Süddeutsche Zeitung

Fall Beckenbauer:Das Kreuz mit der Selbstaufklärung im Sport

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Die vom DFB beauftragte Untersuchung der Affäre rund um die WM 2006 gerät ins Zwielicht. Wie es zu der Zahlung von 5,5 Millionen Euro an Franz Beckenbauer kam, muss dringend geklärt werden.

Kommentar von Thomas Kistner

Es ist ein Kreuz mit der Selbstaufklärung, die sich ja gerade im Sport starker Beliebtheit erfreut - und gewöhnlich Resultate produziert, mit denen der Auftraggeber gut leben kann. Vor allem im Fußball, wo die Verbände keine Peinlichkeit zur Selbstabsolution scheuen. Auch das Internationale Olympische Komitee erzielt Kabarettreife mit Stäben und Kommissionen, wie nicht nur der Umgang mit Russlands Staatsdoping zeigt.

So passt das Deutungsduell beim DFB rund um die Aufklärung zur WM 2006 gut ins Bild. Schon die Sommermärchen-Ermittlungen der Kanzlei Freshfields hatten zu Verstimmung bei jenen Strafbehörden geführt, die allerlei anrüchige Fußballkomplexe durchleuchten. Dann konnte auch die DFB-Selbstbeschau nicht klären, zu welchem Zweck die WM-Organisatoren um Franz Beckenbauer 6,7 Millionen Euro nach Katar überwiesen haben.

Nun braucht es Aufklärung zur Aufklärung. Dass der DFB und seine Sonderermittler widersprüchliche Angaben dazu machen, wie eine vor Monaten entdeckte Millionenzahlung an Beckenbauer bewertet wurde, beschädigt die Glaubwürdigkeit des Unterfangens. Freshfields will den DFB-Funktionären dargelegt haben, dass die Millionen von Verbandskonten flossen.

Die DFB-Spitze hält empört dagegen, ihr habe Freshfields nur von einem "separaten" Werbevertrag berichtet, den der nationale WM-Förderer Oddset mit Beckenbauer selbst unterhalten habe - weshalb sie die Sache als geregelt und nicht weiter relevant betrachtet hätte.

Es gehört dringend geklärt, welche Informationen vorlagen, und welche weitergereicht wurden. Schon jetzt fragt man sich: Wieso hat Freshfields die Millionenzahlung nicht in seinem Report vermerkt - zumal, wenn die Ermittler da schon wussten, dass nicht der Sponsor, sondern der DFB gezahlt hatte?

Die Behauptung, die Zahlung hätte nichts mit den 6,7 Millionen Euro zu tun, deren Weg gen Katar die Kanzlei nachspürte, hält jetzt nicht mehr stand. Beckenbauer und seine Konten spielen in beiden Fällen eine Rolle. Und solange die dubiose Verwendung des in der Wüste versickerten Geldes ungeklärt ist, kann niemand völlig ausschließen, dass es da irgendeine Beziehung gibt. Der DFB stand ja in so mancher Schuld beim Fußballkaiser. Dass die Zahlung an ihn in den Report gehört hätte, steht außer Frage.

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Quelle:
SZ vom 16.09.2016
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