FC Bayern:Auf der Suche nach einem Platz

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Der Ball ist sein Freund, aber er kann es selten zeigen: Mario Götze wurde beim 5:0 gegen den Hamburger SV in der zweiten Halbzeit eingewechselt.

(Foto: Bernd König)
  • Beim FC Bayern versuchen sie seit Wochen, kein Thema aus Mario Götzes Zukunft zu machen - es gelingt nicht.
  • Obwohl Götze mit dem Vorsatz aus der Sommerpause gekommen ist, sich in seinem dritten Jahr beim FC Bayern endgültig durchzusetzen, geht es immer wieder um einen Wechsel.
  • Götze selbst sieht sich beim FC Bayern, und er sieht sich am liebsten auf einer Position in der Mitte. Aber da ist wenig Platz für ihn.

Von Benedikt Warmbrunn

Zu den bewundernswerten Eigenschaften des Sportvorstands Matthias Sammer gehört es, dass er ein Thema groß machen kann, indem er behauptet, es verschwinden lassen zu wollen. "Es wird nicht besser, wenn wir permanent darüber reden", sagte Sammer am Montagabend in Dresden. Anschließend redete er so permanent über Mario Götze, dass es am Dienstagmorgen beim FC Bayern überhaupt kein anderes Thema mehr geben konnte.

"Können wir uns auf eins einigen: Wir lassen Mario jetzt einfach mal Fußball spielen", sagte Sammer, nachdem Götze beim 3:1 (1:0) im Benefizspiel beim Drittligisten Dynamo Dresden einfach mal 81 Minuten lang Fußball gespielt hatte. Und Sammer sagte: "Er genießt unser Vertrauen." Und Sammer sagte: "Lasst den Jungen einfach mal in Ruhe!" Und Sammer sagte: "Wir arbeiten, geben Gas und nehmen den Mario in den Arm."

Und Sammer sagte zu dem permanenten Gerede: "Das war jetzt das letzte Mal."

Der Vorsatz, sich endgültig durchzusetzen

Eigentlich erlebt Mario Götze gerade einen unscheinbaren Sommer, auch gegen Dresden spielte er unauffällig. Nur einmal äußerte er sich sehr uneindeutig zu seiner Zukunft ("Wir werden jetzt mal sehen, was passiert") und sehr eindeutig zum Verhältnis zu Trainer Pep Guardiola ("Es wird sich herausstellen, ob er häufiger mit mir spricht") - einen Abend später nahm er die Zitate prompt wieder zurück. Ansonsten hat er in diesem Sommer wenig gesagt, und weil bei ihm jedes Wort immer in jede Richtung gedehnt wird, war das kein Wort zu wenig. Dafür sprechen andere umso häufiger über ihn.

Im Verein versuchen sie seit Wochen mit einer erstaunlichen Hartnäckigkeit, kein Thema aus Götzes Zukunft zu machen, so dass es eben doch ein Thema bleibt. Immer wieder geht es dabei um einen möglichen Wechsel, obwohl Götze mit dem Vorsatz aus der Sommerpause gekommen ist, sich in seinem dritten Jahr beim FC Bayern endgültig durchzusetzen. Vor Sammer sprach zum Beispiel Karl-Heinz Rummenigge über den 23-Jährigen. Der Vorstandsboss sagte vor dem Bundesliga-Auftakt am Freitag, bei dem Götze gegen den Hamburger SV nur 25 Minuten lang einfach mal Fußball spielen durfte: "Er hat dem Klub mitgeteilt, dass er hier bleiben will." Es folgte der sehr uneindeutige Nachsatz: "Wenn keine neue Initiative kommt, ist der Deckel drauf." Guardiola hatte zudem vor zwei Wochen Götze zu "einem meiner liebsten Spieler" erklärt.

Zu einem der liebsten Spieler allerdings, für die in Guardiolas an liebsten Spielern reichem Kader kaum Verwendung bleibt.

Links spielt Costa, rechts spielt Robben

Ein Jahr, nachdem Götze als Finaltorschütze der WM in Rio de Janeiro sein feinfüßiges Talent nachgewiesen hatte, bleibt er beim FC Bayern ein Spieler auf der Suche nach seinem Platz. Und in diesen Wochen wirkt das so, als ob Mario Götze als FC-Bayern-Spieler auch weiter auf der Suche nach sich selbst ist - nach diesem besonderen Spieler, der bei Borussia Dortmund eine Attraktion der Liga war.

In der vergangenen Saison ersetzte Götze gelegentlich den verletzten Franck Ribéry auf der linken Seite, auch dort hat er diese selten sanfte Ballführung, ihm fehlt aber oft das Tempo, um in die Gefahrenzone zu stoßen. Insgesamt traf Götze in der Bundesliga neunmal, meist gegen überforderte Gegner; seit Mitte Februar wartet er in der Liga auf ein Tor. Da er zudem selten als Vorbereiter aufgefallen ist, zweifeln sie im Verein daran, ob Götze auf dem Flügel richtig aufgehoben ist - gezeigt hat sich das vor allem in der Verpflichtung von Douglas Costa.

Der Brasilianer hat Götze vorerst auf der linken Seite verdrängt, rechts ist Robben gesetzt; hinzu kommt der weiter verletzte Ribéry. Auch Götze dürfte zudem nicht entgangen sein, dass der FC Bayern um einen zusätzlichen Flügelspieler wirbt, zum Beispiel um Kingsley Coman von Juventus Turin. Ein Tauschgeschäft des Deutschen mit dem Franzosen können sich manche vorstellen - am wenigsten jedoch Mario Götze selbst.

Es droht die Rolle des Einwechselspielers

Dieser sieht sich beim FC Bayern, und er sieht sich am liebsten auf einer Position in der Mitte. Aber auch dort ist in Guardiolas Aufstellungen an liebsten Spielern kaum Platz für ihn. In der Spitze ist Robert Lewandowski gesetzt, gegen den HSV spielte hinter ihm erst Robben, dann Thomas Müller. Weiter hinten, im Spielaufbau, vertraut Guardiola den Passmaschinen Xabi Alonso, Thiago Alcántara oder dem im Sommer verpflichteten Arturo Vidal. Götze droht daher weiter die Rolle, die er gegen den HSV hatte: die des Einwechselspielers, der nie lange einfach mal Fußball spielen darf.

So hatte er zum Auftakt seine auffälligste Szene erst nach dem Abpfiff. Ein Fan war auf Götze zugestürmt, mit der Bitte um dessen Trikot. Eskortiert von grimmigen Ordnungshütern schlurfte der Fan aus dem Innenbereich der Arena, Götze lief ihm hinterher, so unkompliziert und nahbar, wie ihn nur wenige sehen. Der Fan wollte sein Trikot, sagte Götze später den Journalisten, mehr sagte er nicht. Er kennt die Fragen, er kennt die Antworten, und er weiß, dass ihm Worte zurzeit nicht helfen.

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