Eva Lys bei den US Open„Ich will zeigen, dass man trotz der Krankheit auf Topniveau spielen kann“

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Den Spitznamen Lucky Lys will sie nicht bis zum Karriereende tragen: Eva Lys, hier in Cincinnati.
Den Spitznamen Lucky Lys will sie nicht bis zum Karriereende tragen: Eva Lys, hier in Cincinnati. (Foto: Matthwe Stockman/Getty Images via AFP)

Tennisprofi Eva Lys leidet an einer rheumatischen Autoimmunkrankheit – und muss akzeptieren, dass sie gute und schlechte Tage hat. Bei den US Open glaubt sie an viele gute.

Von Jürgen Schmieder, New York

Die größte Freiheit des Menschen liegt bekanntermaßen darin, wie er mit den Dingen umgeht, die einem das Leben serviert. Das kann ein Topf voller Gold sein oder ein Sack Zitronen, und genau deshalb will Eva Lys zweierlei nicht sein: Glückskeks und armes Häschen. Sie hatte bereits im Frühjahr klargestellt, dass ihr natürlich bewusst sei, dass sie die Tennisgötter gut beschenkt hatten bei den Australian Open durch ihr  Nachrücken ins Hauptfeld als Lucky Loser trotz Quali-Niederlage; der Spitzname Lucky Lys möge aber nun bitte nicht auf Lebenszeit an ihr haften. Die drei Partien danach hatte sie mit teils begeisterndem Tennis gewonnen. Sie ist seitdem bis auf Platz 55 der Weltrangliste vorgerückt und hatte kürzlich in Cincinnati gar einen Matchball gegen Australian-Open-Siegerin Madison Keys.

„Dieser Ballwechsel ist in den beiden Tagen danach immer wieder vor dem geistigen Auge aufgetaucht“, sagt sie nun bei einer kurzen Plauderei vor Beginn der US Open. Deshalb: nur schnell weiter nach Cleveland und „den nächsten Matchball verwerten, denn der gegen Keys kam in genau diesem Moment wirklich hoch“. Also: nicht lange nachdenken, sondern einfach weitermachen.

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Tennis ist bei allen körperlichen und technischen Anforderungen auch eine extreme Mentaldisziplin. Langfristig erfolgreich sind jene, die sich nicht allzu sehr in extreme Emotionen locken lassen. Denn: Das Viertelfinale von Cleveland musste Lys absagen; aufgrund ihrer rheumatischen Autoimmunkrankheit schmerzte der Rücken zu sehr. „Es gibt Tage, an denen es einfach nicht geht. Das war so einer“, sagt sie: „Es ist enttäuschend. Aber ich weiß, dass es passieren kann, und ich weiß, dass ich damit umgehen muss.“ Sie könne es sowieso nicht ändern: „Die Morgensteifheit ist immer da. Regen merke ich sofort in den Gelenken. Ich frage mich dann: Mache ich es schlimmer mit Sport? Wenn ich mir nicht sicher bin, lasse ich es bleiben. Eine kurze Pause verhindert eine längere.“

Nur drei deutsche Spielerinnen sind bei den US Open am Start, Lys, Siegemund und Maria

Es ist nun mal, wie es ist, und genau deshalb geht Lys offen mit ihrer schweren Krankheit um. „Ich tue das nicht, damit die Leute mit mir Mitleid haben oder ich es als Entschuldigung habe“, sagt sie: „Ich will lieber zeigen, dass man trotz der Krankheit auf Topniveau spielen kann. Ich will den Leuten Hoffnung machen: Ja, es ist nicht einfach, es gibt Rückschläge. Aber: immer weiter, es geht voran.“

Sie habe fünf Jahre gebraucht, um Krankheit und Karriere in Einklang zu bringen: „Ich bin kräftiger und schneller, ich kann auch längere Partien durchhalten. Die letzten drei Jahre habe ich zwölf, 15 und 17 Turnier gespielt“, sagt sie. Diesmal sind die US Open Nummer 17, „und das Jahr ist noch lange nicht vorbei.“ Diese Stabilität verbunden mit dem gelassenen Umgang mit erzwungenen Pausen führe zum gesunden Selbstbewusstsein, das sie an Erfolg in New York glauben lässt. Es sind nur drei deutsche Spielerinnen im Hauptfeld, die allesamt am Dienstag ihre Erstrundenpartien bestreiten: die Veteraninnen Laura Siegemund, 37, und Tatjana Maria, 38, gegen Diana Shnaider (Russland) und Maria Sakkari (Griechenland) – und die 23-jährige Lys gegen die Qualifikantin Francesca Jones (Großbritannien).

„Ich rücke immer näher ran“, sagt Lys über ihre Matchbälle gegen Grand-Slam-Siegerinnen und das Ziel, sich in den Top 50 der Welt oder gar noch weiter oben zu etablieren: „Ich bin stärker aus der Partie gegen Keys gekommen, den nächsten Matchball werde ich nicht verlieren.“ Körperlich fühlt sie sich in New York ohnehin wohler als viele andere Spielerinnen, die Sommerhitze im Big Apple ist für ihre Gelenke eher wohltuend. Sie ist weder Glückskeks noch armes Häschen, sondern: selbstbewusste und topfitte Tennisspielerin – und damit gefährliche Gegnerin.

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