Europa League:Testlauf für Wolfsburg

Der FC Augsburg will das Spiel gegen Bilbao nutzen, um weiter an der Taktik für den Bundesliga-Abstiegskampf zu feilen.

Von Kathrin Steinbichler

Diese Woche, stellte Markus Weinzierl fest, ist irgendwie anders. Nicht, weil seit Montag der Christkindlmarkt eröffnet und Schnee gefallen ist in Augsburg. Und auch nicht, weil am Donnerstag (19 Uhr) noch einmal ein Europa-League-Heimspiel ansteht bei den Schwaben, das vielleicht letzte überhaupt. Nein, es ging dem Fußballtrainer des FC Augsburg vor der Europa-Partie gegen Athletic Bilbao weniger um Fakten denn um das, was der Mensch sonst nur schlecht zu fassen bekommt. "Diese Woche ist vom Gefühl her eine ganz andere als zuletzt", sagte Weinzierl dem Kicker. "Es fühlt sich viel besser an." Seit Samstagnachmittag ist das nun schon so. Seit diesem 4:0-Sieg beim VfB Stuttgart.

Seitdem rangiert der FC Augsburg in der Bundesliga zwar noch immer auf einem direkten Abstiegsplatz. Aber die Hoffnung, am Ende der Saison diese Plätze verlassen zu haben, ist mit dem Spiel wieder gewachsen. "Eine Menge Wut" habe die Mannschaft zuletzt gehabt, meinte Innenverteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker, der in Stuttgart per wuchtigem Kopfball traf. Die Wut weicht nun allmählich einer kühleren Herangehensweise und damit der Einstellung, wie sie Torhüter Marwin Hitz seit Wochen an den Tag legt: "Wir haben noch nicht den großen Schritt gemacht, wir sind immer noch Vorletzter", warnte der Schweizer. Aber "der Weg, den wir eingeschlagen haben, ist nicht vollkommen verkehrt". Soll heißen: Ein Sieg gegen die direkte Tabellenkonkurrenz langt noch lange nicht, es müssen jetzt wieder regelmäßig solch energischen Leistungen und damit auch Punkte her. Oder wenigstens immer wieder mal einer.

Stuttgart Ja Cheol Koo FC Augsburg rechts Filip Kostic VfB Stuttgart VfB Stuttgart vs FC Au

Ja-Cheol Koo (links, hier beim 4:0 in Stuttgart) und Kollegen können die Spannung in ihrer Europa-League-Gruppe erhalten. Doch Europa beschäftigt sie wenig.

(Foto: Eibner/imago)

Die Europa-League-Partie gegen den spanischen Gruppenersten aus Bilbao ist daher für den FCA eine willkommene Gelegenheit, ganz seriös am taktischen Verhalten für den weiteren Abstiegskampf zu feilen. Die Vorwoche hatte Weinzierl intensiv genutzt, um im Training am wochenlang schlampigen Defensivverhalten und an den Abläufen im Umschaltspiel zu arbeiten. Aus der wieder gefestigteren Grundordnung heraus gelang dem FCA gegen überforderte Stuttgarter ein offensiver Wirbel. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass das nun gegen die stärker eingeschätzten Spanier ähnlich läuft.

Mit einem Sieg kann Bilbao sich bereits vor dem abschließenden Spieltag gegen den AZ Alkmaar einen der ersten beiden Gruppenplätze und damit das Weiterkommen sichern. Die Basken werden in Augsburg entsprechend engagiert zu Werke gehen. Der FCA wiederum steht dank seines Torverhältnisses derzeit auf Platz zwei, punktgleich mit dem ambitionierten Partizan Belgrad, bei dem die Schwaben zum letzten Gruppenspiel antreten müssen. Mit wenigstens einem Punkt hätte Augsburg die Aussicht auf ein Endspiel ums Weiterkommen in Serbien - eine schwierige, aber doch lösbare Aufgabe. Dennoch ist es nicht die europäische Perspektive, die Weinzierl derzeit beschäftigt.

Sieben Spiele bis Neujahr - Restprogramm des FCA vor der Winterpause

Europa League

Do., 26.11. (19 Uhr): Athletic Bilbao (H)

Do., 10.12. (21.05 Uhr): Partizan Belgrad (A)

Bundesliga

So., 29.11. (17.30 Uhr): VfL Wolfsburg (H)

Sa., 5.12. (15.30 Uhr): 1. FC Köln (A)

So., 13.12. (15.30 Uhr): FC Schalke 04 (H)

Sa., 19.12. (15.30 Uhr): Hamburger SV (A)

DFB-Pokal-Achtelfinale

Mi., 16.12. (20.30 Uhr): Borussia Dortmund (H)

"Die Aufgabe ist, uns gegen Bilbao eine gute Ausgangsposition für das letzte Spiel in Belgrad zu erarbeiten", sagte der Trainer am Mittwoch. Nicht mehr und nicht weniger. Das eigentliche Augenmerk liegt längst auf dem Wochenende, wenn es am Sonntag (17.30 Uhr) vor eigenem Publikum gegen den VfL Wolfsburg wieder gegen den Abstieg aus der Bundesliga geht.

"Wenn wir diese Saison in der Liga bleiben, ist das mehr wert als unser fünfter Platz", hatte Weinzierl nach dem Stuttgart-Spiel gemeint. So sehr Mannschaft und Anhängerschaft die erstmalige Teilnahme am internationalen Wettbewerb genießen, so sehr wissen eben inzwischen alle, um welchen Preis der schöne Traum von Europa wahr geworden ist.

Kein Gegner mehr unterschätzt den FC Augsburg, kein Gegner mehr lässt die Konzentration schleifen gegen diese Mannschaft, die in ihren besten Momenten eine emotionale Explosion verspricht. In ihren schlechten, gedanklich erschöpften Momenten unterlaufen ihr aber auch Fehler, die auf der Tribüne für ein betretenes Fremdschämen sorgen. Genau das wollen sie beim FCA jetzt nicht länger haben. "Die Mannschaft hat viel Herz", meinte Raul Bobadilla, dem zuletzt beim 4:1 in der Europa League gegen Alkmaar drei Tore gelangen. Dieser Kampfgeist und Wille zur Aufopferung hat den FCA schon öfter aus schwierigen Situationen gerettet. So gesehen ist Bilbao nur der Testlauf für das, was am Sonntag gegen Wolfsburg zu erwarten ist.

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