FC Augsburg:Zurück in die Mitte

Neuzugang Tin Jedvaj FC Augsburg 18 spielt den Ball FC Augsburg Training Saison 2019 2020 ***

„Ich wollte zu einem Verein wechseln, wo ich jedes Wochenende spiele. Auf meiner Position. Nicht einmal rechts außen, einmal links außen, einmal innen. Ich hatte darauf keinen Bock mehr.“ – Tin Jedvaj.

(Foto: Klaus Rainer Krieger / imago)

Tin Jedvaj soll beim FCA die Abwehrsorgen mindern - und will sich für Kroatiens Nationalelf empfehlen, auf seiner Lieblingsposition.

Von Sebastian Fischer

Zweimal stand er am langen Pfosten frei, zweimal hatte unter anderem Sergio Busquets vom FC Barcelona ihn nicht gedeckt, zweimal traf er vorbei an David de Gea von Manchester United ins Tor, einmal mit einem Kopfball, einmal mit einem Schuss. Nach seinem zweiten Treffer kamen seine Mitspieler auf ihn zugelaufen, Dejan Lovren vom FC Liverpool war der erste Gratulant. Und Tin Jedvaj, man sieht das auf den Videobildern, genoss den Jubel. Im Stadion von Zagreb wurde es laut. Es war das Tor zum 3:2-Sieg Kroatiens gegen Spanien im November 2018.

Es sind auch solche Momente im Kreise der besten Spieler Europas, die den Ausschlag gaben, dass der Verteidiger Jedvaj, 23, nun für ein Jahr für einen Klub spielt, der vor nicht allzu langer Zeit mit dem Slogan warb, dass ihn in Europa "keine Sau" kennt. Jedvaj möchte 2020 für Kroatien bei der Europameisterschaft spielen. Und deshalb spielt er nun erst mal in der Abwehr des FC Augsburg.

Tage wie der Dienstag sind in der mehr als achtjährigen Bundesligageschichte des FCA noch nicht häufig vorgekommen. Trainer Martin Schmidt trat gleich mit zwei Zugängen vor die Kameras der Fotografen, und beide sind Fußballer, die man in Europa kennt. Die Verpflichtung von Stephan Lichtsteiner, 35, seit Sommer vereinslos, aber davor beim FC Arsenal und siebenmal italienischer Meister mit Juventus Turin, war schon seit Montag öffentlich, sie allein war schon durchaus das, was man einen Coup nennen kann. Dann gab der Klub am Morgen darauf auch die einjährige Ausleihe Jedvajs von Bayer Leverkusen bekannt.

Beim chancenlosen 1:5 zum Auftakt bei Borussia Dortmund war relativ offensichtlich geworden, dass Augsburg noch Verstärkungen für die Defensive braucht, schon beim Pokalaus beim Viertligisten Verl hatte die Abwehr nicht sicher gewirkt, die Verantwortlichen arbeiteten schon seit Wochen daran, noch einen Innenverteidiger und einen Rechtsverteidiger zu verpflichten. Dass sie Lichtsteiner und Jedvaj bekamen, dürfte sie selbst ein wenig überrascht haben. "So etwas habe ich noch nie gemacht", sagte Lichtsteiner über seinen Wechsel zu einem kleinen Klub, mit dem er nun um den Klassenverbleib kämpft. Die Herausforderung, nochmals eine Führungsrolle zu übernehmen, die Nähe zur Heimat in der Schweiz und die Bundesliga, in die er wohl schon 2018 gerne gewechselt wäre, gaben den Ausschlag. Damals scheiterte ein Wechsel zu Borussia Dortmund. Für Jedvaj, der auch Interesse aus Spanien und Italien auf sich gezogen haben soll, war der Wechselgrund die Perspektive auf Spielpraxis. "Ich habe nächsten Sommer hoffentlich die EM mit Kroatien, wenn wir uns qualifizieren. Ich bin Stammspieler bei Kroatien. Und ich will in guter Form sein, das ist wichtig für mich persönlich", sagte Jedvaj nach dem Training am Mittwoch. "Deswegen wollte ich zu einem Verein wechseln, wo ich jedes Wochenende spiele. Auf meiner Position. Nicht einmal rechts außen, einmal links außen, einmal innen. Ich hatte keinen Bock mehr darauf."

In Leverkusen spielte Jedvaj in keiner Saison häufiger als in seiner ersten 2014/2015, als er als 18 Jahre altes Talent zunächst noch von AS Rom zu Bayer 04 ausgeliehen war, bevor Leverkusen ihn im Winter fest verpflichtete. 18 Mal stand er in der Bundesligastartelf, mehr Einsätze verhinderte ein Muskelfaserriss. Doch danach war er immer wieder verletzt, zweimal eine Oberschenkelverletzung, ein Haarriss im Schienbein. "Ich hatte viel Pech", sagt er. Wenn er spielte, dann zuletzt eher mal rechts in der Abwehr, mal links, auch für Kroatien. Bei der WM 2018, als Kroatien erst im Finale gegen Frankreich verlor, machte er ein Spiel gegen Island in der Gruppenphase als Rechtsverteidiger. "Meine Position ist Innenverteidiger", sagte er am Mittwoch. Doch dort war in Leverkusen die Konkurrenz zu groß. Am ersten Spieltag saß er auf der Bank.

Jedvaj misst 1,84 Meter, er ist also nicht der größte Verteidiger, aber er ist sprungstark und durchaus schnell. Sein Spiel ist nicht unbedingt das in Augsburg standardmäßig praktizierte, er bevorzugt den kurzen vor dem langen Pass, er ist technisch stark. Aber beim FCA ist er als Innenverteidiger eingeplant, am Samstag gegen Union Berlin wohl entweder neben Rani Khedira oder neben Zugang Marek Suchy.

"Dieser Verein hat noch viel Luft nach oben", sagte Jedvaj am Mittwoch über den FC Augsburg. Und vielleicht wusste er, dass es ein Satz war, den er so ähnlich auch über sich sagen könnte.

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