FC Augsburg:Mit Mut gegen den Tremor

FC Augsburg: "Wir reden seit zehn Spielen, dass es ein Endspiel ist. Aber jetzt haben wir mal wirklich ein Endspiel." - Niklas Dorsch (rechts, gegen Dortmunds Sébastien Haller).

"Wir reden seit zehn Spielen, dass es ein Endspiel ist. Aber jetzt haben wir mal wirklich ein Endspiel." - Niklas Dorsch (rechts, gegen Dortmunds Sébastien Haller).

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Durch viele vergebene Chancen auf die vorzeitige Rettung hat sich beim FCA vorm Bundesliga-Finale doch noch ein Zittern eingestellt. Auf konstruktive Weise die Versetzung zu erreichen, wäre eine Bestärkung für die kommende Saison.

Am Dienstag erreichte den FC Augsburg eine Nachricht, die aus Vereinssicht als gut für den schlechten Fall zu werten war. Die Nachricht könnte ja noch bedeutsam werden für diese Saison, obwohl sie Felix Uduokhais schon bekannte Rotsperre für die letzte Bundesligapartie dieser Spielzeit am Samstag in Mönchengladbach bestätigte. Dennoch war darin eine gute Nachricht enthalten. Denn das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hatte den Innenverteidiger eben nur mit dem Mindeststrafmaß belegt und ihn einzig für den 34. Spieltag gesperrt nach seiner Notbremse am vergangenen Sonntag beim 0:3 gegen Dortmund. Sollte sich für die Augsburger also der schlechte Fall einstellen, dass sie in der Relegation gegen den Tabellendritten der zweiten Liga nachsitzen müssen, könnten sie dann wieder auf ihre Stammkraft Uduokhai zurückgreifen.

Beim FCA wollen sie eine Relegation gegen Hamburg oder Heidenheim selbstredend vermeiden und die direkte Versetzung in ihr 13. Bundesliga-Jahr erreichen. Um das aus eigener Kraft zu schaffen, ist realistisch betrachtet nur ein Punkt nötig. Damit würden sie den Konkurrenten Bochum hinter sich lassen, weil dieser eher nicht 16:0 gegen Leverkusen gewinnen dürfte. Sollten die Augsburger aber verlieren in Gladbach und sowohl Bochum als auch Stuttgart (gegen Hoffenheim) gewinnen, würde der FCA erstmals seit seinem Aufstieg 2011 in die Relegation abrutschen.

Es ist ein Szenario, das vor zehn Spieltagen bei acht Punkten Vorsprung auf Platz 16 sehr unwahrscheinlich erschien. Noch immer spricht deutlich mehr dafür, dass der FCA auch bei einer Niederlage um die zwei Zusatzspiele herumkommt. Dass die Augsburger überhaupt noch zittern müssen, liegt an ihren vergebenen Chancen auf die vorzeitige Rettung - etwa bei der 2:3-Niederlage in Bochum oder beim 1:1 gegen Stuttgart. Noch später als gegen den VfB ließen sie sich Siege durch Gegentore in der Nachspielzeit in Wolfsburg (2:2) und gegen Schalke (1:1) nehmen. Von 18 Führungen brachten die Augsburger nur neun ins Ziel, einzig der Absteiger Hertha BSC weist eine schlechtere Quote auf.

Umso mehr stellt sich wegen der fehlenden Fähigkeit, die Dinge zu Ende zu bringen, nun die Frage, warum sie ausgerechnet ihre letzte Gelegenheit dazu nutzen sollten, Versäumtes nachzuholen. Zumal die Augsburger in diesem Jahr auswärts sieben Mal verloren und nur zwei Unentschieden ergattert haben. Zu neun ihrer zwölf Auswärtspunkte kamen sie in der Frühphase der Saison durch die Siege in Leverkusen (2:1), Bremen (1:0) und Schalke (3:2). Seither geht in der Ferne kaum noch etwas. Das trägt maßgeblich zum aktuellen Augsburger Tremor bei.

Im Verein sind sie darin geübt, lange auf die Versetzung zu warten"

Begegnen wollen sie ihrem Zittern auch mit Oliver Kahns Männlichkeits-Metapher. Dieses nachösterliche Vokabular bemüht besonders Niklas Dorsch in diversen Abwandlungen. "Wir reden seit zehn Spielen, dass es ein Endspiel ist. Aber jetzt haben wir mal wirklich ein Endspiel und jetzt können wir mal zeigen, ob wir die Eier haben, da auch standzuhalten", sagt der Mittelfeldspieler. Er findet, es zähle jetzt, "die Eier auf den Tisch zu legen" und "die Eier zu zeigen". Offensivspieler Ermedin Demirovic greift das derbe Vokabular des Kollegen auf und sagt: "Wir haben öfters gezeigt, dass die Eier immer wieder auf dem Tisch liegen. Jetzt müssen wir sie halt wieder in die Hand nehmen."

Andere wählen lieber eine feinere Ausdrucksweise. Wie Tomas Koubek. "Wir müssen mutiger sein, um mehr mit dem Ball zu spielen", findet der Torwart. Er empfiehlt: "Nicht warten, was der Gegner macht." Koubek vertritt die Ansicht, man könne aus gutem Grund selbstbewusst sein. "Wir haben eine gute Struktur für Ballbesitz", argumentiert er, "wenn wir mutig sind, können wir auch Fußball spielen." Auf konstruktive Weise die Versetzung zu erreichen, wäre für die überwiegend junge Mannschaft von Trainer Enrico Maaßen zugleich die größere Bestärkung für die kommende Saison.

Beim FCA verweisen sie auf die im Abstiegskampf zumindest teilweise erfahrenen Spieler. Im Verein sind sie erst recht darin geübt, lange auf die Versetzung zu warten. Nur in drei ihrer zwölf Bundesliga-Spielzeiten hatten sie nichts mit dem Tabellenkeller zu tun. Sonst blieb es oft lange gefährlich. Besonders kribbelig wurde es für die Augsburger 2013 und 2017. Jeweils retteten sie sich erst am letzten Spieltag. Vor sechs Jahren durch ein 0:0 in Hoffenheim, vor zehn Jahren durch ein 3:1 gegen die SpVgg Greuther Fürth. Dieser Sieg soll nun als Vorbild dienen. Es gehe darum, "nach Gladbach zu fahren, um das Spiel zu gewinnen", sagt Geschäftsführer Stefan Reuter. Es gelte dort, "das beste Gesicht zu zeigen". Auf Anleihen bei Kahn hat auch er lieber verzichtet.

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