FC Augsburg:Weinzierl nach dem Aus: "Glückwunsch an uns selbst"

FC Liverpool - FC Augsburg

Stolz an der Anfield Road: Augsburgs Trainer Markus Weinzierl.

(Foto: dpa)
  • Der FC Augsburg scheitert in der Europa League am großen FC Liverpool.
  • Ein Elfmeter in der fünften Minute wird "Augsböörg" zum Verhängnis.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Europa League.

Von Jonas Beckenkamp, Liverpool

Es ist nicht ganz einfach, die Menschen aus Liverpool zu verstehen, sie sprechen einen ziemlichen Slang. Doch zum Glück gibt es im Fußball Momente, in denen Verständigung auch anders möglich ist. Das Publikum an der Anfield Road ist für seinen Sportsgeist bekannt, und es brauchte keine Worte, um an diesem Abend zutiefst britisches Brauchtum zu demonstrieren: Applaus bekommt hier auch ein unterlegener Gegner. Und zwar völlig ernst gemeint. Als das 1:0 (1:0) des FC Liverpool gegen den FC Augsburg im Sechzehntelfinale der Europa League in den Büchern stand, klatschten noch einmal tausende Engländer in die Hände.

Dieses "Augsböörg", wie es zuvor vielfach vom Stadionsprecher genannt wurde, verdiente Anerkennung. Und Markus Weinzierl, der Augsböörger Trainer, bekam beim Gang in die Kabine tatsächlich von einigen Fans der "Reds" aufmunternd die Hand geschüttelt. Dass seine Mannschaft sich nun von den Ausgeh-Abenden unter der Woche verabschieden muss, konnte Weinzierl so ein wenig leichter verkraften. "In Europa kennt uns keine Sau" hatte ja das Motto der überraschend lang anhaltenden Augsburger Rundreise gelautet - an ihrem Ende lässt sich nun bilanzieren: Die Kennenlernphase war eigentlich zu schön, um so jäh unterbrochen zu werden.

Hoch anständig mitgehalten

Der FCA hat für seine Verhältnisse auch in dieser Runde wieder höchst anständig mitgehalten, keine Frage. In zwei Spielen war man nur um ein verflixtes Törchen schlechter als der große FC Liverpool mit seinem nicht minder großen Coach Jürgen Klopp. Andererseits: Musste es unbedingt auf diese Weise passieren? In einer Partie, die auch anders hätte laufen können? Ein Elfmetertreffer von James Milner (fünfte Minute) entschied dieses intensive Duell, nachdem Dominik Kohrs Hand beim Kopfballversuch irgendwie den Ball touchiert hatte. Danach spielte Augsburg mal fahrig, mal widerspenstig, aber insgesamt eben erfolglos.

"Der Elfmeter war unglücklich, aber bei mir überwiegt ganz klar der Stolz", sagte Weinzierl, der tatsächlich ziemlich von den Eindrücken geplättet wirkte.

Für die Europapokal-Erstsemester aus Schwaben war es ja nicht irgendein Spiel in irgendeinem Stadion. Es war die Anfield Road. Mit all ihren Mythen, dem hinreißenden Chor zu "You'll never walk alone" und dem Charme des "Muss-man-mal-erlebt-haben". Und mittendrin der kleine FC "Augsböörg". Entsprechend feierlich holte Weinzierl zu einem unverblümten Eigenlob aus, als er auf der Pressekonferenz das Aus einordnen sollte: "Glückwunsch an uns selbst zu der Visitenkarte, die wir in diesem Wettbewerb hinterlassen haben. Wir haben toll gefightet, so wie die ganzen Wochen zuvor auch."

Ein Scoop wäre möglich gewesen

Gegen ein Millionen-Team wie den FC Liverpool derart lange die Spannung aufrecht zu erhalten, sei "ein Riesenkompliment wert." Ähnliche Erlebnisberichte steuerten auch andere Beteiligte bei. Manager Stefan Reuter attestierte den eigenen Leuten einen "super Auftritt" und selbst Jürgen Klopp verteilte artig Lob ("Augsburg war verdient in dieser Runde, sie können stolz sein"). Bei all der Schwärmerei ging fast unter, dass es auch eine Partie der verpassten Chancen war - und zwar auf beiden Seiten. Ohne die Paraden von Torwart Marwin Hitz wäre Augsburg nie in der Lage gewesen, das Spiel offen zu halten.

Zugleich wäre mit ein wenig mehr internationaler Abgebrühtheit auch ein Scoop drin gewesen, bei dem Liverpool wohl den Blues gekriegt hätte. "Klar ist jetzt auch Enttäuschung da, dass wir raus sind. Wir hatten durchaus unsere Möglichkeiten", haderte Reuter, dem sich besonders zwei Einschusschancen von Jan Moravek und Alexander Esswein in der Schlussphase ins Gedächtnis gebrannt hatten.

Zu viele Ausfälle schwächen Augsburg

Auch Stürmer Caiuby und der griechische Abwehrmann Konstantinos Stafylidis hatten Anfield noch erzittern lassen. Doch ins Tor wollte trotz deutlich gesteigertem Offensivmut ab der 70. Minute kein Augsburger Versuch.

Am Ende mussten die Gäste aus Germany erkennen, dass ihr Europatrip doch ganz schön Substanz gekostet hat. Ohne verletztes Stammpersonal wie den Mittelfeldlenker Daniel Baier, den Koreaner Hong oder Angriffsmaschine Raul Bobadilla (konnte angeschlagen nur 18 Minuten mitmachen) fehlt dem FCA die Qualität für größere Abenteuer. Die vielen Ausfälle haben Weinzierl ganz schön die Tour vermasselt - trotzdem wollte er Liverpool letztlich mit einer hoffnungsvollen Note verlassen: "Für mich bleibt als positive Erkenntnis, dass wir uns jetzt auf die Bundesliga konzentrieren können." Dort gibt es einiges zu tun. Von Platz 13 aus sind es nur vier Punkte zu den Abstiegsrängen.

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