FC Augsburg:Hilfreiches Schreien

FC Augsburg: Gut gebrüllt: Stephan Lichtsteiner (rechts) als Gratulant von Vorlagengeber Florian Niederlechner nach dem 1:0 gegen Union Berlin.

Gut gebrüllt: Stephan Lichtsteiner (rechts) als Gratulant von Vorlagengeber Florian Niederlechner nach dem 1:0 gegen Union Berlin.

(Foto: Christof Stache/AFP)

Den Klub begleiten weiter Transfergerüchte. Dabei soll sich die Abwehr nun einspielen - mit Stephan Lichtsteiner als neuem Anführer.

Von Sebastian Fischer

Der Wert eines Fußballers für eine Mannschaft ist oft am besten daran zu erkennen, wie seine Kollegen über ihn sprechen. Am Samstag stand der Schweizer Ruben Vargas zum ersten Mal vor den Mikrofonen der Journalisten in Augsburg, schließlich hatte er beim 1:1 gegen Union Berlin sein erstes Bundesligator erzielt. Doch schon bald sprach er nicht mehr über sich selbst, sondern über einen anderen neuen Schweizer im Team. "Als ich gelesen habe, dass er kommt, war ich ein bisschen baff", sagte Vargas, 21, über den 14 Jahre älteren Stephan Lichtsteiner.

Es ist auch nach dem zweiten Spieltag noch nicht ganz klar, mit welcher Mannschaft der FC Augsburg seine neunte Bundesligasaison bestreiten wird. "Ich bin froh, wenn am 2. September Mitternacht ist und der Deckel drauf ist", hat Trainer Martin Schmidt am Samstag zwar gesagt, aber bis zum 2. September können immer noch Spieler kommen und gehen. Am Montag deutete sich an, dass der FC Augsburg an einer Verpflichtung, wahrscheinlich einer Leihe von Felix Uduokhai vom VfL Wolfsburg arbeitet, dessen Trainer Oliver Glasner bestätigte, dass dem Klub ein Angebot vorliege, von einem Verein, den er nicht nennen wollte. Glasner sagte auch, dass der U21-Nationalspieler, sollten sich die Vereine einig werden, das Angebot gerne annehmen würde, um wieder regelmäßig zum Einsatz zu kommen - so wie in Wolfsburg, als dort noch Schmidt sein Trainer war.

Uduokhai wäre der vierte neue Innenverteidiger in diesem Sommer, was plausibel klingt, weil Zugang Reece Oxford eher im Mittelfeld eingeplant ist, in Kevin Danso und Martin Hinteregger zwei potenzielle Innenverteidiger für die Startelf den Verein verließen und Jeffrey Gouweleeuw, den Schmidt seinen "Abwehrchef" nennt, mit Adduktorenproblemen weiterhin ausfällt. Es ist zudem immer noch nicht sicher, ob Linksverteidiger Philipp Max und Offensivspieler Michael Gregoritsch bleiben.

Ziemlich sicher scheint dagegen seit diesem Wochenende zu sein, dass der FC Augsburg wieder gegen den Abstieg spielen wird - und dass Lichtsteiner der Mannschaft dabei weiterhelfen kann.

Am Samstag sprach nicht nur Vargas mit Hochachtung über seinen neuen Mitspieler. Beide kommen aus dem gleichen Dorf, aus Adligenswil bei Luzern. "Als ich mit Fußball begann, war er schon bei Lazio Rom", sagte Vargas. Doch auch André Hahn, der mit Lichtsteiner gemeinsam auf der rechten Seite spielte, lobte: "Er ist topfit für sein Alter." Manager Stefan Reuter hob hervor, "wie er die Mannschaft coacht und dirigiert". Und Schmidt sagte: "Er spielt aus der kalten Hose dieses Spiel, da sieht man seine Professionalität."

Lichtsteiner zeigte am Samstag tatsächlich schon nach vier Trainingstagen mit den neuen Kollegen ein paar seiner Eigenschaften als Spieler, die ihn in drei Jahren bei Lazio, sieben bei Juventus Turin und einem beim FC Arsenal durchaus berühmt gemacht haben: Er war als Rechtsverteidiger souverän in seinen Zweikämpfen, organisierte, sprach viel mit dem Schiedsrichter, war so unter Strom, dass er als einer der ersten Gratulanten dem Torvorbereiter Florian Niederlechner ins Gesicht schrie. Einmal trat er im Bodenzweikampf mit seinem Gegenspieler Marius Bülter kaum merklich nach. In England sagten sie Lichtsteiner hochachtungsvoll ausgeprägte Fähigkeiten in der Disziplin shithousery nach, dem zur Not etwas dreckigen Spiel um des Siegens willen.

"Es wurmt uns", sagte Lichtsteiner dementsprechend nach dem Spiel darüber, dass es mit dem Sieg nicht geklappt hatte. "Eine große Herausforderung", so nannte er das Spiel nach einer Sommerpause, in der er sich in der Schweiz selbst fitgehalten hatte, nachdem sein Vertrag in London ausgelaufen war. "Die Beine waren noch nicht da, wo sie sein sollten für so ein Spiel." Gegen Ende wirkte auch er nicht mehr ausschließlich souverän.

Es wird wohl über die Qualität des Saisonstarts entscheiden, wie schnell sich die Viererkette einspielt, die gegen Berlin im dritten Pflichtspiel in Serie in unterschiedlicher Besetzung auflief, aber so laut Schmidt auch am Sonntag gegen Bremen beginnen soll. Tin Jedvaj, der aus Leverkusen geliehene zweite Zugang der vergangenen Woche, begann souverän, spielte dann aber den entscheidenden Fehlpass vor dem Ausgleichstor und missverstand sich einmal bei einem Konter beinahe fatal mit Torwart Tomas Koubek. Links verteidigte der nach einer Verletzung noch nicht formstarke Max, in der Mitte neben Jedvaj Rani Khedira, den Schmidt eigentlich als defensiven Mittelfeldspieler einplant.

Doch glaubt man Schmidts Worten, dann war es durchaus eingeplant, dass die Viererkette erst zu einem späten Zeitpunkt in diesem Sommer feststeht. Gemeinsam mit Reuter habe er schon sehr lange an eine Verpflichtung Lichtsteiners gedacht, aber sie mussten sich gedulden und warten. "Augsburg-Lösungen sind selten Geld", sagte Schmidt. Im Juni sei der FCA im Werben um seinen Wunschspieler deshalb noch chancenlos gewesen.

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