FC Augsburg:Lachen verboten

GER, FC Augsburg vs. FC Bayern Muechen, Fussball, Bundesliga, 17. Spieltag, Saison 2020/2021, 20.01.2021 Alfred Finnboga

Verhängnisvoller Fehlversuch: Alfred Finnbogason konzentriert sich, wird seinen Strafstoß aber an den Pfosten schießen.

(Foto: Sascha Walther/Eibner/imago)

Die Negativserie des FC Augsburg bleibt vor allem eine Misere der Offensivspieler. Alfred Finnbogason, der beim 0:1 gegen den FC Bayern einen Elfmeter verschießt, ist seit mehr als 600 Minuten ohne Tor.

Von Sebastian Fischer

Alfred Finnbogason stand eigentlich immer für das, was beim Bundesligisten FC Augsburg gut lief. Seit seinem Wechsel von Real Sociedad San Sebastian im Jahr 2016 hat er verlässlich Tore geschossen und sich zu einem in der ganzen Liga geschätzten Stürmer entwickelt. Als isländischer Nationalspieler zog er gern Vergleiche zwischen seinem Heimatland und seinem Klub: Beides Underdogs, die über den Teamgeist zum Erfolg kommen. Es gab in den vergangenen Jahren eigentlich keinen Fußballer, der besser für Augsburg werben konnte als er.

Umso kurioser ist nun diese Momentaufnahme nach dem 0:1 der Augsburger gegen den FC Bayern: Finnbogason, 31, ist erstmals eher an dem beteiligt, was gerade schiefläuft beim FCA.

Das ist zum einen sein Ressort, der Angriff, der zur Saisonhälfte einer der schwächsten der Liga ist. Von den ohnehin wenigen 17 Augsburger Saisontoren geht keines auf das Konto von klassischen Stürmern. Am Mittwoch vergab Finnbogason, seit inzwischen mehr als 600 Minuten ohne Treffer, auch noch aus bester Position die Chance auf sein erstes Saisontor und den möglichen Ausgleich: Im zehnten Versuch verschoss er in der Bundesliga zum ersten Mal einen Elfmeter. Er zielte zwar in die linke Ecke, während sich Bayern-Torwart Manuel Neuer für die andere entschied - aber er traf nur den Pfosten. "Den muss ich machen, da gibt es keine Entschuldigung", sagte er.

Besonders unglücklich wirkte es, dass er die Aufgabe statt Daniel Caligiuri wohl vor allem aus historischen Gründen übernahm, als langjähriger Elfmeterschütze. "Normal hätte Caligiuri geschossen", sagte Trainer Heiko Herrlich. Normal sollte heißen: Wenn Finnbogason nicht auf dem Platz gewesen wäre. Er saß bis zu seiner Einwechslung in der 72. Minute auf der Bank, bereits zum neunten Mal in der Saison. Der Elfmeterpfiff kam vier Minuten später.

Auch Florian Niederlechner sucht in dieser Saison noch seine Form

Bereits in der vergangenen Saison hatte Finnbogason seinen Platz als Stürmer Nummer eins an Florian Niederlechner verloren, bis zum vergangenen Sommer Augsburgs bester Torschütze. Auch Niederlechner sucht aber in dieser Saison noch seine Form. Und beide Angreifer waren in den vergangenen Tagen auch aus anderen Gründen an Aufregung in Augsburg beteiligt.

Nach dem 0:2 in Bremen am vergangenen Wochenende hatte Torwart Rafal Gikiewicz gesagt: "Wir verlieren ein wichtiges Spiel und lachen nach dem Abpfiff. Das kann ich nicht akzeptieren." Und plötzlich wirkte eine sympathische Geste Finnbogasons wie der Auslöser: Der Stürmer hatte Werders Stadionsprecher Arnd Zeigler nach dem Spiel ein unterschriebenes Trikot geschenkt und für ein gemeinsames Selfie posiert.

Ob Gikiewicz wirklich Finnbogason meinte, ist nicht klar. Herrlich lobte in der Pressekonferenz vor dem Bayern-Spiel jedenfalls ausdrücklich den Inhalt der Kritik des Torwarts. Und mit Niederlechner soll der Trainer in einer Team-Aussprache am vergangenen Sonntag besonders kontrovers diskutiert haben. Niederlechner saß dann gegen die Bayern zum zweiten Mal in Serie auf der Bank.

Eigentlich wollten sich die Augsburger nach ihrem starken Saisonstart spielerisch weiterentwickeln, gerade was einen Plan für die Offensive als Alternative zum charakteristischen Konterfußball betrifft. Es blieb aber vorerst bei dem Wunsch, der letzte wirklich überzeugende Auftritt liegt schon länger zurück. Und nun ist nach der dritten Niederlage in Serie erst mal wieder die Abstiegszone näher gerückt. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz beträgt nur vier Punkte. Da nach dem Spiel gegen den FC Bayern auch die nächsten fünf Gegner allesamt zu den Top sechs der Liga zählen, gibt es Parallelen zur Vorsaison. Damals gewann die Mannschaft von neun Spielen in Serie nur eins, verlor vor allem gegen Spitzenteams - und Trainer Martin Schmidt musste gehen.

Für Geschäftsführer Stefan Reuter ist aber gerade die gereizte Stimmung der vergangenen Tage ein gutes Zeichen. "Es wäre das Schlimmste, wenn man Niederlagen so hinnehmen würde", sagte er am Mittwoch. Die zu unkritische Atmosphäre während der Negativserie der Vorsaison war tatsächlich ein wesentlicher Kritikpunkt Reuters gewesen, bevor er die Trennung von Schmidt veranlasste. Das Spiel gegen die Bayern, fand er, habe "gezeigt, dass Leben und Glauben in der Mannschaft ist". Nach einer ganz besonders schwachen ersten Hälfte ohne Torschuss war der FCA in der zweiten Hälfte mutiger aufgetreten.

"Ich bin überzeugt, mit der Mentalität werden wir in den nächsten Spielen wieder punkten", sagte Herrlich. Und Finnbogason soll dabei natürlich auch wichtig sein. Über den vergebenen Elfmeter sagte Caligiuri: "Schade für Alfred, aber da reißen wir ihm nicht den Kopf ab."

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