FC Augsburg:Vorne nix, hinten nix

Fussball, 1.Bundesliga, 6.Spieltag - 21/22 - SC Freiburg vs. FC Augsburg - 26. September 2021 Niklas Dorsch (FC Augsbur

So entschlossen, wie es Niklas Dorsch (links) hier gegen Nicolas Hoefler zumindest probiert, sind die Augsburger am Sonntag in Freiburg zu selten zu Werke gegangen.

(Foto: G. Hubbs/imago images/Beautiful Sports)

Nach leichten Aufwärtstendenzen ist der FC Augsburg in Freiburg grob rückfällig geworden. Nach der 0:3-Niederlage üben sich Spieler und Verantwortliche in deutlicher Krisenrhetorik.

Von Maik Rosner

Sascha Mölders konnte nicht helfen, nicht einmal mit aufmunternden Worten. Als Experte hatte der Stürmer des TSV 1860 München das Spiel seines ehemaligen Vereins FC Augsburg am Sonntag beim SC Freiburg verfolgt. Was Mölders bei der 0:3 (0:3)-Niederlage vom FCA sah, erlaubte aus seiner Sicht bei aller Sympathie keine Schonung. Sein Urteil aus dem DAZN-Studio, sinngemäß komprimiert: vorne nix, hinten nix, von allem zu wenig für die Bundesliga.

Nun verkörpert Mölders mit seinen 36 Jahren und der für einen Profikicker ungewöhnlichen Konfektionsgröße zwar selbst seit längerer Zeit kein Bundesliganiveau mehr. Dennoch durfte er bei seiner Expertise für sich in Anspruch nehmen, genau zu wissen, was gefordert wäre. Denn jene Situation, in der sich die Augsburger befinden, hatte Mölders bei ihnen einst mehrfach erlebt.

"Die erste Halbzeit war ein kompletter Angsthasenfußball", fand Stürmer Niederlechner

92 Bundesligaspiele mit 18 Toren stehen aus seiner Zeit beim FCA zwischen 2011 und 2016 in der Bilanz, seine beste Saison 2012/13 war zugleich die erste des Trainers Markus Weinzierl in Augsburg. Auch damals steckten sie im Abstiegskampf, erreichten die Versetzung mit viel Leidenschaft und zehn Mölders-Toren. Doch aktuell hapert es bei der mit zwei Treffern schwächsten Offensive der Liga nicht nur an der Königsdisziplin - sondern in Freiburg auch an schnöden, aber unverzichtbaren Basiselementen wie Laufbereitschaft, Kompaktheit und Vehemenz im Zweikampf. Die Folge waren Gegentore durch Lukas Kübler (6.), Lucas Höler (25.) und Vincenzo Grifo (Handelfmeter/33.).

"Die erste Halbzeit war ein kompletter Angsthasenfußball. So kannst du in der Bundesliga nicht spielen", schimpfte Florian Niederlechner über die Passivität und fehlende Schärfe. Der aktuelle FCA-Stürmer kam damit zu einem ähnlichen Urteil wie der ehemalige, Mölders, nur dass seine Wortwahl schärfer geriet. Niederlechner verwendete Begriffe, auf die zurückgegriffen wird, wenn jemand Alarm schlagen will, und er sah dafür reichlich Anlass nach dem Rückfall in alte Fehlermuster, nachdem er und Kollegen zuletzt durch das 0:0 bei Union Berlin und das 1:0 gegen Mönchengladbach doch aufsteigende Form angedeutet hatten.

"Es ist viel, viel zu wenig mit Ball, gegen den Ball", urteilte Torwart Gikiewicz

"Anscheinend sind wir noch nicht stabil, daran müssen wir schleunigst arbeiten", sagte Niederlechner, stufte die erste Halbzeit als "Katastrophe" ein und blickte mit Unbehagen gen Samstag, wenn die Augsburger in Dortmund auflaufen. "Wenn wir da so auftreten, kriegen wir noch zwei Tore mehr", prognostizierte er. Geschäftsführer Stefan Reuter fühlte sich in Freiburg an einen "Sommerkick" erinnert, die Leistung in der ersten Halbzeit bezeichnete er als "sicher das Schwächste, was ich bisher von unserer Mannschaft gesehen habe". Dafür entschuldigte er sich sogar, Reuter sagte: "Das war extrem schlecht von uns." Und Weinzierl erkannte in dem Spiel einen "Beweis dafür, dass wir 110 Prozent brauchen. Mit 90 Prozent gewinnst du kein Bundesligaspiel." Freiburg habe ihnen vorgemacht, wie eine Mannschaft funktioniere, sagte Weinzierl und sprach von einem "Lehrbeispiel". Seine Warnung: "Es geht darum, dass jeder einzelne Spieler an sein Limit kommen muss. Wenn einer meint, dass das von alleine geht, dann ist er falsch gewickelt."

Viele Aussagen kamen in einer Deutlichkeit daher, die wenig Spielraum ließ für weitere Zuspitzung. Die akute Krisenrhetorik war wohl auch auf die Vorbereitung zurückzuführen. Denn vieles von dem, was sie vorab besprochen hatten, wurde nicht umgesetzt. Dabei habe man doch gewusst, dass die Freiburger nach ihrem letzten Spiel im Dreisamstadion eine große Party feiern wollten. "Und wir sind einfach die Gäste", klagte Rafal Gikiewicz. Um in diesem Bild des Torwarts zu bleiben: Die Augsburger hatten fast nur abseits der Tanzfläche nervös in der Ecke gestanden. Sein Urteil klang deshalb wie das von Mölders. "Es ist viel, viel zu wenig mit Ball, gegen den Ball", sagte Gikiewicz, "wir müssen ab der ersten Minute in der Bundesliga da sein, dann kannst du ein paar Punkte holen." Falls nicht, fügte er hinzu, "verlierst du jedes Spiel".

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