FC Barcelona:Welchen Trainer will Messi?

FC Barcelona: Lionel Messi im Spiel gegen Gijon.

Lionel Messi im Spiel gegen Gijon.

(Foto: AFP)
  • Luis Enrique hört im Sommer als Trainer des FC Barcelona auf und die Spekulationen, wer sein Nachfolger werden könnte, haben begonnen.
  • Thomas Tuchel ist in Spanien angesehen und hat mit Pep Guardiola einen prominenten Fürsprecher.
  • Doch Lionel Messi bevorzugt angeblich Landsmann Jorge Sampaoli.

Von Javier Cáceres

Das sei dann jetzt die letzte Frage gewesen, sagte der Presseattaché des FC Barcelona im Mediensaal des Camp-Nou-Stadions, und was niemand ahnte: Es war ein verabredetes Zeichen, auf das hin Barças Trainer Luis Enrique das Wort noch einmal ergriff.

Er wolle die Gelegenheit nutzen, um die Pressekonferenz "anders als sonst zu beenden", sagte er, und ließ einen Satz folgen, der zwar seit Monaten erwartet worden war, wegen seiner unerwarteten Terminierung aber doch die Wucht einer Bombe entfaltete: "Ich kündige euch heute an, dass ich in der kommenden Saison nicht mehr Trainer des FC Barcelona sein werde."

Luis Enrique, 46, stellte damit alles, was an diesem Mittwoch in Spanien Gesprächsthema war, in den Schatten. Den 6:1-Sieg Barcelonas gegen seinen Heimatverein Sporting Gijón sowieso; auch das spektakuläre 3:3 von Real Madrid gegen UD Las Palmas, durch das die Tabellenführung einstweilen in die Hände Barças fiel. Der Grund für seine Entscheidung liege "in meiner Art, diesen Beruf zu leben", sagte er, und meinte: "Die unendliche Suche, meine Elf besser zu machen." Das sei derart aufreibend, dass Luis Enrique, einst Profi bei Sporting Gijón, Real Madrid sowie Barcelona, hernach Trainer bei Barça B, dem AS Rom sowie Celta de Vigo, nun ein Sabbatical anstrebt: "Ich werde es am Saisonende nötig haben, mich auszuruhen."

Überraschend kam sein Abschied insofern nicht, als dass sich Barcelona schon seit dem Spätherbst auf eine Ablösung des Trainers einstellt. Vor der krachenden 0:4-Achtelfinal-Pleite bei Paris Saint-Germain (Rückspiel am Mittwoch) war gar spekuliert worden, er könne vorzeitig aus seinem bis zum 30. Juni laufenden Vertrag entlassen werden. Davon ist keine Rede mehr, Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu feierte Luis Enrique Martínez García, wie er mit vollem Namen heißt, am Mittwoch als "Legende". Damit steht fest: Luis Enrique wird drei Jahre als Barça-Coach komplettieren - eins weniger als sein Freund Josep Guardiola (2008-2012).

Der meldete sich am Mittwoch nach dem 5:1-Pokalsieg seines jetzigen Teams Manchester City gegen Zweitligist Huddersfield zu Wort: "Da ich den Ort ein bisschen kenne, verstehe ich ihn perfekt", sagte Guardiola: "Für mich als Barça-Fan ist dies ein trauriger Tag, denn es gibt nur wenige Trainer, die es besser könnten als Luis Enrique. Als Barça-Trainer musst du dein Ding machen, wenig zuhören und viele, mitunter unpopuläre Entscheidungen treffen. Luis Enrique konnte das wie kein Zweiter." Und: "Seine Elf hat gespielt wie keine andere. Sie ist die beste der Welt."

Luis Enrique macht tatsächlich gern sein Ding, er hat einen Hang zur Starrköpfigkeit. Und dass er zu unbequemen Entscheidungen fähig war, stellte er in seiner ersten Saison bei Barça (2014/15) unter Beweis, als er mit dem Klub-Heiligen Leo Messi aneinandergeriet. Bei einer Trainingspartie annullierte er ein Tor des argentinischen Superstars; nachdem dieser darob ausrastete, setzte ihn Luis Enrique beim folgenden Punktspiel bei Real Sociedad San Sebastián auf die Bank.

Spanische Zeitungen nennen selbst Klopp als Kandidaten

Messi schmollte, ließ ein Training sausen und schnitt seinen Trainer. Doch die Reibung produzierte eine der ertragreichsten Spielzeiten der Barça-Geschichte. Die Katalanen holten das Triple, also Meisterschaft, Cup und Champions League. Erst nach dem Königsklassen-Finale von Berlin gegen Juventus Turin (3:1) gab es eine Versöhnung, Messi und Luis Enrique umarmten sich. Am Mittwoch aber war Messi unter den Spielern, die kein Wort über die Demission verloren. Nur der frühere Schalker Ivan Rakitic stellte sich der Presse und sagte, ihm und den Kameraden habe "der Mund offen gestanden", als der Trainer nach seinem 125. Sieg im 164. Pflichtspiel (465:126 Tore) in der Kabine seinen Abschied verkündete - und damit endgültig die Frage aufwarf, wie es nun weitergeht.

Acht Titel mit Barça

1 Champions League (2014/15)

2 Spanische Meisterschaften (2014/15, 2015/16)

2 Spanische Pokale (2014/15, 2015/16)

1 Spanischer Supercup (2016)

1 Europäischer Supercup (2015)

1 Weltpokal (2015)

Der Tanz der Kandidaten läuft schon länger, auch Deutsche werden genannt. Barcelonas Sportzeitungen El Mundo Deportivo und Sport brachten am Donnerstag Jürgen Klopp (FC Liverpool) ins Gespräch, doch dessen Chancen gelten als inexistent.

Naheliegender wäre ein Coach, der am Donnerstag bei den Buchmachern in England unter den Top Vier der Kandidaten gehandelt wurde: Thomas Tuchel von Borussia Dortmund. Er ist in Spanien angesehen und hätte in Guardiola einen prominenten Barça-Bürgen. Der empfahl ihn einst dem FC Bayern als Nachfolger. Aber Guardiolas Einfluss auf Barças Führung ist begrenzt, und diese lässt durchsickern, dass man einen spanienerprobten Trainer möchte, gerne einen früheren Barça-Profi. Da Ronald Koeman (FC Everton) und Eusebio Sacristán (Real Sociedad) abgewunken haben, spricht viel für Ernesto Valverde (Athletic Bilbao). Doch die entscheidende Frage ist: Wen will Messi als Coach?

Messi steht derzeit selbst in Vertragsgesprächen mit Barça, dabei geht es auch um die Frage, wer Trainer wird. Angeblich favorisiert Messi seinen Landsmann Jorge Sampaoli, der wiederum wild darauf ist, Messi zu trainieren. Aber wie Valverde bei Athletic ist Sampaoli noch beim FC Sevilla unter Vertrag. Allein deshalb muss wohl damit gerechnet werden, dass Barça bis zum Juni wartet, ehe der neue Trainer verkündet wird. Denn die Saison ist für alle Beteiligten noch außerordentlich lang.

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