Süddeutsche Zeitung

FC Barcelona:Messi schweigt

Bleibt er? Geht er? Der katalanische Klub bangt immer heftiger um seinen Kapitän - der hat die Gespräche über eine Vertragsverlängerung auf Eis gelegt.

Von Javier Cáceres, Lissabon

Wer sich am Montag einen Begriff davon machen wollte, wie groß die Panik ist, die sich in Barcelona nach dem 2:8 gegen den FC Bayern in der Champions League breit macht, musste nur RAC1 hören. Im katalanischen Radiosender meldete sich Ada Colau zu Wort. Die Bürgermeisterin Barcelonas sprach von Messi, als wäre er die Sagrada Familia, die von Gaudí erdachte, noch lange nicht fertiggestellte Kathedrale der katalanischen Kapitale. Lionel Messi dürfe nicht gehen, sagte also Colau: "Er ist eine von Barcelona und Barça nicht zu trennende Ikone."

Nur: Was, wenn Messi um die Freigabe bittet wie vor wenigen Jahren die Barça-Legenden Xavi und Iniesta?

Auch am Montag wartete das Fußvolk weiter auf Worte des 33-jährigen Barça-Kapitäns. Dafür gab es umso mehr Gerüchte. Für Furore sorgte dieses: Ein in Barcelona ansässiger, brasilianischer Reporter versicherte dem TV-Sender Esporte Interativo, Messi habe der Barça-Führung mitgeteilt, er wolle den Klub verlassen. Und zwar nicht am Ende seines aktuellen Vertrages, also im Sommer 2021. Sondern sofort. Dass es jener Reporter war, der 2017 Neymars Abschied zu Paris Saint-Germain exklusiv vermeldete, verlieh ihm eine gewisse Glaubwürdigkeit. Aber: Damals war ihm die Geschichte offenkundig von Neymars Lager gesteckt worden, aus Verärgerung über eine ausbleibende Millionenzahlung, wegen der sich Neymar und Barça letztlich vor Gericht sahen. Und anders als damals dementierte Barça diesmal die Meldung.

Messis Verärgerung ist stadtbekannt

Selbst wenn sie stimmen sollte, wäre ungewiss, was daraus folgen würde. Messis Ablösesumme ist vertraglich bei 700 Millionen Euro festgeschrieben - ein Betrag, der schon unter normalen Umständen schwer aufzubringen ist, in Zeiten der Corona-Krise noch viel mehr. Zudem verdient Messi zurzeit rund 50 Millionen Euro jährlich - netto. Dass Barças Präsident Josep María Bartomeu mit sich handeln lässt und auf einen etwaigen Wunsch Messis eingeht, den Vertrag freundschaftlich aufzulösen, erscheint unvorstellbar. Dann müsste er im Stile des von Steuerproblemen gepeinigten Ex-König Juan Carlos das Land verlassen. Wobei Bartomeu, anders als der emeritierte spanische Monarch, nicht auf die Hilfe des spanischen Geheimdienstes zählen könnte, der in diesen Tagen angeblich den Aufenthaltsort von Juan Carlos verbirgt.

Da Messis Verärgerung stadtbekannt ist - er hat die Gespräche über eine Vertragsverlängerung auf Eis gelegt -, überstrahlte Barças Kapitän sogar die außerordentliche Präsidiumssitzung, in der es am Montag um die Möglichkeit vorgezogener Neuwahlen und um den bisherigen Trainer Quique Setién ging; am Abend folgte die Bestätigung seiner Entlassung. Bei der Sitzung wurde auch beschlossen, dass die Mannschaft komplett umgebaut werde. Angeblich hat sich der Klub mit dem früheren Barça-Profi Ronald Koeman geeinigt. Er soll als Coach vorgestellt werden, sobald er seinen Vertrag als niederländischer Nationaltrainer aufgelöst hat.

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SZ vom 18.08.2020/tbr
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