Trainer Farke in der Premier LeagueDer Aufstiegs-Serientäter

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Sichtlich berührt: Trainer Daniel Farke am Montagabend beim 6:0-Sieg mit Leeds United, der den Aufstieg sicherstellte.
Sichtlich berührt: Trainer Daniel Farke am Montagabend beim 6:0-Sieg mit Leeds United, der den Aufstieg sicherstellte. (Foto: Richard Bierton/News Images/IMAGO)

Das gab’s noch nie: Der deutsche Trainer Daniel Farke schafft zum dritten Mal den Sprung von Englands zweiter Liga in die Premier League – in Leeds wird er damit zum erfolgreichsten ausländischen Coach in der Historie des englischen Unterhauses.

Von Sven Haist, London

„Fire beast“: Womöglich wird dieser ungewöhnliche Begriff stets mit dem Aufstieg von Leeds United in die Premier League verbunden bleiben. Denn der deutsche Trainer Daniel Farke hatte vorab angekündigt, sich in ein Feierbiest zu verwandeln, sobald die Beförderung seines Klubs feststehe. Weil die von ihm gemeinte Bezeichnung „Feierbiest“ im Englischen wie „fire beast“ klingt, übernahmen die Engländer den Terminus, obwohl dieser in deren Sprache nicht existiert; die Übersetzung von Feierbiest wäre eigentlich party animal. Aber natürlich wussten alle auch so, was gemeint war: einer, der die Nacht zum Tag macht.

Sicherheitshalber führte Daniel Farke später im Sieger-Interview aus, er werde die Party anführen und wolle „ein Bier nach dem anderen und einen Cha­mpa­gner nach dem a­nderen trinken“. Das schien der 48-jährige Westfale aus Steinhausen dann auch umzusetzen, er feierte und tanzte am Montagabend mit den Fans auf der Stadionveranda an der heimischen Elland Road in Leeds. Mit seinem insgesamt dritten Aufstieg in die Premier League ist Farke unumstritten der erfolgreichste ausländische Coach in der Historie der zweiten englischen Liga. Zuvor hatte er bereits Norwich City in den Jahren 2019 und 2021 aus der Championship nach oben geführt. Lediglich dem englischen Trainerveteranen Steve Bruce waren einst vier Aufstiege in die Premier League gelungen.

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Die Feierlichkeiten hatte der Tabellenführer Leeds United am Ostermontag mit seinem 6:0-Heimsieg gegen Stoke City gestartet. Bereits zur Pause stand es 5:0, weil Torjäger Joël Piroe, 25, einer der wertvollsten Spieler im Kader und derzeit der beste Schütze der Liga, dem Gegner gleich vier Tore ins Nest gelegt hatte. Zwar reichte dies allein rechnerisch nicht ganz zum Aufstieg, doch im Verfolgerduell besiegte wenige Stunden später der Zweite Burnley den Dritten Sheffield United – womit Leeds und Burnley bereits zwei Spieltage vor Saisonende als Direktaufsteiger feststehen. Sheffield muss in die Playoffs um den letzten freien Platz in der Premier League.

Die Rückkehr ins Oberhaus bringt Leeds selbst im Falle eines direkten Wiederabstiegs mindestens 200 Millionen Euro ein, durch TV-Einnahmen und allfällige Abfindungszahlungen. Deshalb gilt der Aufstiegs-Serientäter Farke jetzt als Millionärsmacher. Auf der Insel wird gewitzelt, er spiele seinen Klubs mehr Geld ein als jeder andere Trainer. Für Farke hat es sich jedenfalls gelohnt, dass er nach seiner trostlosen Bundesliga-Zeit in Mönchengladbach im Sommer 2023 zurück nach England ging – zu Leeds, das zu diesem Zeitpunkt frisch abgestiegen war.

Zuletzt sind alle Premier-League-Aufsteiger direkt wieder nach unten gestürzt

Beim ersten Versuch in der Vorsaison scheiterte Farke im Aufstiegsendspiel in Wembley, diesmal klappte der Sprung nach oben souverän. Dabei setzte Farke abermals auf attraktiven Ballbesitzfußball. Dass er selbst adäquat mit der Kugel umgehen kann, zeigte eine Szene im Stoke-Match: Als der Ball auf Farke zugeflogen kam, stoppte er diesen technisch elegant. Das Stammpublikum in Leeds johlte auf.

Es sei „schwierig, an einem so emotionalen Tag zu reflektieren“, sagte Farke nach dem 6:0. Er wirkte geschlaucht von all den Anstrengungen. Nachdem Leeds in seinen zurückliegenden drei Erstligajahren zusammengerechnet 350 Millionen Euro in neue Spieler investiert hatte, musste der Klub in dieser Saison sparen. Die besten Spieler zogen für 160 Millionen Euro weiter, und trotz Interventionen des Trainers konnte Leeds nicht mal einen Winterzugang präsentieren. Zudem musste Farke das emotionale Umfeld des dreimaligen Meisters stabilisieren und mit der riesigen Erwartungshaltung im Verein umgehen.

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Hinter Leeds United steckt 49ers Enterprises, der Investment-Arm des American-Football-Unternehmens San Francisco 49ers, dessen Gesamtwert auf fast sieben Milliarden Dollar geschätzt wird. Im Mai 2018 hatte das Kapitalvehikel, in das berühmte Geldgeber aus Sport und Showbusiness investieren (wie Schwimmstar Michael Phelps oder Schauspieler Will Ferrell), erstmals die Fühler nach Nordengland ausgestreckt. Schrittweise wurde der Einfluss bei Leeds United ausgebaut, bis man den Klub als damaligen Zweitligisten 2023 kostengünstig komplett übernahm. Chairman bei Leeds ist Paraag Marathe, der im 49ers-Kosmos verschiedene Rollen einnimmt und mit der York-Familie eng vernetzt ist, der das gesamte Franchise-Gebilde gehört.

Alle Anfragen zur nächsten Saison wehrt Farke bislang süffisant ab

Das Engagement folgt mutmaßlich dem Vorhaben, das Potenzial des weiterhin stark wachsenden und in den USA zunehmend populären europäischen Fußballs auszunutzen. Namhafte Verstärkung erhielt 49ers Enterprises vor einem Jahr durch den sportaffinen Getränkekonzern Red Bull, dessen Fußballbelange inzwischen von Jürgen Klopp beaufsichtigt werden. Die Österreicher wurden Minderheitseigner und übernahmen das Trikotsponsoring. Red Bulls Einstieg sei ein historischer Meilenstein, der Leeds United weiter befähigen werde, das „volle Wettbewerbspotenzial auszuschöpfen“, frohlockte damals Marathe.

Die Zusammenarbeit wirkt wie eine Ressourcenbündelung von zwei kapitalstarken, hoch ambitionierten Playern, die in England durchstarten wollen. Dies dürfte auch notwendig sein, um sich auf der Milliardärsbühne der Premier League dauerhaft etablieren zu können. Als bisher letzter Aufsteiger hatte dies 2022/23 Nottingham Forest geschafft. Seitdem sind alle Aufsteiger direkt wieder nach unten gestürzt, aktuell stehen Ipswich, Leicester und Southampton sogar schon weit vor dem Saisonende als Wiederabsteiger fest.

Auch Farke war es in beiden Anläufen mit Norwich nicht gelungen, nach dem Aufstieg die höchste englische Klasse zu halten. Alle Anfragen zur nächsten Saison wehrt er am Montag süffisant ab: „Macht mir damit keine Angst!“ Farke betonte, jetzt erst mal nichts von Fußball hören zu wollen. Das Einzige, woran er gerade denke, seien Drinks, Drinks, Drinks.

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