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Europa League:Und dann war da nur noch einer

Während Union Berlin in Belgien müde wirkt und der SC Freiburg gegen die ausgebufften Routiniers von Juventus Turin zu viele Chancen liegen lässt, zieht Bayer Leverkusen als einziger deutscher Klub souverän ins Viertelfinale der Europa League ein.

SC Freiburg - Juventus Turin 0:2 (0:1)

Nachdem das Aus des SC Freiburg in der Europa League besiegelt war, standen die Fans der Breisgauer geschlossen auf und feierten den unterlegenen Fußball-Bundesligisten. Minutenlang verließen die Spieler nicht den Rasen, und ebenso lange sangen die Anhänger und drückten so ihren Stolz aus, obwohl die Reise durch Europa im Achtelfinale am Donnerstagabend ein Ende fand. Ein umstrittenes Handspiel hatte Freiburg beim 0:2 (0:1) gegen Juventus Turin zuvor durchgeschüttelt. Der italienische Rekordmeister profitierte kurz vor der Halbzeit von einem viel diskutierten Handelfmeter. Diesen verwandelte Dusan Vlahovic (45. Minute), nachdem Freiburgs Manuel Gulde den Ball an den Unterarm bekommen hatte. Zu allem Überfluss sah Gulde die gelb-rote Karte und musste vom Feld.

In der zweiten Halbzeit zeigte sich der Bundesligist verbessert, leistete sich aber den Luxus, viele Chancen zu vergeben und an Torwart Wojciech Szczesny zu scheitern. Fast folgerichtig traf Federico Chiesa (90.+5) spät zum finalen 2:0. "Wir haben im entscheidenden Moment Pech gehabt. Leider hat es nicht gereicht und wir scheiden aus, aber so wie wir es gemacht haben, war es in Ordnung", sagte Freiburgs Michael Gregoritsch bei RTL stolz: "Das ist ein absolutes Top-Spiel gewesen von uns. Was gefehlt hat, ist das Tor."

Die Freiburger, die lange in Unterzahl spielten und trotzdem alles versuchten, hatten sich nach dem 0:1 im Hinspiel für das bedeutendste Spiel ihrer Vereinsgeschichte eine Menge vorgenommen. Mehr als die doppelte Anzahl an Karten hätten die Freiburger verkaufen können, doch auch so sorgte die Mehrheit der 33 420 Zuschauer im Europa-Park Stadion für ein stimmungsvolles Fußballfest. Und die Freiburger Spieler trugen ihren Teil dazu bei, dass es in der Arena nach dem Anpfiff noch lauter wurde. Sie waren von der ersten Minute an aggressiv und präsentierten sich anders als im Hinspiel deutlich mutiger. Auch der erste Abschluss gehörte den Hausherren. Aus der Distanz brachte Ritsu Doan aber keinen Druck hinter den Ball (5.).

Immer wieder scheitert Freiburg an Juves Torwart Wojciech Szczesny

SC-Trainer Christian Streich überraschte mit seiner Startelf, weil er den italienischen Nationalspieler Vincenzo Grifo zunächst auf die Bank setzte. "Es steckt nichts dahinter. Ich habe mich ganz, ganz schweren Herzens dazu entschlossen. Es tut mir wahnsinnig leid für Vincenzo, aber ich musste so entscheiden", sagte der Coach bei RTL+. In den Anfangsminuten durfte er sich bestätigt fühlen. Nur dank Wojciech Szczesny, der einen Kopfball von Matthias Ginter glänzend parierte, wahrten die Turiner ihren Vorsprung (21.).

Gäste-Trainer Massimiliano Allegri hatte bei der Pressekonferenz angekündigt, sich nicht auf dem Polster ausruhen zu wollen. "Wir wollen hier ein Tor erzielen, denn nur zu versuchen, ein torloses Unentschieden zu verteidigen, ist wirklich keine gute Idee", hatte er gesagt. Seine Mannschaft investierte jedoch über weite Strecken kaum etwas in die Offensive - bis zur 27. Minute. Nach einem Freistoß des früheren Frankfurters Filip Kostic schoss Vlahovic den Ball über die Linie. Der Videoschiedsrichter schaltete sich aber wegen einer Abseitsposition ein, der Treffer fand keine Anerkennung.

Es war der Auftakt einer besseren Phase der Turiner, die sich kurz vor der Pause belohnten. Gulde, der für den weiterhin verletzten Philipp Lienhart ran durfte, sprang der Ball unglücklich an den Unterarm. Für das Vergehen sah er seine zweite Gelbe Karte. Beim schwach geschossenen Strafstoß war Flekken dran, doch Vlahovic hatte Glück. Nach dem Platzverweis stärkte Streich die Defensive.

Gefahr strahlten seine Spieler aber auch weiterhin aus. Nach einer undurchsichtigen Situation entschied Schiedsrichter Serdar Gözübüyük erneut gegen den SC und zog damit den Unmut der Heim-Fans auf sich. Die routinierten Turiner ließen sich von der hitzigen Stimmung nicht verunsichern und taten nach dem Seitenwechsel nicht mehr als nötig, den Rest erledigte ihr Torwart.

St. Union Saint-Gilloise - Union Berlin 3:0 (1:0)

Das Europa-League-Märchen ist zu Ende: Union Berlin hat den nächsten historischen Triumph verpasst und ist im Achtelfinale gescheitert. Die Mannschaft von Trainer Urs Fischer unterlag im Rückspiel bei Union Saint-Gilloise verdient mit 0:3 (0:1) und versäumte somit den erstmaligen Einzug in ein europäisches Viertelfinale. Teddy Teuma (18.), Lazare Amani (63.) und Loic Lapoussin (90.+4) trafen für die Belgier und zerstörten nach dem 3:3 im Hinspiel alle Berliner Hoffnungen auf den Einzug in die Runde der besten Acht. Janik Haberer sah in der Schlussphase noch die gelb-rote Karte (80.).

In der Bundesliga mischt Union derweil weiter im Kampf um die Champions-League-Plätze mit, das Aus auf internationaler Bühne ist vor dem nächsten Duell mit dem Tabellennachbarn Eintracht Frankfurt am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) jedoch ein Dämpfer.

Mit Blick auf das wilde Hinspiel gegen Saint-Gilloise im Stadion An der Alten Försterei, in dem die Köpenicker dreimal nach einem Rückstand zurückgekommen waren, hatte Fischer betont, dass Union "den ein oder anderen Fehler" vermeiden müsse: "Wir wollen in die nächste Runde einziehen und müssen dafür ans Limit gehen." Union begann mutig, der erste Abschluss von Sven Michel war jedoch kein Problem für Keeper Anthony Moris (3.). Die Gastgeber hingegen lauerten auf Konter und sorgten damit auf Berliner Seite gleich zu Beginn für eine Schrecksekunde: Diogo Leite verlor den Ball bei einer Klärungsaktion, den anschließenden Abschluss von Simon Adingra blockte Robin Knoche auf der Linie, den zweiten Versuch setzte Victor Boniface an den Pfosten (6.).

Wenig später hatte Union bei einem weiteren Patzer weniger Glück. Kurz vor dem eigenen Tor brachte Knoche den Portugiesen Leite mit einem schlechten Pass in Bedrängnis, Adingra war einen Schritt schneller, Teuma schob zur Führung ein. Die Belgier, die bereits Gruppengegner der Köpenicker gewesen waren, übten weiter Druck aus. Von den Berlinern, die von rund 2000 mitgereisten Fans unterstützt wurden, war offensiv wenig zu sehen. Auch nach der Pause tat sich Union schwer, Fischer reagierte und wechselte doppelt. Haberer und Jordan Siebatcheu kamen für Aissa Laidouni und Michel (56.). Doch es folgte der nächste Dämpfer. Boniface fand nach ein paar Übersteigern im Unioner Strafraum Amani, der für die Gastgeber erhöhte. Die Köpenicker hingegen hatten weiterhin ihre Probleme und blieben bei ihren Vorstoßversuchen meist in den gegnerischen Reihen hängen.

Ferencvaros Budapest - Bayer 04 Leverkusen 0:2 (0:1)

Nach einem Blitztreffer des unaufhaltsamen Moussa Diaby ist Bayer Leverkusen ins Viertelfinale der Europa League gestürmt. Die Rheinländer gewannen auch das Achtelfinal-Rückspiel bei Ferencvaros Budapest 2:0 (1:0) und können weiter vom zweiten Titel im europäischen Fußball träumen - 1988 hatten sie im Vorgängerwettbewerb Uefa-Pokal triumphiert. Diaby (3.) brachte das Team von Trainer Xabi Alonso gleich mit dem ersten Angriff in Führung, der pfeilschnelle Franzose versetzte damit nicht nur Ferencvaros einen Wirkungstreffer: Auch das ungarische Publikum, das die Mannschaft nach dem 0:2 aus dem Hinspiel zur Aufholjagd peitschen wollte, wurde schlagartig ruhiger. Der eingewechselte Amine Adli (81.) legte in der Schlussphase nach.

Ende Mai will Leverkusen nach Budapest zurückkehren, dort findet im Stadion von Ferencvaros das Finale statt. Zunächst aber steht das Viertelfinale an, und bei der Auslosung am Freitag (13 Uhr) in der Zentrale der Europäischen Fußball-Union kann sich Bayer auf einen attraktiven Gegner freuen. Unter anderem Manchester United, Europa-League-Rekordsieger FC Sevilla und Juventus Turin haben es ebenfalls in die nächste Runde geschafft.

Seine Mannschaft sei "bereit", hatte Alonso vor dem Duell beim ungarischen Rekordmeister gesagt. Leverkusen war mit dem Selbstvertrauen von vier Siegen aus den vergangenen fünf Pflichtspielen angereist - und erwischte einen Traumstart. Edmond Tapsoba bediente den startenden Diaby mit einem langen Ball, der Flügelstürmer schüttelte seinen Gegenspieler Mats Knoester locker ab und verwandelte. Kurz darauf hätte Mitchel Bakker für Gefahr sorgen können, die Hereingabe des Außenverteidigers aber war viel zu harmlos. Dies galt zunächst auch für die Ungarn, bis der Ball plötzlich Amer Gojak vor die Füße fiel. Der 26-Jährige scheiterte jedoch frei vor Leverkusens Tor an Lukas Hradecky (22.). Beim Schuss an die Latte durch Adama Traore (38.) hatte der finnische Nationaltorhüter aber Glück.

Zum Start der zweiten Halbzeit forderte Alonso von seinem Team nochmals volle Konzentration - und wieder war der Bundesligist von Beginn an hellwach. Bakker (50.) vergab die große Möglichkeit aufs 2:0, sein Schuss wurde im letzten Moment geblockt. Ein Treffer von Jeremie Frimpong (52.) zählte wegen Abseits nicht, Sardar Azmoun (56.) und Diaby (57.) mit einem Schuss an den Pfosten ließen weitere Chancen liegen. Obwohl es bereits am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) in der Bundesliga gegen Rekordmeister Bayern München geht, wollte Leverkusen unbedingt den zweiten Treffer nachlegen. Adli belohnte die Bemühungen in der Schlussphase.

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