FC Augsburg:Ein Punkt für die neue Hierarchie

VfL vs Augsburg, 1. BL Wolfsburg, 27.10.2019, FUßBALL - VfL Wolfsburg vs FC Augsburg, 1. BL Saison 2019/20, Volkswagen A; fc augsburg

Blieben gegen den VfL Wolfsburg erstmals ohne Gegentreffer: Tin Jedvaj, Felix Uduokhai und Stephan Lichtsteiner (rote Trikots, von links) bilden mit Linksverteidiger Philipp Max die Abwehrkette des FC Augsburg.

(Foto: Darius Simka / imago)

Der Kader wurde stark verändert. Nun müssen die Befindlichkeiten der ehemaligen Führungsspieler moderiert werden.

Von Thomas Hürner

Es braucht schon ein bisschen Wohlwollen, um den VfL Wolfsburg neben dem FC Bayern als einen "Top-Act der Liga" zu bezeichnen. Natürlich sind die Niedersachsen hervorragend in die Saison gestartet, sie sind in allen Wettbewerben bislang ungeschlagen und hätten am Sonntag sogar die Möglichkeit gehabt, die Tabellenführung in der Bundesliga zu übernehmen. Aber ein "Top-Act", so etwas wie die Rolling Stones des deutschen Profifußballs?

Martin Schmidt, einst selbst Trainer in Wolfsburg, wählte jedenfalls genau diese Formulierung nach diesem 0:0 am Sonntagnachmittag, und angesichts der Vorgeschichte seines FC Augsburg mit diesem Gegner klang das auch gar nicht mehr sonderlich überzogen.

Im letzten Spiel der vergangenen Saison hatten die Schwaben ja eine 1:8 Niederlage in Wolfsburg kassiert, es war eine Erfahrung, die einschneidende Veränderungen zur Folge hatte. Der Defensivverbund wurde im Sommer fast komplett neu zusammengestellt, auch am Sonntag spielten in Stephan Lichtsteiner, Felix Uduokhai und Tin Jedvaj wieder drei Zugänge in der Viererkette gemeinsam mit dem Linksverteidiger Philipp Max. Eine hochwertig besetzte Abwehr, die in dieser Saison aber nicht hochwertig verteidigt hatte. Und die gegen Wolfsburg nun erstmals in dieser Spielzeit ohne Gegentreffer geblieben war.

Schmidt nannte dieses 0:0 in Wolfsburg also verständlicherweise "sehr wichtig", nicht nur wegen des Punktgewinns, sondern weil es seinen Spielern gelungen war "solide zu stehen" und den Gegner "wegzuhalten vom eigenen Tor". Das war den Augsburgern tatsächlich ganz gut gelungen, wenngleich sie in der 85. Minute auch Glück hatten, als ein Treffer des eingewechselten VfL-Spielers Joao Victor nach Einsatz des Videoassistenten aberkannt und ein vermeintliches Handspiel von Jedvaj in derselben Szene nicht geahndet wurde.

Wenn man so will, dann trug sich zwei Minuten vorher aber etwas von mindestens genauso großer Bedeutung für den FCA zu, zumindest perspektivisch. Da wurde der Kapitän Daniel Baier, der nach einer mehrwöchigen Verletzung in die Startformation zurückgekehrt war, für seinen Stellvertreter Jeffrey Gouweleeuw ausgewechselt. Der Niederländer, jahrelang der unumstrittene Chef in der Augsburger Abwehr, war ebenfalls verletzt, in dieser Saison hatte er zuvor noch kein Spiel bestritten. Und das, obwohl er sich nach eigenen Angaben früher dafür bereit gefühlt hätte. Gouweleeuw hatte vor dem Spiel gegen Wolfsburg gesagt, dass "auf der Bank sitzen" natürlich nicht sein Anspruch sei, woraufhin Trainer Schmidt in einer Pressekonferenz auf die gerade entstehende "Teamhierarchie" verwies und daran erinnerte, "dass nicht immer alles durcheinandergewirbelt werden soll". Einige Spieler, so Schmidt, müssten jetzt einfach etwas Geduld haben.

Problematisch daran ist, dass sich ausgerechnet jene Spieler in Geduld üben müssen, die vor dieser Saison in der Teamhierarchie sehr weit oben angesiedelt waren.

Neben Gouweleeuw hatte auch Stürmer Alfred Finnbogason, der dritte Kapitän, seine Unzufriedenheit bereits öffentlich zum Ausdruck gebracht. Gegen Wolfsburg bildete er mit Florian Niederlechner eine Doppelspitze, aber wenn der FCA mit nur einem Stürmer spielt, dann muss auch der Isländer inzwischen draußen bleiben. Für Spielmacher Michael Gregoritsch ist derzeit systemunabhängig kein Platz in der Startelf, in Wolfsburg blieb er ohne Einsatz, beim 2:2 in der Vorwoche gegen den FC Bayern stand er nicht mal im Kader.

Schmidt sieht sich nun einer schwierigen Aufgabe gegenübergestellt. Er muss Befindlichkeiten moderieren und parallel jene mannschaftliche Geschlossenheit schaffen, die nach dem Umbruch im Sommer wieder das Fundament des FCA werden sollte. Was ihm bei seiner Argumention helfen könnte: Punkte sammeln im Kampf um den Klassenverbleib, vor allem solche gegen sogenannte "Top-Acts".

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