FC Augsburg:Luthes Weg

Warum Augsburg noch stark gefährdet ist

Was wäre wenn? Im Bemühen, den 16. Platz und damit die Relegationsspiele gegen den Dritten der 2. Liga zu vermeiden, läuft am 34. Spieltag auf den ersten Blick alles auf das Duell Hamburg (16.) gegen Wolfsburg (15.) hinaus. Doch der FC Augsburg (14.) ist ebenfalls stark gefährdet. Sollte nämlich Wolfsburg (derzeitige Tordifferenz -17) mit einem Tor Unterschied in Hamburg verlieren, reicht eine Niederlage von Augsburg (derzeit -16) mit drei Toren Unterschied in Hoffenheim, dann würde der FCA auf den 16. Platz abrutschen.

Der FC Augsburg verdankt seinem Ersatztorwart Andreas Luthe die beste Ausgangsposition aller Abstiegskandidaten.

Von Sebastian Fischer, Augsburg

Bevor sich der Trainer Manuel Baum entschied, ein Trainer zu werden, war er mal ein Torwart. Das ist in den meisten Erzählungen über Baum nur eine Randnotiz, er gilt inzwischen als Laptop-Trainer, das ist spannender. Doch nun gehört es zu den ironischen Wendungen dieses Bundesliga-Abstiegskampfes, dass Baum vielleicht auch in Zukunft noch Augsburger Erstliga-Trainer sein wird, weil ein Spielzug funktionierte, der auf keinem Laptop vorgeplant war. Der Spielzug war der Befreiungsschlag seines Torhüters.

Das Tor in der 28. Minute des Spiels gegen Borussia Dortmund werden sie sich beim FCA noch ein paar Mal anschauen, sollte es am Ende für den Klassenverbleib reichen: Der kurzfristig als Ersatz für den verletzten Stammkeeper Marwin Hitz ins Tor rotierte Andreas Luthe wuchtete den Ball nach vorne, Philipp Max lief hinterher, lief schneller als der überraschte Lukasz Piszczek, schoss, und Alfred Finnbogason drückte den Abpraller über die Linie. Das euphorisch umjubelte Tor reichte zum 1:1. Und der Punkt reicht am 34. Spieltag zum Klassenverbleib, solange - einfach erklärt - Augsburg in Hoffenheim nicht hoch verliert und der Hamburger SV nicht gleichzeitig Wolfsburg knapp schlägt.

Weil das Szenario des Augsburger Klassenverbleibs noch an diese eher komplizierte Rechnung geknüpft ist, spielten sich am Samstag im Stadion nach dem Schlusspfiff keine wilden Jubelszenen ab. Doch Manuel Baum sprach stolz von der "Art und Weise" des Punktgewinns, die ihm noch mehr Hoffnung mache als die aussichtsreiche tabellarische Ausgangsposition. Eine Art und Weise, die sich im zwischenzeitlichen Führungstreffer spiegelte: lieber erfolgreich als schön, lieber rustikal als filigran. "Ich bin sehr zufrieden", sagte Baum, "mit der Arbeit, die wir heute auf dem Platz verrichtet haben."

Nun muss man wissen, dass es nur ein paar Wochen her ist, dass dieselbe Augsburger Mannschaft in Berlin ein desolates, ziemlich zweitklassiges Bild abgab und 0:2 verlor. Damals hielten die Augsburger Krisensitzungen ab, und mancher zweifelte auch an der Tauglichkeit Baums für den Abstiegskampf. Doch der junge Trainer, 37, hat sich in den Wochen danach anscheinend ein wenig neu erfunden. Er, dem nachgesagt wurde, es in seinen Erklärungen an die Spieler gerne mal sehr kompliziert und vor allen Dingen schön modern und innovativ zu mögen, hat sich offenbar inzwischen mit simplem Fußball angefreundet. Eine Woche nach dem Spiel in Berlin, als der FCA mit einem Sieg gegen Köln den Negativtrend stoppte, sprach Baum bereits vom "Augsburger Weg", der das Zerstören des gegnerischen Spiels zum Ziel hat: eklig auftreten, eklig verteidigen.

Der Auftritt gegen Dortmund war nun eine anspruchsvolle Variante dieses Weges. Augsburg hatte wenig den Ball und foulte oft. Doch bei jedem Konter ging ein Seufzer durchs Publikum, das sich in der sportlichen Krise mit den Protagonisten solidarisiert hat, anstatt sie zu schmähen; jeder Konter war gefährlich. Und Torhüter Luthe, 30, eignet sich als Symbolfigur des Augsburger Wegs. In seinem ersten Pflichtspiel für den FCA überzeugte er nicht nur als Zerstörer Dortmunder Torchancen, sondern war in der Statistik auch als Augsburger Torchancenvorbereiter vermerkt.

In einer Woche in Hoffenheim wird er wohl wieder auf der Bank sitzen, Hitz soll nach Hüftproblemen fit werden. Doch Baum lobte Luthe und sagte, er werde ihm die Statistik als Andenken in die Kabine bringen. Als Andenken, so sprach es aus Baums Grinsen, an einen erfolgreichen Abstiegskampf.

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