Faröer in der EM-Qualifikation:Rückkehr des Zwerges

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Unglaublich: Die Färöer besiegen einen ehemaligen Europameister.

(Foto: AFP)

Fußballwunder durch die Färöer: 24 Jahre nach Österreich erleiden die Griechen eine historische Niederlage in der EM-Qualifikation gegen die Insel-Fußballer. Deren Trainer erleidet das gleiche Schicksal wie damals Josef Hickersberger.

Von Lisa Sonnabend

Am 12. September 1990 setzte sich Jens Martin Knudsen eine weiße Pudelmütze auf und vollbrachte Historisches. Es flogen gefährliche Schüsse von Toni Polster in seine Richtung, auch Peter Pacult zog ab - doch ins Tor ließ der Schlussmann keinen einzigen Ball. Nach 90 Minuten warfen sich die Spieler der färöischen Nationalmannschaft aufeinander, sie umarmten sich. Im ersten Pflicht-Länderspiel der Geschichte war der kleinen Fußballnation tatsächlich ein Sieg gelungen. Die österreichische Nationalmannschaft dagegen verpasste wegen der Niederlage die Qualifikation zur EM und muss seit jenem Septemberabend viel Spott ertragen. Ob es Griechenland nun ähnlich ergeht?

Am Freitagabend gewannen die Färöer in der EM-Qualifikation völlig überraschend mit 1:0 (0:0) gegen den Europameister von 2004. Der 23-jährige Joan Simun Edmundsson traf in der 61. Minute in Piräus und machte sich zum Nationalhelden wie einst Knudsen. Dem 187. der Fifa-Weltrangliste war nach 24 Jahren erneut eine Fußballsensation gelungen. Es waren die ersten drei Punkte für die Färöer in der Gruppe F der EM-Qualifikation, nun liegen sie vor Griechenland auf dem vorletzten Platz.

Die Färöer sind eine zu Dänemark gehörende Inselgruppe im Nordatlantik. Nicht einmal 50 000 Menschen leben hier. Zum Vergleich: In Deutschland spielen allein 6,5 Millionen Menschen in Fußballvereinen. Ähnlich wie Gibraltar sind die Färöer auch ohne staatliche Souveränität Mitglied der Uefa. Für eine Europa- oder Weltmeisterschaft qualifizieren konnte sich die Inselgruppe nie. In den vergangenen Jahren feierte das Nationalteam lediglich Siege gegen andere Fußballzwerge: San Marino, Malta, Luxemburg. Immerhin auch gegen Litauen oder Estland.

Doch der Sieg in Griechenland ist eine andere Dimension. Nach dem Erfolg herrscht nun Ausnahmezustand auf den Inseln. Die Medien widmen sich nur noch einem Thema: Fußball. Zu sehen sind die Nationalspieler, wie sie in der Umkleide tanzen, hüpfen, singen, auf Kisten eintrommeln und mit den Trikots wedeln. Ein Autor der Zeitung Norðlýsið hat eine Hymne auf Trainer Lars Olsen geschrieben. Stolz werden internationale Pressestimmen aufgeführt. Dass die Färöer in den Nachrichten in aller Welt erwähnt werden, das passiert nicht alle Tage. Um genau zu sein: seit 1990 nicht mehr.

Nur bis zum deutschen Nationalspieler Thomas Müller war bis kurz vor Mitternacht noch nicht durchgedrungen, was für ein kurioses Fußballspiel sich in Piräus ereignet hatte. Nach dem 4:0-Erfolg seines Teams gegen Gibraltar schimpfte Müller über die Entscheidung der Uefa, bei der EM-Qualifikation diesmal besonders viele Fußballwinzlinge mitspielen zu lassen. "Solche Spiele sind für uns Spieler nicht ganz so angenehm", beschwerte sich der Weltmeister. "Ob man unseren Profikalender mit solchen Pflichtspielen auffüllen muss, ist die große Frage." Die Griechen hätten sich die Partie wirklich gerne erspart.

Während auf den Färöer gefeiert wird, stürzte Griechenlands Fußball in eine tiefe Krise. "Nach dieser niederschmetternden Niederlage übernehme ich die komplette Verantwortung für die unglückliche Wahl des Trainers", sagte Verbands-Präsident Giorgos Sarris nach der Partie. Wenige Stunden später war Coach Claudio Ranieri nach lediglich drei Monaten im Amt entlassen. Auch Österreichs Nationaltrainer Josef Hickersberger musste 1990 nur einen Tag nach der Blamage gegen die Färöer seinen Posten räumen. Der Spott verfolgt ihn bis heute.

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