Viele berühmte Motive gibt es aus der Geschichte des Ryder Cups, und häufig spielt Champagner eine Rolle. Dass in der Elitesektion des Golfsports kein handelsüblicher Sekt getrunken wird, sondern die Edelversion, ist ebenso wenig überraschend wie der Fakt, dass er beim Jubel gerne über die Grüns versprüht wird - man weiß zu feiern, unter Golfern. Und zu feiern gab es immer schon genug für Sergio Garcia, Ian Poulter und Lee Westwood.
Über zweieinhalb Jahrzehnte hat das Trio, der Spanier und die beiden Engländer, das europäische Golfspiel dominiert, insbesondere beim Kontinentalvergleich mit den USA. In der Rangliste der erfolgreichsten Ryder-Cup-Spieler der Geschichte liegt Garcia auf Platz zwei, Poulter auf Platz vier und Westwood auf Platz zehn. Und dabei wird es auch bleiben: Die sportliche Konsequenz einer historischen Entzweiung, der Abwanderung einiger der besten Profis zur saudischen LIV-Tour, ist, dass alle drei nie wieder einen Ryder Cup spielen werden: Neben anderen Folgen des Streits zwischen der europäischen DP World Tour und denen, die inzwischen lieber für saudi-arabisches Geld spielen, ist das eine Art Zwischenfazit.
Streit im Golf:Der Titelverteidiger ist nur noch Nachbar
Vorjahressieger Cameron Smith wird bei der Players Championship nicht antreten - er spielt inzwischen auf der saudi-arabischen LIV Tour. Der Fall zeigt, wie gespalten die Golfwelt ist, in der inzwischen mit offenen Worten gekämpft wird.
Seit elf Monaten schon hatte sich der Konflikt aufgebaut, als die LIV-Tour ankündigte, sie werde im Juni 2022 außerhalb Londons das erste Turnier ihrer neuen, umstrittenen, weil aus der saudi-arabischen Staatskasse finanzierten Wettbewerbs-Serie ausspielen. Die Saudis veröffentlichten feierlich, wen sie unter Vertrag nahmen für der Öffentlichkeit nicht genau bekannte, aber angebliche Millionenbeträge an Startgeld. Darunter waren unter anderem die genannten drei Ryder-Cup-Helden sowie der Deutsche Martin Kaymer, die daraufhin bei ihrer europäischen Heimattour um einen sogenannten Release baten: eine Freistellung von ihrem Vertrag mit der DP World Tour, vorerst für nur eine Woche.
Im April entschied ein Schiedsgericht, dass die Strafe für den Vertragsbuch gerechtfertigt sei
Keith Pelley, CEO der europäischen Tour, verweigerte seinen Topspielern diesen Wechsel damals aus protektionistischen Gründen und kündigte Strafzahlungen in Höhe von 100 000 Pfund für diejenigen an, die trotzdem spielen würden. Pelleys Drohung wurde ignoriert - womit ein Rechtsstreit begann, der sich bis heute zieht. Die LIV-Spieler nämlich klagten im Verbund gegen diese Regelung, weil sie ihre Startberechtigungen nicht abgeben wollten.
Garcia und Co. sahen ihre Zukunft offenbar als golfende Rosinenpicker: Das große Geld würden sie bei den Saudis verdienen, das beste Golf aber in Europa (und den USA) spielen und sich dann beim Ryder Cup als europäische Helden feiern lassen. Ein wenig so, als würden elitäre Fußballvereine eine Super League gründen, aber ab und an noch für Spiele in den guten, alten heimischen Ligen zur Verfügung stehen.
Im April entschied nun auch ein Schiedsgericht, dass die Strafe für den Vertragsbuch gerechtfertigt sei. Die Mehrheit der Spieler akzeptierte das Urteil und musste wohl nicht einmal selbst die 100 000 Pfund entrichten: Der britische Telegraph recherchierte, dass 700 000 Pfund direkt von einem LIV-Konto an die Europäer flossen, was möglicherweise darauf hindeutet, dass die saudi-arabischen Sponsoren die Strafzahlung für die Spieler übernehmen - zumindest für den Teil, der das vorab bereits ausgehandelt hatte.
Das alles führte nun zum kompletten Bruch: Vergangene Woche gaben Westwood, Poulter, Garcia und der Brite Richard Bland offiziell ihre sogenannten Tourkarten zurück und sind damit nicht mehr Mitglieder der europäischen Golftour, was auch ihre Teilnahme am Ryder Cup unmöglich macht. Eine "Konsequenz ihrer eigenen Entscheidungen", sah die Tour darin, dankte den Spielern aber immerhin für "ihre jahrelangen Verdienste", während Westwood sich im Telegraph über die Europäer beschwerte: Es sei ihm doch erlaubt worden, jahrelang gleichzeitig Mitglied auf der europäischen und amerikanischen PGA Tour zu sein, so Westwood: "Was ist da der Unterschied? Nur weil LIV von den Saudis finanziert wird?"
Westwoods Vorwurf, die europäische Tour liege "mit der amerikanischen Tour im Bett", ist zwar bildhaft formuliert, aber völlig richtig: Europäer und Amerikaner machen mehr gemeinsame Sache als je zuvor und versuchen so, sich den zahlungskräftigen Saudis zu widersetzen, die sich selbst gerne als Disruptors - als Störer des etablierten Systems - darstellten.
Sergio Garcia, schon immer sehr eigenwillig, sagt nichts, sondern lässt seine Anwälte reden
Westwoods Aussagen war eine gewisse Verbitterung anzumerken. Sein langjähriger Kollege Garcia allerdings fand keine Worte, sondern sorgte für Tatsachen. "Sergio Garcia hat seine Strafe (...) nicht bezahlt, noch hat er irgendwelche Anzeichen dafür gegeben, dass er beabsichtigt, das zu tun", teilte die Tour mit. Der Spanier Garcia galt in seinen besten Jahren auf dem Golfplatz schon als eigenwilliger Charakter, was sich damals sportlich auszahlte -nun setzt er als letzter der LIV-Spieler noch einen Rechtsstreit gegen seine ehemalige Heimattour mit geringer Aussicht auf Erfolg fort. Die Tour jedenfalls prüft nach eigener Aussage "geeignete Maßnahmen" gegen den Spanier.
Damit steht nicht nur fest, dass es keinen Champagner mehr beim Ryder Cup für Garcia geben wird: Der Konflikt, der vor allem von Spielerseite mit beachtlichen Schärfe im Ton ausgetragen wird, ist schon jetzt ein Schandfleck der Golfgeschichte, sodass Kaltgetränke jeglicher Art kaum angemessen sind.