FC Augsburg:50 + Hofmann

Stefan Reuter Geschäftsführer FC Augsburg li und Klaus Hofmann Präsident FC Augsburg sitzen au; Fußball Klaus Hofmann Präsident FC Augsburg

Graswurzelarbeit: Präsident Klaus Hofmann (re.), hier mit Manager Stefan Reuter im Trainingslager.

(Foto: Klaus Rainer Krieger/imago)

Der Präsident nutzt die Jahreshauptversammlung, um seinen Klub einmal mehr als besonders publikumsnah zu positionieren. Der zweithöchste Gewinn der Geschichte bringt Geld für den Nachwuchs.

Von Sebastian Fischer

Als Klaus Hofmann neulich durch die USA reiste, war er Teil seiner eigenen Dystopie. Der Präsident des FC Augsburg, stets viel unterwegs, besuchte drei American-Football-Stadien, in Philadelphia, Cleveland und Detroit. Er sah sekundenlange Spielzeit, dann minutenlange Werbepausen. Er traf Zuschauer, die aßen, tranken und sich zu langweilen schienen. Er dachte: "Das passiert, wenn Sport sich von den Fans abkoppelt." Und: Wenn eines Tages der Fußball so aussieht, "dann möchte ich kein Fußballfan mehr sein."

Hofmann hat von dieser Reise am Dienstagabend erzählt, nach der Jahreshauptversammlung in Augsburg. Es war ein Abend, der zeigen sollte: Den FCA wünscht er sich als Gegenmodell seiner persönlichen Schreckensvorstellung. "Fußball", sagte er in seiner Rede, "ist kein Produkt, er muss ein Identifkationssport bleiben."

Ein Fan beschimpft den AfD-Kreisvorstand, der in der ersten Reihe sitzt

Eine Jahreshauptversammlung ist einerseits dafür da, um die Zahlen der vergangenen Saison zu präsentieren, sie waren durchaus beachtlich: Augsburg hat bei einem Umsatz von rund 90 Millionen Euro einen Überschuss von rund zehn Millionen Euro erwirtschaftet, nur in der Europa-League-Saison 2015/2016 war der Klub erfolgreicher. Geld, das theoretisch für Transfers zur Kadernachbesserung zur Verfügung steht, wie Hofmann bestätigte, auch wenn es derzeit nicht geplant ist. Stürmer Alfred Finnbogason hat zwar wegen Knieproblemen noch Schmerzen und bislang kein Spiel bestritten, kehrte aber immerhin teilweise ins Training zurück.

Geld, das auch für den Bau eines Internats verwendet werden kann, das 2020 fertig sein soll. Durch die junge Augsburger Profifußballgeschichte bestehe auf dem Gebiet besonderer Aufholbedarf, sagte Manger Stefan Reuter.

So eine Versammlung ist andererseits auch der Zeitpunkt für programmatische Vorträge. Im vergangenen Jahr hatte Hofmann das Experiment angekündigt, Mitglied bei RB Leipzig zu werden, er wollte provozieren. Leipzig dürfe keine Lizenz bekommen, hatte er gesagt, denn: "Sie erfüllen die faktischen Voraussetzungen eines Vereins nicht. Leipzig hat nur 17 Mitglieder, da darf kein weiteres Mitglied rein!" Diesmal sparte er den Namen seines Lieblingsfeindes aus, kündigte aber an, auch in allen übrigen 16 Bundesligaklubs Mitglied werden zu wollen - und wiederholte seine Forderung, "dass die Lizenzerteilung streng anhand geltender Kriterien erfolgt."

Der Brandschutz-Unternehmer Hofmann, 50, war jahrelang Fan, bevor er 2012 in den Aufsichtsrat und 2014 als Vorstandsvorsitzender gewählt wurde. Es war also nicht überraschend, dass er den FCA im 111. Jahr seines Bestehens einmal mehr als besonders publikumsnah positionierte, als bodenständigen, noch im Aufbau befindlichen Klub sowieso, selbstverständlich mit dem Klassenerhalt als Saisonziel, trotz gestiegener TV-Einnahmen.

"Wir sind ein 50+1-Verein, das finden wir auch gut", rief er. Die Diskussionen darüber würden den Fußball kaputt machen. Ein Bekenntnis zur Regel, gegen die Hannovers Präsident Martin Kind klagen will und die den Mitgliedern die Stimmenmehrheit sichert. "Gut, dass wir wählen können", sagte er während der Wahl des Aufsichtsrats ins Gemurmel der 592 stimmberechtigten Mitglieder in den Festsaal der Augsburger Arena hinein.

Fast wirkte er enttäuscht, als es nach dem Verlesen von drei jeweils abgelehnten Anträgen (zwei für ein Rauchverbot im Stadion, einer für die Einführung eines Mehrwegsystems für Plastikbecher) keine einzige Wortmeldung gab. Lediglich vor dem offiziellen Beginn hatte ein Fan den Kreisvorsitzenden der Augsburger AfD, der sich als FCA-Mitglied in die erste Reihe gesetzt hatte, als Rassisten beschimpft.

"Es ist nicht der richtige Weg, wenn man irgendwas in den Raum schreit", sagte Hofmann später. Angesprochen auf das Beispiel Eintracht Frankfurt, deren Präsident Peter Fischer die Unvereinbarkeit einer Mitgliedschaft in der AfD und in seinem Verein thematisiert hatte, sagte Hofmann, einen Antrag könne man "rechtlich prüfen. Und wenn die Mehrheit der Fans das will, dann macht man das." Hofmann sagte allerdings auch, er halte die Rassismus-Debatte, die den deutschen Fußball derzeit beschäftigt, zwar für richtig, aber "vielleicht ein bisschen oberflächlich. Ich sehe Rassismus in der Bundesliga nicht. Und wenn es den gäbe, würde der FC Augsburg den aktiv bekämpfen."

Der Abend endete mit seinem Fazit: "Verein, Mitglieder und Fans, da gibt's keine Dissonanz." Am Samstag gegen Bremen ist Hofmann also weiterhin Fußballfan.

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