Süddeutsche Zeitung

European-Tour-Finale im Golf:Charmeoffensive

Europa muss versuchen, im Golf nicht den Anschluss an die USA zu verlieren. Das soll mit dem Verweis auf die Tradition gelingen - und einer Finanzhilfe aus Dubai.

Von Felix Haselsteiner, Dubai/München

Eine kleine Bemerkung musste Keith Pelley sich dann doch in Richtung von Collin Morikawa erlauben. "Ich habe hier die lebenslange Ehrenmitgliedschaft für dich", sagte Pelley, CEO der European Tour am Mittwoch, "und die geben wir dir, trotz deiner Leistungen beim Ryder Cup." Der US-Amerikaner Morikawa, der im September noch entscheidend zur deutlichen Niederlage des europäischen Teams beim Ryder Cup beigetragen hatte, zeigte sein freundlichstes kalifornisches Sunny-Boy-Lächeln. Dann bedankte er sich mit einem Handschlag für die Auszeichnung, die eine ewige Startberechtigung auf der europäischen Tour beinhaltet - hinter der allerdings mehr steckt als nur eine Anerkennung der großen Erfolge des erst 24 Jahre alten zweimaligen Major-Champions.

Jahr für Jahr findet sich die European Tour im November zum Saisonfinale in Dubai ein, die Jumeirah Golf Estates, einen Langstreckenflug von Europa und eine gute halbe Stunde Autofahrt vom Epizentrum der Wüstenmetropole entfernt, sind mittlerweile eine zweite Heimat des europäischen Golfsports geworden. Dubai spielt nicht nur eine gewichtige Rolle, weil der Platz schön und das Wetter im November angenehm warm ist. Das Logistikunternehmen DP World wird ab dem kommenden Jahr auch noch Namensponsor der Tour. Ein Unternehmen, dessen Haupteigentümer die staatliche Investmentgruppe der Vereinigten Arabischen Emirate ist, soll finanziell dann dazu beitragen, dass Europa im internationalen Golfsport weiterhin konkurrenzfähig bleibt - und nicht den Anschluss an die USA verliert.

Europäische Talente haben mehr Anreize, auf der zweithöchsten Tour in den USA zu spielen

Der Ryder Cup, den Pelley am Mittwoch noch im Scherz erwähnte, war nur ein sportliches Indiz dafür, was sich bereits seit langem anbahnt: Die Unterschiede zwischen den USA und Europa werden größer. Europäische Talente haben mittlerweile mehr Anreize, auf der zweithöchsten Tour in den USA zu spielen als auf der European Tour, nicht zuletzt weil seit Ausbruch der Pandemie der reduzierte Turnierkalender in Europa auch deutliche Einschränkungen bei den Preisgeldern mit sich bringt. Auf der PGA Tour wurden diese hingegen in der selben Zeit aufgestockt.

Was Europa im Spiel hält, ist die Tradition. Morikawas Sieg bei den British Open im Juli war für ihn von herausragender sportlicher Bedeutung, weil es das älteste Turnier der Welt darstellt - da ist dann auch das Preisgeld zweitrangig. Weil Morikawa auch noch ein Turnier der sogenannten World-Golf-Championship-Serie gewann, das in die europäische Saisonrangliste einfließt, gilt der US-Amerikaner nun beim Saisonfinale am Wochenende aber als aussichtsreichster Kandidat für den Sieg der europäischen Gesamt-Saisonwertung, obwohl er nur zwei reguläre Starts auf der European Tour hatte. Zum Vergleich: Der österreichische Ryder-Cup-Teilnehmer Bernd Wiesberger spielte 21 Mal in Europa - liegt aber im Punkte-Ranking nicht in Schlagdistanz.

Das ist kein Designfehler im System, sondern bewusst gewählt: Um die jungen, internationalen Ausnahmegolfer wie Morikawa auch in den kommenden Jahren nach Europa zu lotsen, brauchen sie die Aussicht darauf, mit wenigen Starts am Saisonende - wenn es um das große Geld geht - dennoch die großen Sieger zu sein. Und auch eine Charmeoffensive kann funktionieren, denn am Ende geht es Golfspielern natürlich darum, möglichst oft gemeinsam mit den Legenden der eigenen Sportart genannt zu werden: Vor Morikawa erhielten nur die US-Amerikaner Arnold Palmer, Jack Nicklaus, Tom Watson und Patrick Reed eine lebenslange Mitgliedschaft der European Tour. Die Auszeichnung sei für ihn daher auch "eines der Highlights seiner Karriere".

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