FC Augsburg:Gegen den Ernst

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Soll in Zukunft für Stabilität sorgen: Innenverteidiger Felix Uduokhai (links, mit Reece Oxford), den der FCA unter der Woche fest vom VfL Wolfsburg verpflichtete. (Foto: Martin Meissner/dpa)

Für den FC Augsburg soll eine kuriose Saison ohne akute Abstiegssorgen zu Ende gehen.

Von Sebastian Fischer

Der FC Augsburg hat in dieser Woche für einen auf seine Sparsamkeit stolzen Verein ungewöhnlich viel Geld in die Zukunft investiert. Je nachdem, welcher Interpretation des Geschäfts man Glauben schenken mag, kostet die Kaufoption für den Abwehrspieler Felix Uduokhai den Klub sieben bis neun Millionen Euro, die nun an den VfL Wolfsburg gezahlt werden. Die Verpflichtung des Innenverteidigers, der seit vergangenem Sommer nur ausgeliehen war, ist damit einer der teuersten Transfers in der Geschichte Augsburgs. Doch es ist fünf Spieltage vor Ende dieser Saison noch nicht ganz klar, ob diese Geschichte in der ersten Liga fortgeschrieben wird - oder vielleicht doch in der zweiten.

Im Grunde gibt es beim FCA gerade durchaus gute Gründe, positiv in die Zukunft zu schauen. Der Standort gehört eher nicht zu den gefährdeten, was die Auswirkungen der Pandemie angeht: Schon zu einem frühen Zeitpunkt der Corona-Krise gab Präsident Klaus Hofmann der Augsburger Allgemeinen ein Interview, in dem er kritisierte, dass so mancher Konkurrent offenbar keine Rücklagen gebildet habe. Der Uduokhai-Transfer legt nahe, dass es diese Rücklagen in Augsburg gibt - und er ist auch sportlich beachtlich. In Uduokhai, 22, dem noch bis 2021 von Hertha BSC geliehenen Eduard Löwen, 23, und Marco Richter, 22, spielen drei Talente aus dem letztjährigen EM-Kader der deutschen U21-Auswahl für Augsburg; mehr hat kein anderer Bundesligist. Das Problem ist bloß: In der Gegenwart machen die Drei noch nicht den Unterschied.

"Wir suchen langfristig nach Stabilität", hat Manager Stefan Reuter in dieser Woche dem Kicker gesagt. Kurzfristig ist Stabilität gemessen an den Auftritten seit Wiederbeginn der Saison eher ein frommer Wunsch: Von vier Spielen gingen zwei verloren, einen Sieg gab es nur gegen indisponierte Schalker. Es gab gute Halbzeiten, wie die zweite beim 0:2 in Berlin am vergangenen Samstag, und schwache, wie zum Beispiel die erste in der Hauptstadt.

In der Abwehrkette um Innenverteidiger Uduokhai fehlt gar seit Beginn der Saison ein beständiger Rechtsverteidiger, den der Klub schon seit einiger Zeit auf dem Transfermarkt sucht. Eine konstruktive Spieleröffnung, sofern taktisch erwünscht, ist beim Team mit der schwächsten Passquote der Liga weiterhin von Daniel Baier, 36, abhängig. In Berlin wurde der Kapitän wegen der hohen Belastung in diesen Tagen nur eingewechselt, erstmals in seinen bislang 273 Bundesligaspielen für Augsburg. Für Baiers Position im defensiven Mittelfeld steht der FCA wohl vor der Verpflichtung des Mönchengladbachers Tobias Strobl, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Als Spielgestalter ist Strobl bisher aber eher nicht aufgefallen. Bleiben noch akute Angriffssorgen: Der in der Hinrunde überragende Florian Niederlechner wartet seit nun neun Spielen auf ein Tor.

Der Spielplan beschert Augsburg ein eher leichtes Restprogramm

"Wir sind weder total beruhigt noch verängstigt", sagte Reuter. Das Spiel gegen den 1. FC Köln am Sonntag könnte Aufschluss darüber geben, zu welchem dieser Gemütszustände sie in den kommenden Wochen tendieren. Nach einem Sieg könnte der FCA den Abstiegskandidaten Mainz und Düsseldorf am 31. und 33. Spieltag mit Vorsprung begegnen. Andernfalls drohen es Partien auf Augenhöhe zu werden.

"Die Situation ist ernst. Sie wird aber hoffentlich nicht bis zum Ende ernst bleiben", sagte Heiko Herrlich in der Pressekonferenz am Freitag. Seit Augsburgs Trainer vor dem Restart die Geschichte seines Zahnpasta-Einkaufs und Quarantäne-Regelbruchs erzählte, sind diese Konferenzen eher keine Anlässe für gewagte Verbalausflüge mehr. Als Herrlich etwa nach einem Zwischenfazit gefragt wurde, welche seiner Ideen die Mannschaft bereits umsetze, antwortete er, dass ein Zwischenfazit keinen Sinn ergebe. Er verriet, dass die zuletzt verletzten Philipp Max und Alfred Finnbogason wieder zur Verfügung stehen sollten. Über einen möglichen Einsatz des Verteidigers Jeffrey Gouweleeuw - langjähriger Abwehrchef, in der Corona-Pause angeschlagen und zuletzt nur Ersatz - äußerte er sich verhalten optimistisch.

Es ist eine kuriose Saison für den FCA, sie begann mit einem belächelten Fehlstart gegen starke Gegner, dem gegen schwächere Teams eine beeindruckende Erfolgsserie folgte. Nachdem in der Rückrunde - der Spielplan war dabei nicht unschuldig - wieder Partien in enttäuschender Manier verloren gingen, wechselte Trainer Martin Schmidt zunächst den Torwart: Andreas Luthe spielte statt des oft patzenden Tomas Koubek. Danach wechselte allerdings Reuter den Trainer, für Schmidt kam Herrlich. Dann kam Corona.

Bis auf RB Leipzig am letzten Spieltag sind die Gegner jetzt wieder eher leicht. Vielleicht muss diese Saison also einfach irgendwie unfallfrei und unspektakulär zu Ende gehen, damit etwas Neues beginnen kann. Dass der talentierte Felix Uduokhai bleibe, angeblich mit einem bis 2024 gültigen Vertrag, sei jedenfalls "ein gutes Signal an die Mannschaft, den Verein und die Fans und alle", sagte Herrlich.

© SZ vom 06.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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