Basketball-Playoffs:Finaleinzug mit dunklem Schatten

Basketball, BBL, 20210604, FC Bayern München - MHP RIESEN Ludwigsburg. Im Bild Leon RADOSEVIC (FC Bayern München, 43) an

Schreckmoment: Leon Radosevic liegt mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Hallenboden, Robin Amaize sorgt sich um den Teamkollegen.

(Foto: Markus Fischer /Imago Images)

Mit 82:73 im vierten Spiel wirft der FC Bayern die Riesen Ludwigsburg aus den Playoffs und zieht ins Endspiel ein - der Sieg kommt die Münchner aber teuer zu stehen.

Von Ralf Tögel

Andrea Trinchieri hatte allen Grund zur Freude, gerade war seine Mannschaft durch einen hart erkämpften 82:73-Sieg gegen die MHP Riesen Ludwigsburg in die Finalserie um die deutsche Meisterschaft eingezogen. Doch der Trainer der Basketballer des FC Bayern sagte: "Ich bin traurig und aufgebracht." Er sprach über die Verletzung von Leon Radosevic, die einen dunklen Schatten über den Triumph geworfen hatte, der Center war im letzten Viertel umgeknickt und mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Kabine gehumpelt.

Es ist schwer vorstellbar, dass der Deutsch-Kroate noch einmal auflaufen wird, damit fehlt den Bayern ein weiterer zentraler Akteur in der finalen Best-of-five-Serie um den Titel. Paul Zipser, in den vergangenen Partien einer der Besten im Team, war wegen einer Knieverletzung erst gar nicht aufs Feld gekommen.

Ausgerechnet Radosevic, klagte Trinchieri: "Er hat sich so für die Mannschaft aufgeopfert und eine tolle Serie gespielt." Vor allem in der Abwehr leistete der 31-Jährige bis zu seinem Ausscheiden Mitte des letzten Viertels wertvolle Schwerstarbeit.

Die Spieler sind nach einer langen Saison ausgepowert, das macht sie verletzungsanfälliger

Spiel vier der Halbfinalserie gegen die kampfstarken Ludwigsburger war mehr Abnutzungskampf als flotter Basketball, immer wieder purzelten die Akteure im Kampf um den Ball übereinander. Die oft gezeigte spielerische Leichtigkeit der Bayern war in allen der hart geführten Duelle gegen die Schwaben eher die Seltenheit, die Spieler sind nach dieser so eng getakteten Saison ausgepowert, 86 Spiele in Euroleague, Pokal und nun den Playoffs haben die Reserven angeknabbert, zudem gibt es kaum Möglichkeit zur Regeneration. Es ist der Wille, der die Akteure im Zwei-Tages-Rhythmus zu immer neuen Höchstleistungen antreibt, Training ist in diesen Phasen der Saison kaum mehr möglich, zudem sind die Kader aufgrund der steigenden Verletzungszahl ausgedünnt.

FC Bayern München v MHP Riesen Ludwigsburg - easy credit BBL

Rechtzeitig in Bestform: Robin Amaize (rechts), hier im Duell mit dem Ludwigsburger Jaleen Smith, war gegen Ludwigsburg mit 16 Punkten Topscorer.

(Foto: Alexandra Beier/Getty Images)

Auch am Freitag hatten die Ludwigsburger dem Favoriten alles abverlangt, Trainer John Patrick hatte ja schon nach der knappen 78:81-Niederlage am Mittwoch angekündigt, dass sich seine Mannschaft trotz des 1:2-Rückstands längst nicht aufgegeben hat. Und die Gäste hielten Wort, zwar kamen dieses Mal die Bayern besser ins Spiel und führten schnell 11:3, aber zur Pause verkürzte Riesen-Regisseur Jordan Hulls rechtzeitig per Dreier auf 34:41, der zwischenzeitlich zweistellige Vorsprung der Münchner war dahin.

Noch einmal enteilten die Gastgeber mit einer Energieleistung in den komfortablen Bereich (49:37), doch dieses Ludwigsburger Team war zu keiner Zeit bereit, den Widerstand aufzugeben: Yorman Polas Bartolo stopfte den Ball mit einem Dunking zum Ende des dritten Spielabschnitts zum 57:57-Ausgleich in den Korb, das Spiel war vor dem finalen Viertel wieder völlig offen. Der Riesen-Routinier erzielte wie Hulls zehn Punkte, Topscorer war Jamel McLean mit 17 Zählern.

Robin Amaize wird mit seiner besten Saisonleistung zum Matchwinner

Aber die Bayern haben neben ihrer Mentalität, die ihnen bisher in vielen engen Spielen geholfen hat, mehr individuelle Qualität im Kader. Erst krönte Topscorer Robin Amaize (16 Punkte) seine Leistung mit zwei Distanzwürfen, dann war Wade Baldwin mit zwei Dreiern zur Stelle, es waren die einzigen Punkte des Spielmachers in der gesamten Partie. Neben Amaize punkteten noch James Gist (11), JaJuan Johnson (10) und natürlich Vladimir Lucic (10) zweistellig, der Serbe wurde ja in das "First Team" der Euroleague gewählt, eine Auszeichnung, die noch keinem Bundesliga-Spieler zuteil wurde.

"Robin Amaize hat ein super Spiel gemacht und Lucic trifft jeden wichtigen Wurf", lobte selbst Gäste-Coach Patrick die auffälligsten Akteure. Die Fehlerquote indes war bei beiden Teams erneut sehr hoch, ein deutliches Indiz schwindender Kräfte, die Münchner verzeichneten 19 Ballverluste, die Ludwigsburger gar 21. Patrick war dennoch "sehr stolz" auf seine Spieler, die ohne Barry Brown auskommen mussten, den er aus disziplinarischen Gründen aus dem Kader verbannt hatte. Patrick habe sein Team trotz des ersten Platzes nach der Hauptrunde nie als Favorit gesehen und erinnerte an die extremen Herausforderungen in dieser Pandemie-Saison, von der er nun "positiv gestimmt" Abschied nahm.

Trinchieri zollte dem Gegner Respekt: "Ludwigsburg hat uns in einer harten Serie alles abverlangt." Ob nun Titelverteidiger Berlin oder Ulm Finalgegner werden, sei einerlei: "Beide Teams sind sehr gut, wir haben gegen beide im Pokal-Final-Four gespielt", man kenne sich. Viel wichtiger sei ihm, mit welchen seiner Spieler er in das Finale gehen kann, zumal dieses einen neuen, noch kraftraubenderen Modus habe. Zwei der möglichen fünf Partien werden an zwei Tagen hintereinander gespielt (Mittwoch/Donnerstag, 9./10. Juni; Samstag/Sonntag, 12./13. Juni), das eventuell nötige fünfte zwei Tage später (Dienstag 15. Juni).

Hoffnung dürfte dem Bayern-Coach die Leistung von Amaize in seinem bisher bestes Saisonspiel machen, auch der kürzlich zurückgekehrte Kapitän Nihad Djedovic spielte erstmals nahe seiner Normalform. Trinchieri erwartet jedenfalls die ultimative Herausforderung: "Die Endspiele werden etwas Neues für jeden sein, denn durch das Format musst du erst mal durchkommen: Zwei Spiele in 48 Stunden, ohne Pause. Und wir haben heute zwei Spieler verloren."

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Paul Zipser 16 (FC Bayern), FC Bayern Basketball vs. Panathinaikos Athen, EuroLeague, 04.03.2021 Muenchen Bayern Deutsch

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