Pleite in Augsburg:Bayerischer Abend der Ungemütlichkeit

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Auch Thomas Müller kam einfach nicht durch gegen diese Augsburger. (Foto: Christof Stache/AFP)

Ohne den erneut wegen Quarantäne fehlenden Joshua Kimmich verliert der FC Bayern beim FC Augsburg mit 1:2. Es ist die zweite Niederlage der Bundesligasaison - und sie könnte auf komplizierte Wochen hindeuten.

Von Sebastian Fischer

Marcel Sabitzer, Sommerzugang des FC Bayern von RB Leipzig, war bisher bei seinem neuen Arbeitgeber noch nicht besonders auffällig in Erscheinung getreten. Wenn er zum Einsatz kam, sah man seinem Spiel meist an, dass er noch dabei ist, die Kollegen kennenzulernen, manchmal streute er sogar bemerkenswerte Fehlpässe ein. Nun, in der Partie beim FC Augsburg, stand er zunächst mal gar nicht unbedingt wegen seiner Leistung im Blickpunkt. Es ging eher darum, dass er spielte, weil jemand anders auf der Position im zentralen Mittelfeld nicht spielte.

Kimmich spielt nicht - und ist doch Thema in Augsburg

Der FC Bayern verlor am Freitagabend sein zweites Spiel dieser Bundesligasaison, mit 1:2 (1:2) beim bayerischen Nachbarn und Abstiegskandidaten FC Augsburg. Und spätestens als die 35. Minute der Begegnung lief, da schien die Geschichte um dieses Spiel herum das Sportliche auf dem Rasen einzuholen. Sabitzer verlor den Ball im Mittelfeld gegen Augsburgs Stürmer Andi Zeqiri, der FCA konterte schnell über den linken Flügel, André Hahn traf in der Mitte per Kopfball. Und plötzlich lag der Rekordmeister mit 0:2 hinten.

Die Geschichte um das Spiel herum war diese: Am Nachmittag hatten die Bayern bestätigt, dass Joshua Kimmich wieder in Quarantäne muss, zum zweiten Mal als Kontaktperson eines Corona-Infizierten. Bei der Nationalmannschaft war es noch Teamkollege Niklas Süle gewesen, diesmal war es jemand aus Kimmichs privatem Umfeld. Zum zweiten Mal lag es an Kimmichs bekanntlich bislang fehlender Impfung. Und das an einem Tag, an dem in Berlin Regeln ausgearbeitet werden sollten, um womöglich die 2-G-Regel für Profisportler durchzusetzen.

Die Aus- und Nebenwirkungen der pandemischen Notlage im Land prägten das Spiel nicht nur auf der Position im zentralen Mittelfeld der Bayern. Neben Süle fehlte den Münchnern auch der positiv getesteten Ersatzverteidiger Josip Stanisic. Den Augsburgern fehlte positiv getestet der Stammflügelflitzer Ruben Vargas. Und womöglich zum letzten Mal für einige Zeit waren in Augsburg 26000 Zuschauer im Stadion, die meisten trugen eine Maske über Mund und Nase. Und viele von ihnen sangen am Ende trotzdem: "Oh, wie ist das schön."

"Die erste Halbzeit war schlecht", sagte Nationalspieler Thomas Müller, und wurde in der Einordnung der Niederlage ziemlich deutlich: "Für uns ist das ein bitterer Rückschlag in unserem Selbstverständnis, wie wir Spiele bestreiten wollen." Augsburgs Trainer Markus Weinzierl dagegen sagte: "Natürlich ist heute ein Feiertag."

Augsburg nahm die gesamte Ungemütlichkeit des feuchtkühlen Novemberabends zunächst besser an. Wenn es ungemütlich wird, dann entfalten die schier ewigen Abstiegskämpfer aus dem bayerischen Schwaben bekanntlich ihre Stärken, die Härte im Zweikampf, das nadelstichartige Kontern, Giftigkeit mit fußballerischen Mitteln in jeder Aktion. Schon das 1:0 in der 23. Minute fiel nach einer Hereingabe von der linke Seite, Mads Pedersen drückte den Ball über die Linie, und auch wenn ihn nicht direkt die Schuld traf: Bereits da kam der Kimmich-Ersatz Marcel Sabitzer zu spät. Kurz darauf folgte das zweite Augsburger Tor nach ähnlichem Muster, nur diesmal vollendete Hahn per Kopf.

Marcel Sabitzer kommt zu spät

Die Bayern verkürzten schnell auf 1:2, in der 38. Minute durch das 14. Saisontor von Robert Lewandowski am zwölften Spieltag. Doch die Aufholjagd begann so richtig erst kurz nach der Pause, mit zwei Wechseln von Trainer Julian Nagelsmann: Der zunächst geschonte Linksverteidiger Alphonso Davies kam für Omar Richards - und Jamal Musiala kam für Sabitzer. "Auf geht's Bayern, kämpfen und siegen", riefen die mitgereisten Fans aus München, so oft hat man das zuletzt auch nicht gehört.

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Dass Kimmich fehlte, aus so leicht vermeidbaren Gründen, das musste man bei dem Spielverlauf umso mehr immer wieder mitdenken. Er wäre es nun wohl gewesen, der seine Kollegen mit zusammengekniffenen Augen und weit aufgerissenem Mund brüllend angetrieben hätte. "Wenn die Politik das beschließt, würden wir das selbstverständlich akzeptieren", sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor dem Spiel beim Sender Dazn auf die Frage, was er über eine 2-G-Regel auf dem Platz denken würde, die natürlich nicht nur den Kader der Bayern um die ungeimpften Profis verkleinern würde.

Auch ohne Kimmich wehrte sich der Favorit gegen die Niederlage, hatte quasi pausenlos den Ball. Besonders der 18-jährige Musiala initiierte die Münchner Angriffe mit seiner immer wieder sagenhaften Ballgewandtheit. Doch Torchancen sprangen trotzdem vergleichsweise wenige heraus. Und zwischendurch flog ein Pass von Leon Goretzka ohne Bedrängnis auch einfach mal in hohem Bogen ins Aus. Es sah nach viel Frust aus, wenn die Kameras Nagelsmanns Gesichtsausdruck einfingen.

"Es nervt und beschäftigt einen. Keiner fragt etwas zu Augsburg, wir reden nur über die Pandemie", hatte Nagelsmann in der Pressekonferenz vor dem Spiel gesagt, und als dann doch jemand nach Augsburg fragte, hatte der Trainer referiert, es handele sich um die am "zweittiefsten" in der eigenen Hälfte stehende Mannschaft der Liga. Das bekamen die Bayern in der Schlussphase zu spüren, Augsburg schlug den Ball nur noch hinaus, die Vierer-Abwehrkette verteidigte oft am eigenen Fünfmeterraum, aber dies konzentriert und aufopferungsvoll. Und auch wenn Lewandowski noch eine große Chance vergab, die Augsburger verteidigten bis zum Schluss erfolgreich.

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