Familienduell:Vater gegen Sohn

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"Nils weiß im Dunkeln, wo das Tor steht", schwärmt Andreas Petersen (rechts) über die Stärken seines Sohnes. (Foto: imago/nph)
  • In der ersten Runde des DFB-Pokals spielt Vater Andreas Petersen gegen Sohn Nils Petersen.
  • Andreas ist Trainer bei Germani Halberstadt, Nils Stürmer beim SC Freiburg.
  • Der Vater guckt sich alle Spiele des Sohns beim SC an. Er kennt den Gegner auswendig.

Von Benedikt Warmbrunn, Halberstadt/München

An diesem Samstag, das weiß Andreas Petersen, wird er leiden. Vor vier Wochen hat er ein künstliches Kniegelenk eingesetzt bekommen, und er, der sonst sein Team so leidenschaftlich an der Seitenlinie begleitet, hüpfend, springend, gestikulierend, er muss nun 90 Minuten lang sitzen. Gucken, reden, mehr geht nicht. Doch das Kniegelenk ist es nicht, das Petersen Sorgen macht. "In meiner Brust", sagt er, "schlagen zwei Herzen."

Die erste Runde im DFB-Pokal ist auch immer die Zeit für kleine und große Geschichten, dieses Jahr ist eine dieser kleinen, großen Geschichten die von Andreas Petersen, 57, Trainer des VfB Germania Halberstadt. An diesem Samstag (15.30 Uhr) empfängt seine Mannschaft, der Aufsteiger in die Regionalliga Nordost, den SC Freiburg, also genau die Mannschaft, die sich Petersen gewünscht hatte. Für den SC stürmt sein Sohn Nils, 28.

Die beiden hatten sich die Auslosung gemeinsam angeschaut, danach, erzählt Andreas Petersen, "sind wir uns in den Armen gelegen, mit Tränen in den Augen". Schon lange hatten sie davon geträumt, einmal gegeneinander anzutreten; zuletzt hatten sie überlegt, ein Freundschaftsspiel der beiden Vereine zu organisieren. Doch je näher die erste Pokal-Runde rückte, umso mehr merkte Trainer Petersen, wie schwer das ist, gegen den Sohn anzutreten.

Andreas Petersen schaut sich jedes Spiel des SC Freiburg an, und wenn er zeitgleich selbst spielt, dann nimmt er die Partie auf. Und danach ruft er jedes Mal seinen Sohn an, zur strengen Analyse, "da bin ich immer offen und kritisch". Petersen musste sich auf Freiburg daher nicht wirklich einstimmen, er kennt die Mannschaft auswendig. Allerdings redet er mit seinem Sohn auch über das eigene Team; Nils hat als Jugendlicher selbst drei Jahre lang für Halberstadt gespielt, er schaut immer wieder vorbei, beim Training, beim Spiel. Ende Juli war der Filius beim 1:1 beim Meisterschaftsfavoriten Nordhausen dabei, anschließend sagte er zu seinem Vater: "Das wird eklig gegen euch."

Dem Sohn fehlt allein die Schnelligkeit des Vaters

Spricht der Trainer Petersen über den Stürmer Petersen, dann schwärmt er von "schlauen Laufwegen", von einem "sensationellen Näschen", dann sagt er: "Nils weiß im Dunkeln, wo das Tor steht." So sehr schwärmt er, dass er nur auf Nachfrage gesteht, dass dem Stürmer Nils Petersen vielleicht etwas die Schnelligkeit des früheren Stürmers Andreas Petersen fehlt, der immerhin stolz darauf verweist, Torschützenkönig in der zweiten Liga der DDR geworden zu sein (was dem Sohn ein paar Jahrzehnte danach in der 2. Bundesliga auch gelang). Der Trainer Petersen sagt über den Stürmer Petersen allerdings auch: "Nils ist ein Wohlfühlspieler." Und Wohlfühlspieler mögen es nicht, wenn es eklig wird.

Halberstadt, kündigt der Vater an, werde durchaus Elemente des modernen Fußballs zeigen, "bis zum Sechzehner haben auch wir Raumdeckung", aber er weiß, dass sie Freiburg nicht schlagen werden, weil sie den schöneren Fußball spielen. "Wir spielen körperbetont, sind sehr athletisch, werden läuferisch kaum schlechter sein als Freiburg. Und sobald ein Angreifer zu uns in den Strafraum kommt, dann stehen wir dem so lange auf den Füßen, bis er freiwillig wieder rausgeht", sagt Petersen, nur darin sieht er die Chance seines Teams. In Freiburg sei nach dem Scheitern in der Qualifikation zur Europa League Unruhe, hat Petersen beobachtet. "Da kann es reichen, dass wir eine halbe Stunde lang unser Tor sauber halten, und schon fangen die an, an sich selbst zu zweifeln." Auch Nils Petersen? "Ich wünsche es ihm nicht. Aber wenn er das Gefühl hat, dass alles läuft für Freiburg, dann macht er auch sein Tor. Und dann wird es ganz schwer für uns."

Bis zum Anpfiff wird Petersen ausnahmsweise ganz wenig über das nächste Spiel mit seinem Sohn sprechen, vor dem Anpfiff werden sie sich einmal lange umarmen, darauf freut sich der Vater schon. Dann wird er versuchen, ruhig auf der Bank zu sitzen. Und wenn alles vorbei ist, werden sie sich noch einmal umarmen und ganz kurz über ihr erstes Duell reden.

Spätestens am Sonntag wird der Vater dem Sohn am Telefon offen und kritisch sagen, was diesem gelungen ist. Und was vielleicht nicht.

© SZ vom 11.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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