsbundesliga, Regionalliga, harte Schule. Bei den Hamburg Towers unterschrieb er seinen ersten Profivertrag, bei den Niners Chemnitz den zweiten. Dort blühte er endlich auf, wurde in den vergangenen beiden Jahren fast aus dem Nichts zu einem der Topscorer der Bundesliga. Die Elfenbeinküste machte ihn zum Nationalspieler, auch die Bayern wurden auf Yebo aufmerksam und verpflichteten ihn in diesem Sommer. Er passt auch zu ihrem Plan, deutschen Spielern mehr Chancen zu geben. Diese sollen im nationalen Wettbewerb wegen der Ausländerbeschränkung auf dem Feld mehr Einsatzzeit erhalten.

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Yebo hatte allerdings Anlaufschwierigkeiten, „da gab es verschiedene Faktoren, die dazu beigetragen haben. Das waren persönliche und familiäre Faktoren, auf die ich jetzt gar nicht so eingehen will“, sagte er am Montagabend nach dem Vechta-Spiel. Aber eines wusste er: „Alles braucht Zeit. Und wenn man auch mal sein inneres Ego ausschaltet und auf die anderen hört, wird es besser. Ich bin nicht umsonst hierher geholt worden und langsam komme ich auch an.“

Er sieht seine Rolle darin, die Fans und Mitspieler mitzureißen, wenn er aufs Feld kommt, aber nicht nur das. „Ich bin dazu da, in der Defense zu ackern, dort die Point Guards zu verteidigen. Das ist etwas, das ich gerade sehr gut mache.“ Yebo geht also im Grunde auch dorthin, wo es weh tut – und er half den Bayern gegen Vechta enorm damit. Auch Münchens Coach Gordon Herbert lobte Yebo am Montagabend nach dem Pokalsieg: „Er spielt mit großer Energie und unorthodox, das gibt uns etwas, was wir sonst nicht haben. Und er ist defensiv sehr vielseitig und ein guter Passgeber.“

Yebo hat wohl genau dieses Spiel verinnerlicht. Damals, als er 16 war und damit begann, dem Dunkel seiner Jugend zu entfliehen.

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