Als Michael Ströll vor zweieinhalb Wochen nach dem 3:1-Heimsieg gegen den FC St. Pauli einen „ordentlichen Start“ in die Saison bilanzierte, lagen hinter dem Geschäftsführer und dem FC Augsburg durchaus bemerkenswerte Tage. Auf die 0:4-Niederlage in Heidenheim war in der jüngsten Länderspielpause die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Trainer Jess Thorup um ein Jahr bis 2026 gefolgt. Die Ausdehnung des Arbeitspapiers wirkte nach außen etwas überraschend, weil die Mannschaft vor der Verabredung mit dem Aufsteiger St. Pauli in der Bundesliga sechs Niederlagen und ein Remis angehäuft hatte. Doch beim FCA hatte der Trend keine Auswirkung auf das große Vertrauen in Thorup. Eher noch beschleunigte die Vakanz auf dem Trainerstuhl beim dänischen Nationalteam die beabsichtigte Erweiterung des Kontrakts mit dem 54 Jahre alten Dänen.
Beim FC Augsburg sind sie auch vor dem Heimspiel am Freitag gegen Borussia Mönchengladbach unverändert überzeugt von Thorup. Leider aus Sicht aller im Verein erweist sich jedoch auch der Trend als ziemlich konstant. Der Sieg gegen die Hamburger entpuppte sich als nur kurzes Zwischenhoch. Es folgten die Niederlagen mit sieben Gegentoren gegen Mainz (2:3) und am vergangenen Samstag in Leipzig (0:4). Die Ergebnisse fügten sich ins übergeordnete Bild: In den letzten fünf Partien der vergangenen Saison waren 14 Gegentore zusammengekommen. In den ersten fünf Ligaspielen dieser Saison sind es schon wieder 14. Nur Kiel (17) und Hoffenheim (15) haben mehr Gegentore kassiert. Zwischendurch brachten die unbefriedigenden Ereignisse sogar einen fassungslosen Thorup hervor, der in seiner Coachingzone zu Boden ging und mit dem Gesicht auf dem Rasen mehrere Sekunden verharrte. Das galt zwar einer vergebenen Torchance, ins große Ganze passte Thorups Kniefall trotzdem.
Verbessert hat sich die Lage im Vergleich zum Frühjahr nur insofern, als es in den letzten fünf Ligaspielen der vergangenen Saison fünf Niederlagen gesetzt hatte, in den ersten fünf dieser Saison aber immerhin auch ein Sieg und ein Remis in der Wertung stehen. Zudem erreichte Thorups Team beim Regionalligisten Viktoria Berlin (4:1) die zweite Runde des DFB-Pokals, in der am 29. Oktober das Heimspiel gegen den Zweitligisten Schalke ansteht. Auch das ist für den FCA durchaus ein Erfolg. Bevor Thorup im Oktober 2023 die Nachfolge von Enrico Maaßen antrat, hatten sich die Augsburger mal wieder bereits in der ersten Runde aus dem Pokal verabschiedet. Am grundsätzlichen Befund, dass der FCA seit Monaten zu viele Gegentore kassiert, ändern die kleinen Erfolgserlebnisse zwischendurch jedoch nichts. Mit den erheblichen Umbauten in der Belegschaft im Sommer ist das Dauerproblem wohl nur bedingt zu erklären, weil es schon davor bestand.
Die Zwischenbilanz hat sich jedenfalls deutlich eingetrübt. Der FCA habe schon „den Herbstblues“, stellte die Augsburger Allgemeine fest und zitierte Sportdirektor Marinko Jurendic nach der Dienstreise zu RB Leipzig, die Leistung der Mannschaft sei phasenweise „schlicht und einfach ungenügend“ gewesen. Übersetzt in eine Schulnote bedeutet das eine Sechs. Als erheblich gefährdet müsste demnach die Versetzung angesehen werden. „Für jeden Klub unterhalb der Top sechs kann das Thema Abstieg eines werden“, hatte Ströll bereits nach dem Sieg gegen St. Pauli erinnert. Die Tabelle sieht gerade aus wie eine Bestätigung dieser Warnung. Auch deshalb soll nun unbedingt der zweite Sieg der Saison her, bevor nach dem Spiel gegen Mönchengladbach die nächste Länderspielpause ansteht.
„Fußball ist ein Teamsport“, lässt Kapitän Gouweleeuw wissen – und damit tief blicken
Thorup hat schon mehrfach die „Basics“ angemahnt. Doch seine Forderungen, die Grundlagen des Spiels, für die man kein Talent benötigt, einzubringen, führten bisher nicht zu erkennbaren Veränderungen. Dafür wird der Ton in Augsburg langsam schärfer. Es würden „Absprachen nicht eingehalten“, monierte Jeffrey Gouweleeuw, weshalb er und seine Abwehrkollegen oft schlecht aussähen. „Fußball ist ein Teamsport“, ließ der Kapitän wissen und damit recht tief blicken. Thorup weiß, dass es jetzt in erster Linie darum geht, die Mannschaft mit den vielen Zugängen zu stabilisieren, damit sie weniger durchlässig für die Gegner agiert. Zugleich ist dem Dänen der offensive Grundgedanke wichtig. Auch deshalb wird es gegen Mönchengladbach unabhängig von Systemfragen vor allem um eine bessere Balance im gesamten Gefüge gehen, um ein koordiniertes Miteinander. Thorups Auftrag: „Als Mannschaft besser verteidigen.“
Ein wenig ähnelt die Situation seiner Anfangszeit beim FCA vor knapp einem Jahr, und die Augsburger wünschen sich wieder, worauf Jurendic bei Thorups Vertragsverlängerung vor drei Wochen verwiesen hatte. Der Sportdirektor wurde im offiziellen Kommuniqué mit den Worten zitiert: „Jess hat innerhalb der letzten Saison den entscheidenden Turnaround geschafft und in der Folge Konstanz und Stabilität in die Leistungen und Ergebnisse gebracht.“ Darauf hoffen sie auch jetzt.