Xavi beim FC Barcelona:Barça löst sich auf wie Würfelzucker

Xavi beim FC Barcelona: Abdessamad Ezzalzouli (links) und der FC Barcelona verspielten eine Drei-Tore-Führung in Celta Vigo.

Abdessamad Ezzalzouli (links) und der FC Barcelona verspielten eine Drei-Tore-Führung in Celta Vigo.

(Foto: Lalo R. Villar/AP)

Das 3:3 bei Celta de Vigo nach 3:0-Halbzeitführung beweist: Der neue Trainer Xavi Hernández hat eine enorme Aufgabe vor sich. Der Klub kämpft mit der desaströsen Finanzlage - stellt aber Zugänge in Aussicht .

Von Javier Cáceres

Am Samstagvormittag landete Xavi Hernández in Barcelona, und sein erster Ausflug war Absichtserklärung und Suche nach Trost zugleich. Xavi, der in der Nacht zum Samstag als neuer Barça-Coach bestätigt wurde und am Montag einen Vertrag bis 2024 unterschreiben wird, wurde im Estadi Johan Cruyff vorstellig, um dem Spiel der zweiten Mannschaft gegen den FC Sevilla B beizuwohnen. Barça B siegte 4:0, und das hieß: Es gibt eine Zukunft. Denn wenn es einen Fan der Nachwuchsarbeit gibt, dann die Klub-Legende Xavi, der kurz zuvor begutachten musste, welch Quell der Tristesse die Gegenwart ist.

Am Fernseher hatte Xavi gesehen, wie Barça bei Celta de Vigo zur Halbzeit durch Tore von Ansu Fati, Sergio Busquets und Memphis Depay (4., 17., 33.) mit 3:0 in Front lag, und wie sich das Team nach und nach auflöste wie ein Stückchen Würfelzucker. Fati verletzte sich vor der Pause (und fällt damit auch für die wichtigen WM-Qualispiele der spanischen Nationalelf aus). Danach mussten Nico und Eric García gehen und ließen die Zahl der Blessierten auf elf anwachsen. Kurz nach der Pause patzte Marc-André ter Stegen und Celta verkürzte durch Iago Aspas; Nolito traf zum 2:3, und als die ursprünglich angezeigte Nachspielzeit längst abgelaufen war, traf Aspas erneut. Barcelonas Profis brachen zusammen, im wörtlichen und übertragenen Sinne; Bayerns Champions-League-Gegner hat in La Liga nun schon zehn Punkte Rückstand auf Real Madrid. "Xavi hat Arbeit vor sich", schlussfolgerten El Mundo Deportivo und Sport in seltener Wortgleichheit am Sonntag.

Dass es sogar viel Arbeit sein würde, war Xavi, 41, bewusst, als er die Stelle annahm und sogar entschied, Einbußen beim Einkommen in Kauf zu nehmen. Er wird sich bei Barça finanziell verschlechtern, überdies trägt er die Hälfte der Vertragsauflösungsstrafe, die sein katarischer Ex-Klub Al Sadd einstreicht. Barça hat vom spanischen Ligaverband LFP eine finanzielle Zwangsjacke angelegt bekommen und darf deshalb nicht ohne Weiteres Geld ausgeben. Was die Frage aufwirft, wie die drei Winter-Zugänge finanziert werden sollen, die Präsident Joan Laporta am Freitag in Aussicht stellte. Barcelona plagen 1,3 Milliarden Euro Schulden, in der vergangenen Saison wurde ein Verlust von 487 Millionen Euro angehäuft. Diese Zahl sorgt gerade wieder für Gesprächsstoff.

Am Montag wird Xavi im Camp Nou vorgestellt

Wie die LFP bestätigte, soll die oberste spanische Sportbehörde CSD gutachterlich klären, inwiefern der letztjährige Verlust ausschließlich dem vor knapp einem Jahr zurückgetretenen Präsidium anzulasten ist. Eine neue Interpretation der Zahlen könnte dazu führen, dass der seit März amtierende Laporta und seine Präsidiumskollegen für einen höheren Anteil des Budgets bürgen müssten als bisher.

Das Klubpräsidium muss für 15 Prozent des Etats bürgen, bei Verlusten erhöht sich der Betrag, aktuell kommt man so so auf 125 Millionen Euro. Nach Berechnungen des Branchendienstes Playbook2 könnten es aber bald mehr als 200 Millionen Euro sein. Es gibt Bestrebungen, die Gesetzlage zu ändern, sollte das aber nicht geschehen, könnte das zu weiteren Problemen führen: Schon bei Amtsantritt hatten Laporta und seine Kollegen Schwierigkeiten, Geldgeber zu finden, um die Bürgschaften zusammenzukratzen.

Bis sich dies auflöst, werden noch Wochen ins Land gehen. Der Montag soll nun jedenfalls ein Tag der Hoffnung werden. Xavis Einstands-Pressekonferenz wird ein Empfang durch die Fans vorgeschaltet sein, das Stadion Camp Nou öffnet die Tore. "Dies ist die größte Herausforderung meiner Karriere", hatte Xavi am Wochenende gesagt - und keinen Widerspruch geerntet

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