FC Augsburg:Schnell schick machen

Fußball DFB Pokal SC Verl FC Augsburg am 10 08 2019 in der Sportclub Arena in Verl Marek Such

"Genagelt", also gesetzt, als Innenverteidiger in der Viererkette des Schweizer Trainers Martin Schmidt: der tschechische Nationalspieler Marek Suchy (links), hier beim Pokalaus in Verl.

(Foto: imago)

Zum Ligastart ähneln die Augsburger Probleme jenen der vergangenen Saison: Einige wichtige Spieler sind verletzt - und die Defensive macht noch keinen sicheren Eindruck.

Von Sebastian Fischer

Die Vorbereitung auf eine neue Saison sollte im Fußball die Zeit der Neuerungen und des Fortschritts sein, aber das ist eben nicht immer ganz so einfach. Als Martin Schmidt in dieser Woche die Pressekonferenz vor dem ersten Spiel bei Borussia Dortmund am Samstag gab, wurde er zunächst nach seinem Personal gefragt, wie zu diesen Anlässen obligatorisch. "Das ist eine gute Frage", antwortete er, "weil wir da eng gestrickt sind." Es habe sich "nicht ganz viel verändert". Und das eigentlich seit der vergangenen Saison.

Der FC Augsburg startet in seine neunte Spielzeit in der ersten Liga, aber es ist nicht gerade große Euphorie, die den Klub dabei umgibt. Das Stadion, zum Beispiel, ist für den aktuellen Status des Vereins ein ganz gutes Bild: Bis zum ersten Heimspiel gegen Union Berlin in der kommenden Woche ist es noch eine Baustelle. Der Vip-Bereich soll schicker werden, es entsteht ein neuer Vorbau, von draußen sind schon Hydrokulturen für die Lounge-Atmosphäre zu sehen. Aber auch die Gerüste und Baucontainer stehen noch da. Bis es schick aussieht, dauert es noch ein bisschen.

Dieser Sommer ist kein gewöhnlicher für den so gerne auf Ruhe bedachten Bundesligisten, weil er anders als die meisten Sommer zuvor nicht für Kontinuität stehen soll, sondern für einen Bruch mit der jüngeren Vergangenheit. Die Saison 2018/2019 ist von allen Beteiligten als eine der Fehler analysiert worden, gerade hat auch Kapitän Daniel Baier noch mal gesagt, dass er früher auf beunruhigende Tendenzen in der Kabine hätte reagieren müssen. Fehlende Disziplin, viele Verletzungen, die Entlassung von Trainer Manuel Baum - das waren die Themen. Der Abstieg wurde unter Schmidt vor allem dank noch schwächerer Konkurrenz vermieden. Zum Abschluss verlor Augsburg 1:8 in Wolfsburg.

Das Gesicht der Mannschaft sollte sich deshalb recht radikal verändern, viel Jugend, Tempo und der Wille, sich mit dem FC Augsburg zu entwickeln. Zu Beginn der Vorbereitung verging scheinbar kaum eine Woche, in der Augsburg, auch in der Kaderplanung neu aufgestellt, keinen Zugang verpflichtete, viele davon jung und schnell, oftmals für Offensive und Außenbahnen. Trainer Schmidt sprach zudem mit Stolz von Verbesserungen im sportmedizinischen Bereich. Doch dann verlor Augsburg am vergangenen Wochenende das erste Pflichtspiel im DFB-Pokal mit 1:2 beim Viertligisten Verl. Und zum Ligastart geht es nun wieder um Spieler, die verletzt sind oder noch fehlen.

Trainer Martin Schmidt will sich nicht mit einem "Phantomkader" beschäftigen

Ein wichtiges Ziel ist es, die Defensive wieder zu stärken. Vor nicht allzu langer Zeit war sie Augsburgs Stolz, in der vergangenen Saison aber mit 71 Gegentoren gemeinsam mit Absteiger Hannover 96 die schwächste der Liga. Zum Auftakt besteht die Viererkette vor dem neuen Torwart Tomas Koubek, die der Schweizer Schmidt in seinem System "genagelt" (also gesetzt) nennt, zur Hälfte aus Zugängen: aus dem talentierten dänischen U21-Nationalspieler Mads Pedersen auf der linken Seite und dem tschechischen Nationalspieler Marek Suchy als einem der zwei Innenverteidiger. Neben Suchy wird zunächst Rani Khedira verteidigen, der eigentlich eher ein Mittelfeldspieler ist. Rechts dürfte Georg Teigl, 28, beginnen, auch eher Mittelfeldspieler und noch nie Erstliga-Stammkaft.

"Georg macht es eigentlich recht gut", sagte Schmidt am Donnerstag und korrigierte sich gleich: "nicht nur eigentlich." Schmidt sagte zur von außen gemeinhin als dringend beschriebenen Suche nach einem weiteren Rechtsverteidiger, dass er sich nicht mit einem "Phantomkader" beschäftige, sondern: "Wenn sich die Verletzungssituation verbessert, sind wir auf allen Positionen gut aufgestellt." Derzeit ist Linksverteidiger Philipp Max nach einer Sprunggelenkblessur noch angeschlagen, würde den Verein allerdings offenbar auch gerne verlassen. Rechtsverteidiger Raphael Framberger kämpft sich nach einem Kreuzbandriss zurück. Auch Stamm-Innenverteidiger Jeffrey Gouweleeuw ist noch im Aufbautraining. Die Verletztenliste sage "nichts" über die neue sportmedizinische Abteilung aus, sagt Schmidt. Tatsächlich hat niemand muskuläre Probleme, was oft die Ursache für Ausfälle in der vergangenen Saison war.

"In der Defensive einen Block herstellen", das sei das Ziel für die ersten Wochen, sagt Schmidt, "am Anfang die Basics". Doch ob die Qualität dafür derzeit ausreicht? Ziemlich überraschend gab der Klub nach dem zähen Abschied von Martin Hinteregger zu Eintracht Frankfurt zuletzt auch noch Kevin Danso an den FC Southampton ab, einen Spieler, auf den sie besonders stolz waren, weil er es aus der eigenen Jugend in die Bundesliga geschafft hatte. Kostas Stafylidis und Jonathan Schmid, die Außenverteidiger in der Vorsaison, sind auch weg. Der neue Außenverteidiger Iago? Reha nach Meniskusverletzung. Ergänzungen in der Innenverteidigung sind derzeit Reece Oxford, nach eher abenteuerlichen Leistungen als Leihspieler inzwischen fest von West Ham United verpflichtet. Und Tim Rieder, der zuletzt an den Zweitligisten Darmstadt ausgeliehen war. 2019 absolvierte er dort genau ein Spiel, im Januar. Es heißt, der FCA sei weiterhin an U21-Nationalspieler Felix Uduokhai vom VfL Wolfsburg interessiert.

"Ich denke, dass wir in zwei, drei Wochen den Kader komplett auf dem Platz haben", sagte Schmidt. "Das Team braucht auch Kredit, das braucht auch Zeit." Es klang nach Umbruch, aber nicht so sehr nach Aufbruch.

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