Süddeutsche Zeitung

Extremsport:Ungewissheit bis zum Schluss

Bei seinem Versuch, die Welt in 120 Ironman-Distanzen zu umrunden, muss Jonas Deichmann nun seine Pläne ändern: Wegen Grenzschließungen und der Corona-Pandemie.

Von Nadine Regel

"Hilfe benötigt! Ich suche Segelboot und Crew, um den Atlantik zu überqueren", das schreibt Jonas Deichmann vor ein paar Tagen auf seinem Facebook-Account. Aber wollte der 33-Jährige bei seinem Triathlon um die Welt nicht erst den Pazifik überqueren? Wollte er. Doch Deichmann muss seine Pläne ändern, derzeit steckt er in der Türkei fest. Die Grenzen auf der Südroute via Iran, Pakistan und Indien sind geschlossen, Russland stellt sich derzeit noch quer, den Münchner Langstreckenradler ins Land zu lassen. Das liegt wohl nicht nur an der Coronavirus-Pandemie, sagt Deichmann am Telefon: "Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sind generell angespannt". Nun feilt er an einem Alternativplan - die Route bleibt die gleiche, nur die Richtung will er wechseln.

Der Extremsportler, der in München lebt, probiert sich seit September 2020 an seinem neuesten Rekord. Er will die Welt in 120 Ironman-Distanzen und emissionsfrei einmal umrunden. Den wohl technisch schwierigsten Teil hat er schon gemeistert. Deichmann schwamm in 54 Tagen 450 Kilometer entlang der kroatischen Küste nach Dubrovnik. Damit hat er den Rekord für die längste, nicht assistierte Schwimmstrecke der Welt aufgestellt. Von dort stieg er aufs Rad um. Nun fehlen noch 20 000 Kilometer mit dem Rad, 5000 Kilometer Laufen und zwei Segelpassagen, bis er wieder an seinem Ausgangspunkt in München zurück ist.

Vier Monate durch die USA laufen - auf diesen Part freut sich Deichmann am meisten

Die größten Herausforderungen sind nun nicht mehr die Quallen in seinem Gesicht, die starke Strömung oder die schwierige Schlafplatzsuche - sondern die Bürokratie. Sein Türkei-Visum ist noch sieben Wochen gültig. "Ich bleibe erstmal hier und arbeite an Plan C", sagt Deichmann. Der sieht vor, dass er zurück nach Europa radelt und seine Tour quasi andersherum fortsetzt. Von Portugal will er mit einem Segelschiff in die USA übersetzen und dort dann erstmal vier Monate lang quer durchs Land laufen: "Auf diesen Part freue ich mich am meisten".

Die Amtsübergabe von Donald Trump an den künftigen US-Präsidenten Joe Biden wolle er unbedingt noch abwarten. Die Corona-Richtlinien könnten sich dann entscheidend ändern. Bisher kann man ins Land einreisen, wenn man nachweisen kann, sich 14 Tage nicht im Schengenraum aufgehalten zu haben. Solang würde Deichmann auf hoher See verbringen - Interessenten gäbe es auch schon, die ihm eine Mitfahrgelegenheit im Segelboot angeboten hätten.

Der Triathlon um die Welt wird zur Geduldsübung. "Emotional ist es keine Überraschung", sagt Deichmann, der Langstrecken wie die Panamericana oder die Kontinentaldurchquerung Eurasiens mit dem Rad in Rekordzeit gemeistert hat - und sein Ankunftsdatum auf den Tag genau ausrechnen konnte. Bei seiner jetzigen Reise bleibt wohl alles bis zur letzten Minute ungewiss. Gerade genießt Jonas Deichmann "die perfekten Bedingungen zum Radfahren": Bei 15 Grad und Sonnenschein lässt sich die Zwangspause in der Türkei ganz gut aushalten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5176194
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/and
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.